HERMES-Projekt unterstützt ältere Menschen beim Umgang mit Gedächtnisverlust
Wenn wir älter werden, beginnt unser Gedächtnis abzunehmen: Wir vergessen Namen, uns fällt das Erinnern an kürzlich geführte Gespräche schwer und allzu häufig verschwinden Verabredungen und Erledigungen aus unserem Gedächtnis. Nun haben Forscher im Rahmen des EU-finanzierten Projekts HERMES ("Cognitive care and guidance for active aging") Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) für die Entwicklung eines anwenderfreundlichen Systems eingesetzt, dass sowohl ältere Menschen bei Gedächtnisproblemen unterstützen als auch ein Angebot mit Übungen für Gedächtnistraining bieten kann. HERMES erhielt 2,82 Millionen EUR Finanzmittel über den IKT-Themenkreis des Siebten Rahmenprogramms (RP7). "HERMES hilft bei der Realisierung der Vision von einem längeren selbstständigen Leben und trägt dazu bei, dass die ältere Bevölkerung länger aktiv bleibt", erklärt Projektkoordinator Professor Manfred Tscheligi, Direktor des CURE, Centre for Usability Research and Engineering, in Österreich. "Die Entwicklung innovativer und nicht bedrohlicher Techniken, um die Bedürfnisse dieser geschätzten Bevölkerung anzusprechen, ist eine Herausforderung, die die Forschergemeinschaft sehr gerne annimmt." Am Projekt sind Experten der Gerontologie, der Sprachverarbeitung, der Hardware-Integration und des benutzerzentrierten Designs beteiligt. Gemeinsam nutzen sie die aktuellsten Verfahren der intelligenten audiovisuellen Verarbeitung und Logiktechnologien für die Erstellung eines Systems, das ideal auf Menschen mit schwachen oder ernsten Gedächtnisproblemen abgestimmt ist, die sich mit neuen Technologien oder Geräten für Gedächtnistraining wahrscheinlich nicht wohl fühlen würden. Beim HERMES-System ist das Zuhause des Anwenders mit Computer, Mikrofonen und Kameras ausgestattet, die mit einem Mobiltelefon verbunden sind, um Gespräche, Ereignisse, Ortsbestimmungen, Daten und Zeiten aufzuzeichnen. Die aufgezeichneten Informationen werden gespeichert, verarbeitet und analysiert und ermöglichen es dem Anwender, in der Vergangenheit danach zu suchen, was zum Beispiel jemand gesagt hat. Das System merkt sich auch die täglichen Routinen der Anwender und greift darauf zurück, um diese daran zu erinnern, die täglichen Aufgaben regelmäßig zu erledigen. Die Schnittstellen der Geräte sind intuitiv, uneingeschränkt und einfach in der Anwendung. Letztlich wird das Prototypsystem drei Schlüsselleistungen erbringen: Benötigt ein Anwender eine Erinnerung dessen, was in der nahen Vergangenheit passiert ist, kann er einfach das System fragen (Beispiel: "Was hat meine Tochter gestern gesagt, als wir über den Schneesturm in Montreal sprachen?"). Die Fragen werden über Schlüsselwörter gesucht und so kann der Computer das entsprechende Gespräch finden und für den Anwender abspielen. Die zweite Leistung hilft Anwendern, ihre Tagesagenda zu managen. Zum Beispiel, wenn ein Anwender feststellt, dass die Kaffeedose fast leer ist, dann kann er das System auffordern, ihn an den Einkauf von Kaffee zu erinnern. Das System zeichnet die Erinnerung auf und verknüpft sie mit dem Laden, in dem der Anwender normalerweise einkauft. Kommt der Anwender am Laden vorbei, generiert das Mobiltelefon eine Ansage, der ihn daran erinnert, in den Laden zu gehen und Kaffee zu kaufen. Schließlich bietet das System eine Reihe von Übungen mit denen der Anwender sein Gedächtnis trainieren kann. Dabei werden tatsächliche Verabredungen und aufgezeichnete Erinnerung für die Fragestellung herangezogen. Das verhindert, dass der Anwender von der neuen Technologie zu abhängig wird und dass sich seine Wahrnehmungsfähigkeit verringert. "Jeder vergisst von Zeit zu Zeit Dinge - das ist menschlich. Aber wenn wir älter werden kann dies großen Einfluss auf unser Leben haben", fasst Professor Tscheligi zusammen. "Viele Produkte konzentrieren sich entweder ausschließlich auf die Symptome oder vernachlässigen diese vollständig. HERMES bietet eine Ansatz, der Symptome und Ursache ins Visier nimmt." Das dreijährige Projekt begann im Januar 2008 und das Projektteam hat bereits eine Anwenderbedarfsanalyse durchgeführt. Das wirft ein neues Licht auf Situationen, in denen ältere Menschen spüren, dass ihnen Aufforderungen und Erinnerungen nützen und auf ihren Umgang mit Technologie, einschließlich derjenigen, die die Vergesslichkeit in Angriff nehmen. Die ersten Schnittstellenprototypen sind jetzt entwickelt und werden voraussichtlich Mitte 2009 zur Verfügung stehen. In der zweiten Hälfte des Projekts werden weitere Systemtests und -verfeinerungen vorgenommen.
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