Skip to main content
CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS

Article Category

Nachrichten
Inhalt archiviert am 2023-03-06

Article available in the following languages:

Experten drängen auf Erforschung der psychischen Folgen des Klimawandels

Der Klimawandel werde wahrscheinlich größere Folgen auf die geistige Gesundheit haben, doch noch gebe es in diesem wichtigen Bereich eine riesige Forschungslücke, schreiben Lisa Page und Louise Howard vom Psychiatrischen Institut des Kings College London, Vereinigtes Königreic...

Der Klimawandel werde wahrscheinlich größere Folgen auf die geistige Gesundheit haben, doch noch gebe es in diesem wichtigen Bereich eine riesige Forschungslücke, schreiben Lisa Page und Louise Howard vom Psychiatrischen Institut des Kings College London, Vereinigtes Königreich. In einem Leitartikel der Fachzeitschrift Psychological Medicine argumentieren sie für eine dringende Auseinandersetzung mit dieser Situation, "damit sich die mit der geistigen Gesundheit befassten politischen Entscheidungsträger auf die psychischen Folgen des Klimawandels einstellen können". Es gibt immer mehr Forschungen zu den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels, wobei dieser Schätzungen zufolge bereits über 150.000 Todesopfer pro Jahr fordert - und diese Zahl wird in den kommenden Jahrzehnten wahrscheinlich noch steigen. Doch obwohl es jetzt eine gewisse Anerkennung der psychischen Folgen des Klimawandels gibt, werden, so die Autorinnen, "derartige Folgen meist in vagen Begriffen diskutiert und nur selten von denen, die aktiv im Forschungsbereich der geistigen Gesundheit oder in der Politik beteiligt sind. Das Thema der geistigen Gesundheit wird wohl kaum auf der Agenda von Kopenhagen stehen". Laut Dr. Page und Dr. Howard werden "vor allem diejenigen die Klimafolgen zu spüren bekommen, die bereits an schweren psychischen Erkrankungen leiden. Doch allgemein ist auch ein Ansteigen an seelischen Störungen weltweit zu erwarten". Ein Beispiel sind Naturkatastrophen, die als Klimafolge vermehrt auftreten sollen. Psychische Erkrankungen wie posttraumatische Belastungsstörungen, Depressionen und andere Krankheiten treten in der Regel nach Katastrophen jeder Art auf. Außerdem hat es sich - wie auch wieder im Fall des Hurrikans Katrina in den USA - erwiesen, dass "medizinische und psychiatrische Betreuung für geistig Kranke in der Zeit nach einer Katastrophe, wenn es am nötigsten wäre, praktisch nicht vorhanden ist", heben die Forscherinnen hervor. Auch Hitzewellen werden von geistig Kranken ihren Tribut fordern, da die Einnahme von Psychopharmaka und Drogenmissbrauch Risikofaktoren für den Hitzetod sind. "Gleichzeitig werden geistig kranke Menschen durch anpassungsunfähige Bewältigungsmechanismen und schlechte Wohnverhältnisse noch stärker gefährdet sein", bemerken die Autorinnen. Und schließlich gibt es erste Hinweise darauf, dass die Selbstmordraten steigen könnten, sobald eine bestimmte Temperaturschwelle überschritten wird". Mit der Erderwärmung werden sich auch viele Infektionskrankheiten ausbreiten und dies wird sich wahrscheinlich auch auf die psychische Gesundheit auswirken, warnen die Forscherinnen. Fälle psychischen Leidens, Ängste und traumatische Belastungen wurden während des Ausbruchs von Krankheiten sowohl bei Infizierten als auch in der breiteren Bevölkerung verzeichnet. Mit steigendem Meeresspiegel werden Millionen Küstenbewohner zum Umzug gezwungen sein. Massenauszüge werden in von Hochwasser, Dürren oder anderen extremen Wetterlagen heimgesuchten Regionen wahrscheinlicher werden. "Massenwanderungen werden zweifellos zu einer höheren Belastung mit geistigen Erkrankungen in den betroffenen Bevölkerungsteilen führen", warnen die Forscherinnen und betonen, dass Konflikte ein weiterer treibender Faktor von Migrationsbewegungen seien. Ein weiteres Problem bestehe darin, dass die psychiatrische Betreuung in vielen Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen bereits jetzt kläglich unzureichend sei. Dr. Page und Dr. Howard befürchten, dass diese Dienste "wohl kaum eine vorrangige Behandlung erfahren werden, sollte ein weiterer wirtschaftlicher Zusammenbruch neben dem Klimawandel erfolgen". Die Forscherinnen ziehen den Schluss, dass sich psychologische Fachkräfte dringend in der Forschung zu diesem Thema engagieren sollten. "Die Zusammenarbeit mit anderen Fachbereichen ist äußerst wichtig", schreiben die Autorinnen. "Wahrscheinlich wird es nötig sein, mit Klimaforschern, Umweltepidemiologen, Stadt- und Modellplanern, Ökonomen und Entwicklungsspezialisten zusammenzuarbeiten, um aussagekräftige Forschung zu diesen Themen zu planen und durchzuführen." Dr. Page dazu: "Der Klimawandel steht im Mittelpunkt [...] der UN-Konferenz in Kopenhagen. Während die Delegierten über die Klimafolgen und über mögliche Antworten durch die Regierungen auf der ganzen Welt diskutieren, befürchten wir, dass die Auswirkungen des Klimawandels auf die psychische Verfassung allgemein ignoriert werden. Dadurch wird die geistige Gesundheit von Millionen Menschen in der nicht allzu weiten Zukunft aufs Spiel gesetzt."

Länder

Vereinigtes Königreich