Neue Therapien für Diabetiker in Aussicht
Neueste Forschungsergebnisse lassen Diabetiker wieder Hoffnung schöpfen. Wissenschaftler entdeckten im Rahmen einer EU-finanzierten Studie auf der Oberfläche bestimmter Zellen bei Diabetikern einen Rezeptor, der den Heilungsprozess von Wunden und Geschwüren verhindert und sogar eine Amputation nach sich ziehen kann. Diese Erkenntnisse könnten die Entwicklung neuer Therapien für Diabetes-assoziierte vaskuläre Krankheiten vorantreiben. Diabetes ist weltweit ein gravierendes Problem und gilt allein in Europa als eine der Haupttodesursachen. Mehr als 25 Millionen Menschen leiden an dieser chronischen Krankheit. Für die Betroffenen ist dies meist mit ernsthaften Komplikationen verbunden wie kardiovaskulären Krankheiten, Schlaganfall, Nierenversagen, Blindheit und Amputation. Amputationen können die Folge schwerer Komplikationen wie Wundbrand oder Hautgeschwüre sein, die durch Durchblutungsstörungen und schlechte Wundheilung in der jeweiligen Körperregion entstehen. Betroffen sind zumeist Beine oder Füße. Ist die Durchblutung erst gestört, funktioniert auch der Selbstheilungsprozess des Gewebes nicht mehr, da keine neuen Blutgefäße gebildet werden. Wenn der Wundbrand nicht ausheilt, ist Amputation mitunter die einzige Alternative. Die Forschungsgruppe um Dr. Costanza Emanueli von der Universität Bristol im Vereinigten Königreich entdeckte einen zellulären Rezeptor, der eine Fehlfunktion in Blutgefäßzellen auslöst, die die Blutgefäße auskleiden (Endothelzellen), und somit die Gewebeheilung verschlechtert. "Unsere Daten zeigen, dass wir die Gewebereparatur nach Durchblutungsstörungen fördern können, indem wir die Wirkung eines einzigen Gens unterdrücken. Dies eröffnet völlig neue Ansätze im Kampf gegen Diabetes-assoziierte vaskuläre Krankheiten", kommentierte Dr. Emanueli. Das betreffende Gen ist der bis jetzt noch nicht vollständig beschriebene p75NTR-Rezeptor. Das Forschungsteam entdeckte, dass der p75NTR-Rezeptor bei Blutgefäßzellen in gesunden Blutgefäßen nicht vorkommt, deshalb geht die Bildung neuer Blutgefäße, die Wiederherstellung der Blutversorgung und dementsprechende Wundheilung außerordentlich schnell vonstatten. Bei einer Diabeteserkrankung jedoch bilden diese Blutgefäßzellen den p75NTR-Rezeptor aus, was die Gefäßneubildung für die Durchblutung und die Regenerationsfähigkeit geschädigten Gewebes verhindert. Das Team fand heraus, dass gesunde Blutgefäßzellen nach dem Einbau des Rezeptorgens ihre Funktion einbüssten. Wurde das Gen in gesundes Muskelgewebe eingebaut und anschließend die Blutzufuhr unterbunden, verschlechterte sich die Regenerationsfähigkeit deutlich, genau wie im Fall von Diabetes. Laut Dr. Emanueli "zeigen die Ergebnisse, wie wichtig es ist, die individuellen Faktoren als Auslöser für Diabetes-induzierte Komplikationen zu berücksichtigen." Die Studie wurde teilweise vom europäischen Netzwerk für Gefäßgenomik (European Vascular Genomics Network of Excellence, EVGN) finanziert, das im Rahmen des Themenbereichs "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) bis zu neun Millionen Euro an Fördermitteln erhält. Der Artikel der Arbeitsgruppe zum p75NTR-Rezeptor wurde unter dem Titel "Neurotrophin p75 Receptor (p75NTR) promotes endothelial cell apoptosis and inhibits angiogenesis" im Fachblatt Circulation Research online veröffentlicht.