EU-Forscher ermitteln Gen im Zusammenhang mit Herzrhythmusstörungen
Eine teilweise durch die EU finanzierte Forschergruppe hat einen Genort identifiziert, der das Risiko für Vorhofflimmern (Herzrhythmusstörung) signifikant beeinflusst. Die Studie wurde im Fachjournal Nature Genetics veröffentlicht. Die Forscher hoffen, dass ihre Erkenntnisse zur Entdeckung neuer und gezielterer Arzneimittel zur Behandlung von Vorhofflimmern führen werden. Die Studie wurde teilweise im Rahmen von zwei EU-finanzierten Projekten gefördert: ECOGENE ('Unlocking the European Union convergence region potential in genetics') und OPENGENE ('Opening Estonian genome project for European Research Area'), die aus der Haushaltslinie für "Wissensorientierte Regionen" des Siebten Rahmenprogramms (RP7) 1,09 Millionen EUR bzw. 1,33 Millionen EUR erhielten. Herzrhythmusstörungen sind keine ernsthaft lebensbedrohende Krankheit, allerdings erhöhen sie das Risiko einer schlimmeren Erkrankung wie Schlaganfall, Demenz und Herzschwäche. Man muss auch die großen wirtschaftlichen Faktoren berücksichtigen, da weltweit von bis zu 600 Millionen Fällen auszugehen ist. Die Forscher hatten sich zum Ziel gesetzt, die genetischen Faktoren im Zusammenhang mit Vorhofflimmern aufzudecken. Der Genort wurde mithilfe einer groß angelegten Analyse der Daten aus 10 epidemiologischen Studien ermittelt, bei der das Genom von 1.335 Patienten mit Vorhofflimmern mit dem Erbgut einer Kontrollgruppe verglichen wurde. Die Patienten mit Vorhofflimmern waren von einer besonderen Form der Krankheit betroffen, der so genannten Lone Atrial Fibrillation, deren Besonderheit darin besteht, dass der Krankheitsbeginn vor dem 65. Lebensjahr liegt und keine strukturellen Begleiterkrankungen vorliegen. "Durch diese sehr homogene Untersuchungsgruppe ist es uns gelungen, einen neuen Genort zu entdecken, der das Risiko für Vorhofflimmern signifikant beeinflusst, nämlich KCNN3", sagte Forschungsleiter Dr. Stefan Kääb von der Ludwig-Maximilians-Universität in München (LMU), Deutschland. "Glücklicherweise handelt es sich dabei um ein Gen, das an der Synthese eines Kaliumkanals beteiligt ist, einem Protein, das den Fluss von Kaliumionen durch die Zellmembran steuert. Es spielt bei der Erregungsbildung des Herzens eine Rolle und stellt somit ein mögliches Ziel für neue Medikamente dar." Er fährt fort: "Gleichzeitig verbessert das Ergebnis unser Verständnis über die pathophysiologischen Mechanismen, die zur Entstehung des Vorhofflimmerns beitragen. Zudem hoffen wir, dass die Ergebnisse langfristig gesehen für eine individuelle Risikovorhersage genutzt werden können." Um das Blut reibungslos durch den Körper zu transportieren und die Versorgung der lebenswichtigen Organe sicherzustellen, müssen die Kontraktionen der Vorhöfe und der Herzkammern in zeitlicher Folge genau aufeinander abgestimmt sein. Diese Sequenz wird durch elektrische Signale gesteuert, die vom Sinusknoten (der elektrische Taktgeber im rechten Vorhof des Herzens) kommen. Wenn dieser Sinusknoten nicht richtig funktioniert, kommt es zu Herzrhythmusstörungen. "Vorhofflimmern kann zu schwerwiegenden Folgeerkrankungen führen - vor allem dadurch, dass das Blut nicht mehr vollständig aus dem Herzen gepumpt wird und so leichter Blutgerinnsel entstehen", erklärte Dr. Kääb. "Diese können wiederum Schlaganfälle oder eine Embolie - also den Verschluss eines Blutgefäßes - nach sich ziehen. Zudem erhöht Vorhofflimmern das Risiko für eine Herzinsuffizienz und kann zu einer Einschränkung der Hirnleistung bis hin zur Demenz führen." In zwei vorangegangenen Studien konnte die Forschungsgruppe bereits neun Regionen im Erbgut aufspüren, die sich auf die Zeitdauer des PQ-Intervalls - einer Messstrecke des EKG - auswirken und über diesen Marker auch mit dem Risiko für das Auftreten von Vorhofflimmern zusammenhängen. An der aktuellen Studie waren neben Forschern der LMU auch die Technische Universität München, das Helmholtz Zentrum und 50 weitere internationale Forschungseinrichtungen aus Estland, Island, den Niederlanden und den USA beteiligt.
Länder
Deutschland, Estland, Island, Niederlande, Vereinigte Staaten