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Inhalt archiviert am 2023-03-06

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EU-finanzierte Studie findet Schizophrenieauslöser

Ein internationales Forscherteam hat das Puzzle um die Genetik von Schizophrenie zusammensetzen können. Ihre in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten Erkenntnisse geben Aufschluss über mehrere neue "häufig auftretende Einzelbasenvarianten" in der Sequenz des menschlichen...

Ein internationales Forscherteam hat das Puzzle um die Genetik von Schizophrenie zusammensetzen können. Ihre in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten Erkenntnisse geben Aufschluss über mehrere neue "häufig auftretende Einzelbasenvarianten" in der Sequenz des menschlichen Genoms, die mit einem Erkrankungsrisiko verbunden sind. Die Ergebnisse sind Teil des Projekts SGENE ("A large scale genome-wide association study of schizophrenia addressing variation in expressivity and contribution from environmental factors"), das unter dem Themenbereich "Biowissenschaften, Genomik and Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) der EU finanziert wird. Ende Oktober 2009 soll SGENE auslaufen. Es hat 2,5 Mio. EUR finanzielle Unterstützung erhalten. Die Projektpartner versuchen mit Schizophrenie assoziierte genetische Varianten zu identifizieren und deren Wechselwirkungen mit Umweltfaktoren zu beurteilen, die zur Pathogenese dieser Erkrankung beitragen könnten. Das von dem in Island ansässigen Pharmazeutikkonzern deCODE genetics geleitete Konsortium bewertete für diese Studie die Genome von über 50.000 Patienten und Kontrollprobanden aus 14 Ländern. Über 300.000 Einzelnukleotidpolymorphismen (single-nucleotide polymorphisms, SNP) wurden in der Anfangsphase der Studie überprüft. (Ein SNP ist eine Variation in der DNA-Sequenz, die auftritt, wenn eine einzelne Base im Genom bei Vertretern derselben Spezies anders ist.) Insgesamt wurden 17.000 Patienten und Kontrollprobanden aus Finnland, Deutschland, Island, Italien und dem Vereinigten Königreich überprüft. Die 1.500 SNP mit dem besten "Signal" wurden bei 11.000 Patienten und Kontrollprobanden vom Internationalen Schizophrenie-Konsortium (International Schizophrenia Consortium, ISC) und der europäisch-amerikanischen Abteilung für Studien der Molekulargenetik von Schizophrenie (Molecular Genetics of Schizophrenia, MGS) bewertet. Die Forscher führten Nachuntersuchungen zu 25 SNP mit sehr wahrscheinlicher Korrelation bei über 20.000 Patienten und Kontrollprobanden aus Dänemark, Finnland, Deutschland, Ungarn, den Niederlanden, Norwegen, Russland und Spanien durch. Nach Ansicht der Forscher befindet sich einer der SNP in der Nähe des Neurogranin-Gens (NRGN) auf Chromosom 11. NRGN kann nach diesen Ergebnissen ein potenzielles Ziel für einen Wirkstoffkandidaten darstellen, da es scheinbar eine wichtige Komponente für die Regulierung der Erinnerung und der Wahrnehmung ist. Die Forscher wissen bereits, wie Erinnerungs- und Wahrnehmungsprozesse bei Patienten mit Schizophrenie gestört werden. Außerdem ergab die Studie, dass sich ein weiteres SNP im Gen für Transkriptionsfaktor 4 (TCF4) auf dem Chromosom 18 befindet und zur Entwicklung des menschlichen Gehirns beiträgt. Den Forschern fiel auf, dass fünf der SNP im Haupthistokompatibilitätskomplex (Major Histocompatibility Complex, MHC) vorkommen, also in der genreichsten Region des Säugergenoms. Der MHC spielt eine große Rolle für die Immun-, Autoimmun- und Fortpflanzungssysteme. Die Erkenntnisse der Studie zeigen eine Assoziation zwischen den insgesamt 7 Markern auf den Chromosomen 6, 11 und 18 mit einem höheren Risiko für Schizophrenie. Diese Ergebnisse untermauern vorherige Studien, die auf einen möglichen Umweltbezug zwischen Schizophrenie und Immunreaktion hingewiesen hatten. Forscher mit diesem Spezialgebiet haben schon lange erkannt, dass eine unverhältnismäßig hohe Anzahl an Schizophreniekranken im Winter und im Sommer geboren wird. In diesen zwei Jahreszeiten gibt es mehr Grippefälle. Die in dieser Studie identifizierten Varianten kommen sehr häufig vor, wie die Forscher berichteten, und jede dieser Varianten wird mit einer leichten Zunahme des Risikos assoziiert. "Die Genetik bietet einen einzigartigen Zugang zum besseren Verständnis von Erkrankungen wie Schizophrenie, denn Gehirn und Wahrnehmung sind so wenig ergründet und so schwer zu untersuchen", erklärte Ko-Autor Kari Stefansson, Hauptgeschäftsführer von deCODE genetics. "Entdeckungen wie diese sind ganz wichtig, um der Biologie der Erkrankung auf den Grund zu gehen und um uns den Beginn der Entwicklung von gezielten Wirkstoffen gegen die zugrunde liegenden Ursachen und nicht nur gegen die Symptome der Erkrankung zu ermöglichen", fügte er hinzu. "Einer der Gründe für den Erfolg dieser Studie war ihr beispielloser Umfang. Das Bündeln unserer Ressourcen erbrachte spektakuläre Ergebnisse, die die Erwartungen der Teilnehmer aus drei Kontinenten erfüllten." Dr. Stefansson hob den Fakt hervor, dass "seltene Varianten durchaus einen bedeutenden Teil des genetischen Risikos für Schizophrenie tragen können". Nun plant das Forschungsteam die Nutzung von kostengünstigeren Sequenzierungshilfsmitteln, um mehr davon zu finden, ergänzte er. Mitglieder von SGENE sind die Genetics Research Centre GmbH in Deutschland, das Landspitali-Universitätskrankenhaus in Island, das Nationale Institut für Gesundheitswesen in Finnland und das King's College London im Vereinigten Königreich.

Länder

Island

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