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Genetische Mutationen im Visier der Wissenschaft

Ein internationales Forscherteam berechnete zum ersten Mal direkt die Neumutationsrate beim Menschen und veröffentlichte seine Ergebnisse im Fachblatt Current Biology. Die Studie und die von den Forschern entwickelte Methode unterstützen die weitere Erforschung von Mutationsra...

Ein internationales Forscherteam berechnete zum ersten Mal direkt die Neumutationsrate beim Menschen und veröffentlichte seine Ergebnisse im Fachblatt Current Biology. Die Studie und die von den Forschern entwickelte Methode unterstützen die weitere Erforschung von Mutationsraten sowie Forschungsbemühungen zur Reduzierung von Mutationen. Den britischen und chinesischen Wissenschaftlern zufolge sind Mutationen die Ursache für Veränderungen im Erbgut, was sowohl Krankheiten wie Krebs auslösen kann, aber auch als molekulare Uhr zur Messung evolutionärer Zeiträume dienen kann. Von der genaueren Erforschung der Mutationsraten könnte nicht nur die Medizinforschung profitieren, es können auch Rückschlüsse auf den Verlauf der menschlichen Evolution gezogen und die Evolutionsgeschwindigkeit zuverlässiger berechnet werden. Bislang wurden Mutationsraten aus Phänotypanalysen oder Vergleichen homologer Sequenzen zwischen eng verwandten Arten ermittelt. In der aktuellen Studie sequenzierten die Forscher den gleichen DNA-Abschnitt (mehr als 10 Millionen "Buchstaben" bzw. Nukleotide eines Y-Chromosoms) im Erbgut zweier chinesischer Männern, die in der 13. Generation miteinander verwandt waren, und zählten, wie viele Nukleotide sich verändert hatten. Die Familie der beiden Männer wohnt seit Jahrhunderten im gleichen Dorf, ihr gemeinsamer Vorfahre lebte vor 200 Jahren. Wie die Forscher herausfanden, weist das Y-Chromosom nur wenige Mutationen auf und wird nahezu unverändert vom Vater auf den Sohn vererbt. Mutationen akkumulieren sich sehr langsam über mehrere Generationen. Das Team entdeckte 12 Mutationen, von denen sich 8 in vitro und 4 in vivo (also natürlich im Generationenverlauf) eingestellt hatten. Den Forschern zufolge waren bei den beiden Y-Chromosomen 10.149.073 der insgesamt 10.149.085 analysierten Nukleotide identisch. "Aus diesen 4 Mutationen bestimmten wir die genaue Mutationsrate - pro Generation tritt alle 30 Millionen Nukleotide eine Mutation auf. Dies entsprach auch unseren Erwartungen", sagte Projektleiter Dr. Chris Tyler-Smith vom Wellcome Trust Sanger Institute, "und verschaffte uns ein gewisses Maß an Sicherheit, denn es war das erste Mal, dass solch hochmoderne Sequenzierungstechniken für diese Art von Analysen verwendet wurden. Neumutationen sind für eine Reihe genetischer Erkrankungen verantwortlich", erklärte er. "Wenn man Mutationsraten zuverlässig berechnen kann, kann man in Zukunft auch Unterschiede zwischen Mutationsraten in verschiedenen Genregionen und vielleicht auch bei verschiedenen Menschen untersuchen." Der Mensch trägt, so die Forscher, in seinem Erbgut zwischen 100 bis 200 neue Mutationen (Punktmutationen in DNA-Abschnitten, die von der elterlichen Sequenz abweichen). Man könne also davon ausgehen, dass sich alle 15 bis 30 Millionen Nukleotide ein Fehler einschleicht. Allerdings seien die meisten dieser Mutationen harmlos und bewirkten keine Veränderungen der Gesundheit oder des äußerlichen Erscheinungsbildes. "Noch vor ein paar Jahren wären die Datenmengen, die wir erzeugt haben, unvorstellbar gewesen", erklärte der Leiter der Studie, Dr. Yali Xue vom Wellcome Trust Sanger Institute im Vereinigten Königreich. "In dieser Menge einzelne Mutationen zu finden, war schwieriger als die Suche nach dem Ameisenei in des Kaisers Reiskammer."

Länder

China, Vereinigtes Königreich

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