Parasiten nutzen biochemisches Hintertürchen, um Immunsystem auszutricksen
Deutsche und US-amerikanische Forscher haben einen Schlüsselmechanismus entdeckt, mit dem einige Pathogene das Immunsystem austricksen und die korrekte Funktionsweise der Immunzellen blockieren. In der vorzeitigen Vorveröffentlichung der Fachzeitschrift Nature Immunology im Internet erklären sie, dass die intrazellularen Mikroorganismen die biochemische Funktion eines der wichtigsten Verteidigungsmechanismen des Körpers, der Makrophagen (auch Fresszellen genannt), unterbrechen, indem sie ein endogenes Enzym aktivieren. Diese Entdeckung könnte den Weg für wirksamere Behandlungen von Tuberkulose und Toxoplasmose ebnen. Makrophagen greifen Bakterien und Parasiten mithilfe von Enzymen und Stickoxid an. Doch Mycobacterium tuberculosis, der Hauptverursacher von Tuberkulose, und Toxoplasma gondii, ein einzelliger Parasit, der Toxoplasmose verursachen kann, leben selber in Makrophagen. Bei ihren Untersuchungen der Wirkungen dieser Pathogene auf Makrophagen, sowohl an Kulturen als auch an Mäusen, fanden die Wissenschaftler heraus, dass die Mikroorganismen das Enzym Arginase in den Fresszellen aktivieren. Arginase kommt auf natürliche Weise in Makrophagen vor und wird zur Regulierung der Stickoxidproduktion verwendet. Unter normalen Bedingungen wird Arginase aktiviert, wenn die Makrophagen zu viel Stickoxid produzieren. Das Enzym unterdrückt dann die Produktion. Aber genau diesen Mechanismus nutzen die Mikroorganismen aus. "Obwohl diese Erkenntnisse grundlegend sind, scheint es möglich zu sein, Wirkstoffe zu entwickeln, die den biochemischen Umsturz der Pathogene blockieren, die Stickoxidproduktion anregen und die Makrophagen wieder befähigen, die Eindringlinge anzugreifen", sagte Dr. Peter Murray vom St. Jude Children's Research Hospital in Memphis, USA. Weiterhin sagte er, dass man bislang noch nicht die Möglichkeit untersucht habe, dass intrazellulare Pathogene die Arginaseaktivierung als Verteidigungsmechanismus direkt ausnützen könnten. "Unsere Erkenntnisse decken auf, dass sich diese Pathogene weiterentwickelt haben, um ein biologisches Hintertürchen im Immunsystem auszunutzen", erklärt Dr. Murray. "Diese Entdeckung liefert zwei wichtige Einsichten. Sie bestätigt die Ansicht, dass Pathogene unglaublich viele verschiedene Wege finden, um ihre Wirte zu manipulieren, und sie deckt einen neuen Pfad auf, über den ein Pathogen ein Enzym, das normalerweise in diesen Makrophagen nicht vorhanden ist, induzieren und die Induzierung dieses Enzyms zu seinem Vorteil nutzen kann." Die Wissenschaftler hoffen, dass ihre Entdeckung zu der Entwicklung gezielter Medikamente beitragen wird, mit denen speziell die Fähigkeit von Pathogenen, Arginase in Makrophagen zu induzieren, blockiert wird. Die Kombination derartiger Medikamente mit den bestehenden Therapien für diese Krankheiten könnte einen wichtigen Fortschritt bedeuten. Ihre Strategie hat sich unter Laborbedingungen bereits als erfolgreich erwiesen. Genetisch manipulierte Mäuse, denen die Arginase in den Makrophagen fehlt, waren sowohl gegen Tuberkulose als auch gegen Toxoplasmose resistenter als nicht manipulierte Mäuse.
Länder
Deutschland, Vereinigte Staaten