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Inhalt archiviert am 2023-03-06

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Innovationen bei Biokraftstoffen: EU-finanzierte Studie eröffnet neue Wege

Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat das zugrunde liegende Genom des Braunfäulepilzes Postia placenta entschlüsselt, der für das effiziente Aufbrechen von Zellulose, einem Bestandteil von Pflanzenzellen, bekannt ist. Die in den Proceedings of the National Academy ...

Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat das zugrunde liegende Genom des Braunfäulepilzes Postia placenta entschlüsselt, der für das effiziente Aufbrechen von Zellulose, einem Bestandteil von Pflanzenzellen, bekannt ist. Die in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlichten Ergebnisse sind das Resultat des Projekts Biorenew ("White Biotechnology for added value products from renewable plant polymers: Design of tailor-made biocatalysts and new industrial bioprocesses"), das unter dem Sechsten Rahmenprogramm (RP6) der EU mit 9,5 Mio. Euro finanziert wird. Lignozellulose, eine Verbindung von Zellulosezuckern und Lignin, hat eine bedeutende Aufgabe beim Erhalt der Struktur pflanzlicher Zellwände. Die Verbindung wirkt durch die Vernetzung von Zellulose, Hemizellulose und Lignin wie eine Art Gerüst für die Pflanze, das Stiele und Stängel starr und robust macht. Diese Festigkeit der Lignozellulose ist für die Pflanzen sehr wichtig, für die Hersteller von Biokraftstoffen stellt sie allerdings ein leidiges Problem dar. Zur Erzeugung von Biokraftstoffen müssen die pflanzlichen Bestandteile in Zucker zerlegt werden, die zu Ethanol vergoren werden können. Ethanol dient dann als Kraftstoff. Die Herauslösung der Zucker gestaltet sich jedoch aufgrund ihrer festen Einbindung in den Lignozellulose-Komplex recht schwierig und stellt eines der größten Hindernisse für die Industrie dar. Die Forschung konzentrierte sich bisher auf Methoden, das Lignin zu beeinflussen, die Zellulose herauszulösen sowie sie in einfache, gärfähige Zucker aufzubrechen. Dabei kamen starke Chemikalien und Wärmebehandlungen zum Einsatz. Die Nutzung der zerstörerischen Kraft des Braunfäulepilzes, der normalerweise Bäume in Waldökosystemen zerlegt und der Holzindustrie riesige Ersatzkosten verursacht, ergäbe eine wesentlich weniger energieintensive Methode zum Aufbrechen der Lignozellulose. Im Gegensatz zu Weißfäulepilzen, die alle Bestandteile der Lignozellulose abbauen, trennen Braunfäulepilze die Zellulose ab, ohne das Lignin zu zerstören. In der aktuellen Studie vereinigten mehr als 50 Forscher aus mehreren Ländern einschließlich Österreich, der Tschechischen Republik, Deutschland, Frankreich und Spanien ihre Bemühungen, um das Genom und die biochemischen Eigenschaften des Pilzes Postia placenta auf systematische Weise zu untersuchen. Umfassende Untersuchungen ergaben, dass diesem Pilz zwar jegliche Gene zur Herstellung von Zellulase (ein Zellulose zerlegendes Enzym) fehlen, er aber eine einzigartige Reihe von Enzymsystemen zum gemeinsam bewirkten Abbau von Zellulose aufweist. "Die Welt der Mikroben ist eine bis jetzt wenig erforschte, reichhaltige Quelle an Enzymen, die eine wichtige Rolle beim Abbau von pflanzlicher Biomasse, einem ersten Schritt bei der Biokraftstoffherstellung, spielen können", sagt Dr. Eddy Rubin, Direktor des Joint Genome Institute des US-amerikanischen Energieministeriums. "Das Genom der Braunfäule P. placenta bietet uns eine detaillierte Bestandsliste an Biomasse abbauenden Enzymen, die dieser oder andere Pilze im Repertoire haben." Die gegenwärtigen Forschungsarbeiten konzentrieren sich auf die Gewinnung von Zuckern aus mehrjährigen Gräsern und aus schnell wachsenden Bäumen wie etwa der Pappel, die speziell als Biomasse für Biokraftstoffe gezüchtet werden. Die Ermittlung einer geeigneten Mischung von Enzymen zur Beschleunigung dieses Prozesses wäre von unschätzbarem Wert, um bei minimalem Einsatz von Energie das Bestmögliche aus der Biomasse herauszuholen. "Die Natur bietet uns hier ihre Beratung an", merkt Dr. Dan Cullen vom US-amerikanischen Forest Products Laboratory an. "Postia hat im Laufe seiner Entwicklung die übliche enzymantische Maschinerie zum Angriff auf pflanzliches Material aufgegeben. Stattdessen scheint es Hinweise zu geben, dass der Pilz über ein Arsenal von kleinen oxidierenden Mittelchen verfügt, die pflanzliche Zellwände sprengen können, um die Zellulose zu depolymerisieren. Dieser biologische Prozess öffnet eine Tür zu wirksameren, weniger energieintensiven und umweltverträglicheren Strategien des Abbaus von Lignozellulose." Die von den Wissenschaftlern gewonnenen genetischen Informationen müssen noch genauestens untersucht werden, um die komplexen biochemischen Wirkungsweisen zu erklären, die es dem Braunfäulepilz bei der Zerstörung von Holz dermaßen leicht machen. Man geht davon aus, dass dieses neue Wissen den Weg für wichtige Innovationen in der Biokraftstoffindustrie ebnen wird. "Zum ersten Mal konnten wir die Erbsubstanz von Braunfäule-, Weißfäule- und Weichfäulepilzen miteinander vergleichen, die eine bedeutende Rolle im Kohlenstoffkreislauf unseres Planeten spielen", erläuterte Dr. Randy Berka von Novozymes, Inc., USA. "Derartige Vergleiche verbessern unser Verständnis der diversen Mechanismen und der chemischen Abläufe, die am Lignozelluloseabbau beteiligt sind. Solche Informationen befähigen Biotechnologen in der Industrie, neue Strategien zur Steigerung der Effizienz und zur Reduzierung der mit der Biomasseumwandlung für erneuerbare Kraftstoffe und chemische Zwischenprodukte verbundenen Kosten zu erarbeiten."

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