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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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EU-Forscher erklären Regulierung von Geschlechtschromosomen

Britische und deutsche Wissenschaftler haben neue Erkenntnisse über die Regulierung der Geschlechtschromosomen erlangt. Sie isolierten das Enzym, das Männern beim Ausgleich ihres Hormonmangels unterstützt. Die teilweise von der EU geförderte Arbeit wird in der Fachzeitschrift ...

Britische und deutsche Wissenschaftler haben neue Erkenntnisse über die Regulierung der Geschlechtschromosomen erlangt. Sie isolierten das Enzym, das Männern beim Ausgleich ihres Hormonmangels unterstützt. Die teilweise von der EU geförderte Arbeit wird in der Fachzeitschrift Cell veröffentlicht. Chromosomen sind längliche, fadenförmige Träger von Erbinformationen, auf denen Gene angeordnet sind. Sie bestehen aus DNA und Proteinen und befinden sich in unseren Zellkernen. Das Geschlecht sämtlicher Lebewesen, vom Insekt bis zum Menschen, wird durch das Vorhandensein oder das Fehlen der berühmten X- und Y-Chromosomen bestimmt. Weibchen verfügen über zwei Kopien der X-Chromosomen, während die Männchen ein X- und ein Y-Chromosom besitzen. Da die weiblichen Individuen über zwei Kopien verfügen, können sie doppelt so viele Proteine aus den auf den X-Chromosomen angeordneten Genen pumpen wie die männlichen Individuen. Um das auszugleichen, werden Dosierungsmechanismen angewandt, um die X-Chromosomenaktivität beider Geschlechter gleichzustellen. Bei der Fruchtfliege Drosophila verdoppelt sich die Genaktivität auf dem X-Chromosom, um den Proteinmangel auszugleichen. Die Forschung hat den Mechanismus, der die Dosierungskompensierung in männlichen Fruchtfliegen gestattet, den sogenannten männchenspezifischen Letalgenkomplex (MSL), bereits identifiziert. Es ist jedoch noch wenig darüber bekannt, wie dieser Mechanismus eigentlich genau funktioniert. Hier kommen Forscher des Europäischen Labors für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg, Deutschland, und des Europäischen Instituts für Bioinformatik des Europäischen Labors für Molekularbiologie (EMBL-EBI) in Hinxton, Vereinigtes Königreich, zum Zug. Sie haben eine der Komponenten des Mechanismus, nämlich ein Enzym mit der Bezeichnung MOF, ein Kürzel für "males-absent-on-the-first", entdeckt. Durch den Einsatz genomweiter Tiling-Arrays konnten die Forscher beobachten, dass sich das in beiden Geschlechtern befindliche Enzym unterschiedlich an männliche und weibliche Chromosomen bindet. Auf Autosomen, nicht geschlechtlichen Chromosomen und dem X-Chromosom bei weiblichen Individuen bindet sich das MOF-Enzym meistens an den Anfang eines Gens, wo die Transkription beginnt. Die Transkription ist der Prozess, bei dem die DNA eines Gens abgelesen und in den Botenstoff RNA umgeschrieben wird. Anschließend wird dieser Botenstoff in Proteine übersetzt. Auf dem X-Chromosom bei männlichen Individuen bindet sich das MOF-Enzym jedoch an das Genende. Es wird angenommen, dass das MOF-Enzym den DNA-Strang sehr wahrscheinlich zum Ende der Gene öffnet und somit den erfolgreichen Ablauf der Transkription gewährleistet. "Man kann sich den Ablauf des Transkriptionsprozesses entlang der DNA vorstellen wie eine Eisenbahn, die auf Schienen rollt." "Wenn die Schienen blockiert sind, kann der Zug entgleisen, und der Transkriptionsprozess ist nicht vollständig", erklärt Juanma Vaquerizas vom EMBL-EBI, der an der Untersuchung der Daten beteiligt war. "Es stellt sich heraus, dass das MOF-Enzym die Schienen durch das männliche X-Chromosom räumt, während bei einem weiblichen X eher Behinderungen auftreten." Da der Transkriptionsprozess erfolgreich auf dem männlichen X-Chromosom ablaufen kann, werden mehr Proteine vom männlichen X-Chromosom als von den beiden weiblichen X-Chromosomen produziert, auf denen die Transkription blockiert wurde. Die unterschiedliche Bindung gewährleistet den Ausgleich der Anzahl der in den X-Chromosomen beider Geschlechter produzierten Proteine. Das MOF-Enzym ist das erste Enzym im MSL-Komplex, das sich unterschiedlich benimmt, je nachdem, ob sich das Zielgen auf dem Geschlechtschromosom oder auf sonstigen Chromosomen in männlichen Individuen befindet. "Das MOF-Enzym bleibt in sämtlichen Spezies erhalten und verfügt außerdem über ein menschliches Gegenstück. Da der Mechanismus der Dosierungskompensierung bei Säugetieren komplett anders ist, wird es sehr interessant sein, zu entdecken, welche funktionale Rolle dieses Enzym eventuell in diesem Zusammenhang spielt", erklärt Paul Bertone vom EMBL-EBI. Das Forschungsprojekt erhält EU-Fördermittel vom Epigenomik-Netzwerk des Sechsten Forschungsrahmenprogramms (FRP6) und ein Marie-Curie-Stipendium für die Ausbildung von Nachwuchsforschern (Marie Curie Early Stage Research Training Fellowship).

Länder

Deutschland, Vereinigtes Königreich

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