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Vermessung der Mikrowelt, die unsere Welt steuert

Von der Erde unter unseren Füßen bis hin zu unserem Gedärm: Bakteriengemeinschaften steuern alle grundlegenden biologischen Prozesse auf der Erde, und sie bieten wichtige Informationen über Bedrohungen und Veränderungen dieser Umfelder. Mit finanzieller Unterstützung durch die...

Von der Erde unter unseren Füßen bis hin zu unserem Gedärm: Bakteriengemeinschaften steuern alle grundlegenden biologischen Prozesse auf der Erde, und sie bieten wichtige Informationen über Bedrohungen und Veränderungen dieser Umfelder. Mit finanzieller Unterstützung durch die EU haben Wissenschaftler nun eine genauere Methode zur Messung des Kohlenstoffflusses in mikrobiellen Gemeinschaften und zur genaueren Beschreibung ihrer Stoffwechselfunktionen und -prozesse entwickelt. Ergebnisse dieser Studie wurden in dem Magazin Molecular and Cellular Proteomics veröffentlicht. Veränderungen in mikrobiellen Gemeinschaften (Anhäufungen winziger Organismen, dem menschlichen Auge nicht sichtbar) sind häufig Anzeichen für Veränderungen, die ein Umfeld als Ganzes betreffen können. Von der untersten Stufe der Nahrungskette aus liefern diese Gemeinschaften den Mikrobiologen nützliche Daten, für das Verständnis, die Vorbeugung und sogar die Behandlung dieser Veränderungen. Doch angesichts einer Vielzahl von 5 Millionen bis 100 Millionen Arten von Mikroorganismen auf der Erde ist es für Forscher extrem schwierig zu wissen, auf welche entscheidenden Organismen innerhalb mikrobieller Gemeinschaften sie sich konzentrieren sollen. Dank der Arbeit der Wissenschaftler im Projekt ISOTONIC ("Isotope tools to investigate structure and function of microbial communities") ist es jetzt möglich, Schlüsselorganismen effizienter zu identifizieren natürliche Abbauprozesse viel detaillierter zu untersuchen und das Zusammenwirken von Mikroorganismen aufzuklären. Die neue Technik mit der Bezeichnung Protein-SIP (stable isotope probing) bietet viele potenzielle Anwendungsmöglichkeiten und könnte sogar zur Entwicklung neuer medizinischer Behandlungsmethoden führen. Bei der Protein-SIP-Methode werden mikrobielle Gemeinschaften mit einer Kohlenstoffquelle gefüttert, die zwei Isotope (Atome desselben chemischen Elements, die unterschiedliche Mengen an Neutronen besitzen) enthält. Bisher konnten Wissenschaftler Arten mit aktivem Stoffwechsel über DNA- (Desoxyribonukleinsäure) oder RNA- (Ribonukleinsäure) Analysen bestimmen. Mit der neuen Methode können Kohlenstoffflüsse (die Differenz zwischen Kohlenstoffaufnahme und -abgabe) und damit Nahrungsketten innerhalb einer mikrobiellen Gemeinschaft erfasst werden. Das Zusammenspiel einzelner Gruppen von Mikroorganismen innerhalb der Gemeinschaft kann so analysiert werden. Professor Hauke Harms vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in merkte an, dass der neue Algorithmus Forschungsarbeiten in Zukunft signifikant erleichtern wird. "Diese Methode besitzt ein großes Potenzial für die Untersuchung von Gemeinschaften, wie sie im Zentrum der mikrobiellen Ökologie stehen", sagte er. Die Technik wird bereits in Projekten im Energie- und Umweltbereich eingesetzt. Mögliche weitere Anwendungen liegen in der Bearbeitung von Biofilmen (wie sie in Klärwerken zum Einsatz kommen), bei der Biogaserzeugung, bei Untersuchungen der Darmflora des Menschen sowie bei der Entwicklung völlig neuer Behandlungsmethoden. In Kombination mit anderen Techniken kann Protein-SIP auch effizient für die Untersuchung von Nahrungsnetzen beispielsweise beim Abbau von Benzol genutzt werden. "In Projekten mit nationalen und internationalen Partnern wird Protein-SIP bereits zur Kennzeichnung der Stoffwechselaktivitäten von Methanbakterien aus Erdöllagerstätten oder des Methankreislaufes in marinen Sedimenten verwendet", ergänzt Dr. Hans Richnow vom UFZ. Jetzt will die Forschungsgruppe ihre Arbeit in zwei Richtungen weiterführen: für die Bestimmung von Schlüsselorganismen beim Abbau von Umweltgiften, wenn kein Sauerstoff vorhanden ist, und für Studien der Beziehung von Bakterien im Darm zu ihren Wirtsorganismen. Das vom UFZ geleitetet Projekt ISOTONIC erhält 301.653 EUR aus dem Marie-Curie-Programm des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) der EU.

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Deutschland

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