Wissenschaftler lösen Geheimnis der Wirkung von Arsen bei Krebsmitteln
Seit dem 18. Jahrhundert wurden diverse arsenhaltige Präparate als Medikamente benutzt, einschließlich Arsentrioxid (Arsenik), das häufig bei der Behandlung von Krebs verordnet wird. Obwohl sie sich als wirksam bewiesen haben, weiß niemand, wie diese Präparate funktionieren. Jetzt hat eine Gruppe europäischer Wissenschaftler dieses Rätsel gelöst. Sie identifizierten die Mechanismen, wie Arsenpräparate therapeutische Eigenschaften erhalten, wenn sie als Mittel gegen Krebs benutzt werden, insbesondere gegen akute Promyelozyten-Leukämie (APL). Ihre teilweise von der EU finanzierte Arbeit wurde kürzlich in der Zeitschrift Nature Cell Biology veröffentlicht. Bei APL, einer Unterart der akuten myeloischen Leukämie, handelt es sich um eine seltene Form von Blut- und Knochenmarkkrebs. Zu den Zeichen und Symptomen von APL gehören Anämie, Petechien, Fieber, Ermüdung oder Gewichtsverlust. Schätzungen zufolge leiden in der EU rund 30.000 Menschen an APL. Arsentrioxid wird üblicherweise bei der Behandlung von Patienten benutzt, die resistent gegen andere Wirkstoffe sind oder einen Rückfall erlitten haben. Im Jahr 1992 wurde es als der aktive Inhaltsstoff eines traditionellen chinesischen Mittels identifiziert. Vorangegangene Studien haben gezeigt, wie Arsenik das grundlegende genetische Material (die DNA) der Krebszelle zerstört und so schließlich zum Zelltod führt. Professor Ronald Hay von der Universität Dundee im Vereinigten Königreich, Leitautor der Studie "Arsenic action on leukaemia", sagt: "Unsere Studie ist der Schlüssel zum Verständnis davon, wie wir die Antikrebs-Eigenschaften dieses Giftes verstärken können." Die Ergebnisse dieser jüngsten Studie helfen dabei, das Bewusstsein davon zu wecken, wie Arsenpräparate oder mit Arsen verwandte Verbindungen bei der Behandlung von Krebs ebenso wie bei der Entwicklung neuer und verbesserter Behandlungsmethoden eingesetzt werden können. "Die Kenntnis über die spezifischen beteiligten Moleküle ermöglicht es uns, gezieltere und wirksamere Krebsmittel mit weniger Nebenwirkungen zu entwickeln", erklärt Professor Hay. Die Wissenschaftler beobachteten den Wirkstoff bei seiner Arbeit in Tierzellen. Nach der Modifizierung einer Reihe von Zellen, bei der bestimmte Proteine entfernt wurden, bemerkten sie, dass der Wirkstoff verschiedene Effekte hatte. Die Entwicklung von APL wird durch die Fusion des Promyelozyten-Leukämie-Proteins (PML) und des Retinolsäurerezeptors alpha (RAR alpha) charakterisiert, was dazu führt, dass die Zellen krebsartig oder leukämisch werden. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass Arsen Molekülen mit der Bezeichnung SUMO hilft, sich an das vereinten Leukämie verursachende Protein anzuheften. Ein RNF4 genanntes Enzym "verfolgt" dann die SUMO-Molküle und zerstört dabei erfolgreich das Krebs verursachende Protein PML-RAR-alpha. Entfernten die Forscher allerdings RNF4, führte die Zugabe von Arsen nicht zur Zerstörung des PML-Fusionsproteins. Stattdessen wird PML-RAR-alpha innerhalb des Zellkerns gebildet. Nachdem die Forscher RNF4 in den mit Arsen behandelten Zellen wieder hinzufügten, wurde das Fusionsprotein wie üblich zerstört. Aus ihren Beobachtungen schlossen die Forscher, das RNF4 für die durch Arsen ausgelöste Zerstörung des Fusionsproteins benötigt wird. "Die Entdeckung, welche Moleküle an diesem Prozess beteiligt sind, ist ein hochinteressanter Schritt nach vorne im Verständnis dieses komplexen Paradoxons - wie kann eine Chemikalie, die Krebs hervorruft, diesen auch heilen?", erklärt Dr. Lesley Walker, Direktorin für Krebsinformationen der Organisation Cancer Research UK, die die Studie mitfinanzierte. "Dies ist eine großartige wissenschaftliche Arbeit, die hoffentlich zur Entwicklung von Arzneimitteln führen wird, die auf bestimmte Krebs verursachende Proteine zielen, um diese Krankheit zu bekämpfen." Die europäischen Fördermittel für die Studie stammen aus dem Exzellenznetz RUBICON (Role of Ubiquitin and Ubiquitin-like Modifiers in Cellular Regulation), das unter dem Themenbereich "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) finanziert wird.