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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Neue Entdeckung: Tödlicher Pilz pflanzt sich geschlechtlich fort

Forscher in Irland und im Vereinigten Königreich haben herausgefunden, dass sich der tödliche Pilz Aspergillus fumigatus geschlechtlich fortpflanzt. Die Forschungsergebnisse stellen für das Verständnis dieses Krankheitserregers, der bei 50% aller infizierten Patienten mit Immu...

Forscher in Irland und im Vereinigten Königreich haben herausgefunden, dass sich der tödliche Pilz Aspergillus fumigatus geschlechtlich fortpflanzt. Die Forschungsergebnisse stellen für das Verständnis dieses Krankheitserregers, der bei 50% aller infizierten Patienten mit Immundefekt zum Tode führt, einen großen Durchbruch dar. Die Studie wurde teilweise über ein Marie-Curie-Stipendium der EU finanziert und im Fachmagazin Nature veröffentlicht. Sporen des A. fumigatus sind in der Atmosphäre stark verbreitet. Zwar atmet jeder von uns regelmäßig einige dieser Sporen ein, ein gesundes Immunsystem zerstört sie aber normalerweise. Ein geschwächtes Immunsystem wird von diesem opportunistischen, in der Luft befindlichen Pilz allerdings leicht überwunden. A. fumigatus ist die häufigste durch Infektionen ausgelöste Todesursache bei Patienten mit Leukämie und Knochenmarktransplantationen. Die Sporen werden auch mit schwerem Asthma und allergischer Sinusitis bei Menschen in Verbindung gebracht sowie mit Kalkbruten (Mumifizierungen) bei Honigbienenkolonien. Der Pilz, der bei der Nährstoffrückführung in Böden eine wichtige Rolle spielt, wurde zum ersten Mal vor 145 Jahren beschrieben und ist seitdem immer wieder Gegenstand zahlreicher Studien. Bis zu dieser neuesten Entdeckung konnte nur eine ungeschlechtliche Fortpflanzung bei ihm beobachtet werden. Durch geschlechtliche Fortpflanzung können sich Organismen verändern und anpassen, womit dieses Merkmal bei nützlichen Pilzen ausgesprochen erwünscht ist. Das Auffinden geschlechtsspezifischer Gene in Erregerpilzen hat für die Behandlung von Pilzinfektionen eine wesentliche Bedeutung. Dr. Paul Dyer von der Universität Nottingham im Vereinigten Königreich ist ein Spezialist auf dem Gebiet der geschlechtlichen Entwicklung und Populationsschwankung von Pilzen. Ihm zufolge bedeuten die Entdeckung sowohl gute als auch schlechte Nachrichten. "Schlechte Nachrichten deshalb, weil wir nun wissen, dass Aspergillus fumigatus aufgrund seiner Fähigkeit zur geschlechtlichen Fortpflanzung mit einer höheren Wahrscheinlichkeit und innerhalb eines kürzeren Zeitraumes eine Resistenz gegenüber Antimykotika entwickelt und dass die geschlechtlichen Sporen unter rauen Umweltbedingungen eine bessere Überlebenschance haben. Die guten Nachrichten sind, dass wir den neu entdeckten Geschlechtszyklus als wertvolles Hilfsmittel in Laborexperimenten einsetzen können, mit dessen Hilfe wir versuchen können herauszufinden, wie die Pilze Krankheiten verursachen und asthmatische Reaktionen auslösen." Dr. Dyer führte gemeinsam mit Doktorandin Céline O'Gorman vom University College Dublin in Irland eine umfassende Genanalyse an einer irischen Umgebungspopulation von A. fumigatus durch, die sich aus 91 verschiedenen Isolaten zusammensetzte und im Jahre 2005 an 5 Standorten in Dublin gewonnen wurde. Mithilfe von Lichtmikroskopie und Rasterelektronenmikroskopie beobachteten sie die Strukturen der geschlechtlichen Fortpflanzung der Pilze und klassifizierten die Proben in sämtlich mögliche Kombinationen von "Paarungstypen". Die einander zugeordneten Pilze wurden im Brutschrank aufbewahrt. Dann stellten die Forscher fest, dass die Fortpflanzung heterothallisch verläuft, dass also eine geschlechtliche Fortpflanzung zustande gekommen war, wenn Isolate des ergänzenden Paarungstyps zusammengebracht wurden. Frühere Bemühungen zum Herbeiführen einer geschlechtlichen Fortpflanzung bei A. fumigatus mögen daran gescheitert sein, so heißt es in der Studie, dass die zur Auslösung der Fortpflanzung erforderlichen Umgebungsbedingungen zu spezifisch sind. In der Natur findet der Prozess aller Wahrscheinlichkeit nach in Komposthaufen statt. Den Pilz hat jedoch nie jemand unter denselben Bedingungen wie denen in Komposthaufen untersucht, räumt O'Gorman CORDIS-Nachrichten gegenüber ein. In dieser Studie züchteten die Wissenschaftler den Pilz bei hohen Temperaturen und verwendeten eine selbst hergestellte Agarbasis (aus Hafer). Außerdem wurden die Proben über einen Zeitraum von sechs Monaten gezüchtet - viel länger als bei früheren Studien. All diese Faktoren könnten zur Imitation der Bedingungen in Komposthaufen beigetragen haben, vermutet O'Gorman. Auch die Genanalyse von A. fumigatus lieferte wertvolle Erkenntnisse. "Erst, wenn wir die genetische Basis der Krankheit verstehen, können wir nach Methoden suchen, um den Pilz unter Kontrolle zu bekommen und zu besiegen", so Dr. Dyer. "Die Entdeckung eines Geschlechtszyklus bei A. fumigatus gibt Aufschluss über die Biologie und die Entwicklung dieser Art", heißt es abschließend in der Studie. So kann erklärt werden, warum es so viele Unterarten des Pilzes gibt (die es nicht gäbe, wenn er sich klonal vermehren würde) und warum er geschlechtsspezifische Gene hat. Auch können dank der Forschungsergebnisse einige Aspekte der Entwicklung seines Erbgutes erklärt werden, aber auch die Fähigkeit der Sporen, sogar unter unwirtlichen Umweltbedingungen zu überleben. Die Ergebnisse konnten Aufschluss über die Biologie dieser medizinisch wichtigen Pilzart sowie über ihre Resistenz gegenüber Antimykotika geben. Die Erkenntnisse aus dieser Studie werden hoffentlich bessere Behandlungsmethoden und neue Möglichkeiten bei der Eindämmung von Infektionen durch A. fumigatus nach sich ziehen.

Länder

Irland, Vereinigtes Königreich

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