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Inhalt archiviert am 2023-03-06

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Forscher rekonstruieren die Geschichte des Amazonas

Ein internationales Team von Forschern aus Brasilien, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich hat neues Licht in das Dunkel der Geschichte des Amazonas gebracht. Die Ergebnisse ihrer Arbeiten wurden in der Fachzeitschrift Geologie veröffentlicht und weisen darauf hin, ...

Ein internationales Team von Forschern aus Brasilien, den Niederlanden und dem Vereinigten Königreich hat neues Licht in das Dunkel der Geschichte des Amazonas gebracht. Die Ergebnisse ihrer Arbeiten wurden in der Fachzeitschrift Geologie veröffentlicht und weisen darauf hin, dass der Amazonas als ein transkontinentaler Fluss vor etwa 11 Millionen entstand und vor fast 2,4 Millionen Jahren seine heutige Form erhielt. Die Wissenschaftler vom brasilianischen Ölkonzern Petroleo Brasileiro SA (Petrobras), vom Institut für Biodiversität und Ökosystemdynamik (IBED) der Universität Amsterdam in den Niederlanden und von der Universität Liverpool im Vereinigten Königreich führten zwei Bohrungen tief in das Sedimentgestein der Amazonasmündung durch und werteten diese Daten aus, um die Geschichte des Flusses zu rekonstruieren. Was sie bereits wussten, war, dass der Fluss im späten Miozän (vor 11 bis 5 Millionen Jahren) entstanden war. Dank ihrer Arbeiten können sie jetzt das Alter des Amazonas auf 11,8 bis 11,3 Millionen Jahre eingrenzen. "Der Amazonas ist ein ziemlich junger Fluss", erklärte Dr. Jorge J. P. Figueiredo von Petrobas, der derzeit als Forscher an der Universität Liverpool arbeitet. "Zum Vergleich: die Meuse oder der Nil sind mehrere Hundert Millionen Jahre alt." Der Grund für diesen Altersunterschied, so Dr. Figueiredo, ist das Quellgebiet. "Flüsse sind genau so alt wie das Gebirge im Hinterland", erklärte er. "Die Anden haben sich größtenteils vor 12 Millionen Jahren aufgefaltet. Das ist auch die Zeit, in der der Amazonas entstanden ist und sich die Entwässerungsmuster verändert haben. " "Bevor es den Amazonas als transkontinentalen Fluss gab, gab es einen kleinen Fluss (ein so genannter prä-transkontinentaler Amazonas) - der auf das frühe Miozän zurückgeht (vor 23 bis etwa 16 Millionen Jahre) - im östlichen Teil des Amazonasbeckens in den Atlantischen Ozean floss", erklärte er. "Es war dieser Fluss, der [...] sich vor rund 11 Millionen Jahren mit den Feuchtgebieten im westlichen Teil des Amazonasbeckens verband und ein Entwässerungssystem schuf, das die Anden mit dem Atlantischen Ozean verbindet." Seine heutige Form erhielt der Fluss vor etwa 2,4 Millionen Jahren infolge des Klimawandels und mit dem Beginn der Eiszeit. "Dadurch wurden enorme Sedimentmengen in den Ozean transportiert", erläuterte Dr. Figueiredo. "Derzeit befinden wir uns in einer Zwischeneiszeit, und die Sedimentfracht zum Ozean ist geringer als während der Eiszeit (d.h. bis zum Holozän [etwa die letzten 10.000 Jahre])." Das Amazonas-Delta, das drittgrößte Unterwasserdelta der Welt und ein sehr schlammreiches Gebiet, ist eine Sedimentsäule von rund 10 km Dicke. Bei Bohrexpeditionen in der Vergangenheit war es nicht möglich, sedimentologische und paläontologische Informationen aus solch tiefen Schichten zu erhalten. Diese jüngste Studie hat jedoch Einblicke in die Entwicklungsgeschichte des Amazonas und des Amazonasdeltas ermöglicht. Die Forscher waren in der Lage, die Herkunft des Sediments und seinen Fossilgehalt zu untersuchen und die Kontakte zwischen den Sedimentschichten unter der Oberfläche zu bewerten. "Wir haben die Geschichte des Flusses rekonstruiert, indem wir die Meeresdaten und die Kontinentaldaten verglichen haben", erklärte Dr. Figueiredo. "Sie ergänzen sich gegenseitig und ermöglichen uns so, die Geschichte zu rekonstruieren, ganz so, als wären wir Detektive." Den Wissenschaftlern zufolge enthalten Sedimentplatten, die sich in der Nähe größerer Flüsse befinden, höchst aufschlussreiche Informationen über terrestrisches Material, das der Fluss über die Zeit aufgeschüttet hat. Die Informationen, die in dieser Studie gewonnen wurden, sind Bahn brechend und werden dazu beitragen, die Zusammenarbeit zwischen der Wissenschaft und der Industrie zu verbessern. Und wie sieht die Zukunft des Amazonas aus? Dies, so Dr. Figueiredo, hänge ganz vom Maßstab der Analyse ab. "Geht man von einem Maßstab von Hunderten oder Tausenden von Jahren aus, hängt die Zukunft des Amazonas von den Folgen der Erderwärmung ab", betont er. "Wenn der Meeresspiegel infolge des Abschmelzens des Eisschilds an den Polen steigt, werden die Überschwemmungen über das bisherige Überflutungsgebiet hinausgehen." Schwieriger wird es natürlich, wenn man eine Prognose darüber wagen will, was in Millionen Jahren passieren könnte. "In diesem Fall", so Dr. Figueiredo, "hängt die Zukunft des Flusses von der geotektonischen Entwicklung der Südamerikanischen Platte ab, d.h. von dem Ausmaß ihrer [Verschiebung] nach Westen, und von der zukünftigen Entwicklung der Anden sowie von längerfristigen Klimaveränderungen, die über die Eis-/Zwischeneiszeitperioden hinausgehen."

Länder

Niederlande, Vereinigtes Königreich

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