Muskelaktivität als wichtiger Faktor für die Gelenkbildung
Seit Langem beschäftigen sich Wissenschaftler mit der Frage, warum Embryonen mit gelähmten Gliedmaßen keine Gelenke ausbilden. Ein internationales Team von Wissenschaftlern enthüllte nun die molekularen Mechanismen, die diesem Phänomen zugrunde liegen und veröffentlichte seine Ergebnisse im Fachblatt Developmental Cell. In der Studie wird beschrieben, wie Muskelaktivität die Gelenkbildung steuert und wie durch Bewegung ein Signalweg reguliert wird, der sowohl während als auch nach der Embryonalentwicklung eine Rolle spielt. Den Forschern zufolge hängt die Gelenkbildung von einer veränderten Genexpression ab. Die Zellen erhalten sozusagen den Auftrag, sich zu Gelenkzellen zu differenzieren und sich vom umliegenden Knorpelgewebe abzugrenzen. Früheren Studien zufolge ist der Wnt/Beta-Catenin-Signalweg in hohem Maße für den ordnungsgemäßen Ablauf dieser Differenzierung verantwortlich und gewährleistet, dass die Zellen sich zu Gelenkzellen und nicht zu Knorpelzellen entwickeln. Die französischen, israelischen und amerikanischen Forscher fanden auch heraus, dass Muskelkontraktionen eine Grundvoraussetzung für die Skelettentwicklung sind. "Wir wissen seit mehr als hundert Jahren, dass die Gelenkbildung beim Embryo in direktem Zusammenhang mit dessen Bewegungstätigkeit steht", erklärte Dr. Elazar Zelzer von der Abteilung für Molekulargenetik am Weizmann Institute of Science in Israel. "Der spezielle Mechanismus, über den die aktive Muskulatur die Gelenkbildung reguliert, war bislang allerdings noch unklar", fügte der Mitautor dieser Studie hinzu. Die Forscher beschrieben, dass bei Mausmodellen mit unzureichender Gliedmaßenmuskulatur oder Muskelkontraktion der normale Gelenkbildungsprozess gestört ist. Die Zellen "exprimierten im Bereich des zukünftigen Gelenks keine klassischen Gelenkmarker und begannen, sich zu Knorpelzellen zu entwickeln", heißt es in der Studie. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass aufgrund mangelnder Beta-Catenin-Aktivität in diesem Bereich keine Gelenkbildung stattfindet. "Bis zu dieser Studie war weitgehend unklar, welche Mechanismen dafür verantwortlich sind, dass durch Bewegungsaktivität die Gelenkbildung induziert wird", kommentierte Dr. Zelzer. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass Vorläuferzellen sich nur durch Muskelkontraktionen kontinuierlich zu Gelenkzellen weiterentwickeln können, und sie erklären, wie und warum bewegungsinduzierte mechanische Stimuli für die Entwicklung essenziell sind." Die Ergebnisse "stellen den Zusammenhang zwischen der Ausdifferenzierung von Vorläuferzellen und der Bewegungsaktivität des Embryos her, und beide Prozesse sind essenziell für eine ordnungsgemäße Organentwicklung", wie die Studie belegte. An den Forschungen nahmen Wissenschaftler vom Französischen Nationalinstitut für Gesundheit und medizinische Forschung (INSERM), der Universität Pierre und Marie Curie in Paris, des Französischen Zentrums für wissenschaftliche Forschung (CNRS), der Hebrew University of Jerusalem in Israel sowie der Stanford University of Medicine in den Vereinigten Staaten teil.
Länder
Frankreich, Israel, Vereinigte Staaten