Studie hebt Auswirkungen von Quecksilber auf das Immunsystem von Robben hervor
Die Quecksilberverseuchung unserer Meere könnte für Robben weitaus gefährlicher sein, als bisher angenommen. Neuere Forschungen haben die Auswirkungen von Quecksilber auf das Immunsystem dieser Tiere ins Licht gerückt. Die von belgischen und deutschen Wissenschaftlern ausgeführte Arbeit wurde über ein Marie-Curie-Stipendium aus dem Sechsten Rahmenprogramm (RP6) der EU finanziert und im Open-Access-Magazin Environmental Health veröffentlicht. Quecksilber ist in der Natur weit verbreitet. Es kommt hauptsächlich in der Erdkruste vor, gelangt aber durch die Verarbeitung von Roherzen sowie in medizinischem und wissenschaftlichem Abfall auch in die Umwelt. In den Meeren sammelt es sich in den Körpern der marinen Lebewesen an. Meeressäuger sind für die Ansammlung von Quecksilber in ihren Körpern besonders anfällig. Ein Grund dafür ist ihre hohe Stellung in der Nahrungskette. Die Konzentrationen von Umweltgiften wie Quecksilber steigern sich bei jedem Schritt aufwärts in der Nahrungskette. Das relativ lange Leben der Tiere ist ein weiterer Faktor, ebenso wie ihr hoher Stoffwechsel und die hohen Fettkonzentrationen, durch die sie sich in der kalten Meeresumwelt schützen. Hohe Konzentrationen von Umweltgiften wie Quecksilber, anderen Schwermetallen, Pestiziden und langlebigen organischen Schadstoffen können Immun- und Hormonsystem, das Wachstum und die Fortpflanzung mariner Organismen schädigen. "Quecksilber ist für seine Bioakkumulation und -magnifikation in Meeressäugern bekannt, was sehr Besorgnis erregend ist, weil der allgemeine Gesundheitszustand dieser Tiere betroffen wird", kommentiert die Leitautorin dieser Studie Dr. Krishna Das von der Universität Lüttich in Belgien. "Es ist insbesondere bekannt, dass durch eine langzeitige Quecksilberbelastung das Immunsystem angegriffen wird." Dr. Krishna und ihre Kollegen analysierten die Quecksilberkonzentrationen im Blut von Seehunden, die vor der deutschen Küste in der Nordsee gefangen wurden. Anschließend untersuchten sie die Auswirkungen dieser Konzentrationen auf Immunzellen im Labor. Sie stellten hohe Quecksilberkonzentrationen bei den analysierten Seehunden fest, die sowohl die hauptsächlich aus Fisch bestehende Ernährung der Seehunde als auch die hohen Quecksilberkonzentrationen in der Nordsee widerspiegelten, obwohl zwischen den Individuen große Unterschiede bestanden. Bei den Laboruntersuchungen wurde auch festgestellt, dass diese Quecksilberwerte die weißen Blutzellen erheblich schädigen, was sich sowohl auf die Zellproliferation als auch auf die DNA-Aktivität und andere lebenswichtige Funktionen auswirkte. Einige dieser Auswirkungen waren bereits in Studien zu anderen Umweltgiften dokumentiert worden. Das lässt befürchten, dass die Folgen dieser Substanzen einen additiven Effekt haben könnten. "[Quecksilber] könnte einen zusätzlichen Faktor im Cocktail der Immunsuppressiva, die im Robbenblut anzutreffen sind, darstellen. Daher könnte dies die Möglichkeit zusätzlicher Belastungen des Immunsystems von Meeressäugern erhöhen", folgern die Wissenschaftler. Die Frage, wie sich diese Kontamination aus klinischer Sicht auf die Robben auswirkt, ist allerdings noch nicht beantwortet. Jedoch könnten Umweltgifte bereits zur Verbreitung von Krankheiten unter Robbenpopulationen beigetragen haben. 1998 und 2002 fielen Tausende Seehunde in Nordeuropa dem PDV-Virus (phocine distemper virus), einer Art Hundestaupe, zum Opfer und es gab viele Stimmen, die Umweltgifte dafür verantwortlich machten, dass die Tiere die Infektion nicht bekämpfen konnten.