Auto contra Flugzeug: Studie untersucht Einfluss des Reiseverkehrs auf Klimawandel
Welches Verkehrsmittel schadet dem Klima mehr - das Auto oder das Flugzeug? Den Ergebnissen einer EU-finanzierten Studie zufolge trägt ein Reisender mehr zur globalen Klimaerwärmung bei, wenn er die Strecke im Auto statt im Flugzeug zurücklegt - aber nur, wenn man die langfristigen Auswirkungen betrachtet. Flugzeuge wiederum begünstigen kurzfristig die Erderwärmung in großen Höhen. Die Studie wurde im Rahmen des Projekts QUANTIFY (Quantifying the climate impact of global and European transport systems) durchgeführt, das mit 8,39 Millionen EUR unter dem Themenbereich "Nachhaltige Entwicklung, globale Veränderungen und Ökosysteme" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) finanziert wurde. Nachzulesen sind die Ergebnisse im Fachblatt Environmental Science & Technology als Teil eines ambitionierten Forschungsprogramms unter Beteiligung von 41 Partnern und 6 assoziierten Mitgliedern aus 17 europäischen Mitgliedstaaten sowie China, Indien und den Vereinigten Staaten. Gemeinsam untersuchten die Partner des QUANTIFY-Projekts die Gesamtwirkung des europaweiten und internationalen Verkehrs zur Luft, zur See und auf dem Land auf das globale Klima, insbesondere im Hinblick auf Treibhausgase, Emissionen von Ozonvorläufern, Partikel, Kondensstreifen und durch Schiffsaerosole produzierte Wolkenkondensationskeime. Ziel des Projekts waren Prognosen und generelle umweltpolitische Empfehlungen für Regierungen und internationale Behörden. In der aktuellen Studie verglichen die Forscher erstmals mittels gekoppelter Klima-Chemie-Modelle die globalen Auswirkungen verschiedener Transportmittel auf den Klimawandel. In den Berechnungen wurden dabei nicht nur die Auswirkungen von CO2 (Kohlendioxid) berücksichtigt, sondern auch die aller anderen kurz- und langfristig wirkenden Klimafaktoren wie Gase, Aerosole und Wolkenbildung. Die Forscher fanden heraus, dass auf lange Sicht der Fahrer mit seinem Auto mehr zur Klimaerwärmung beiträgt als wenn er die gleiche Entfernung im Flugzeug zurücklegen würde. In den ersten Jahren nach einem Flug heizt eine Flugreise das Klima vier Mal so stark an wie eine Autoreise über dieselbe Strecke. Studienleiter Dr. Jens Borken-Kleefeld vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA), Österreich, erklärt, dass Flugzeuge bzw. deren Abgase in großen Höhen starke klimarelevante Prozesse auf die Ozon- und Wolkenschicht in Gang setzen, die zwar kurzfristig, aber überproportional hoch seien. Über die genauen Größenordnungen sei man sich noch nicht sicher, gehe aber davon aus, dass im Endeffekt eine zwar kurzfristige, aber doch drastische Temperaturerhöhung zu Buche schlage. "Bei einer Reise mit dem Auto ist der CO2-Ausstoß pro Kilometer höher als beim Fliegen. Da die Verweildauer von CO2 in der Atmosphäre jedoch länger ist als bei anderen Gasen, haben Autos eher eine langfristige negative Wirkung aufs Klima", so Dr. Borken-Kleefeld. Das österreichisch-norwegische Forscherteam fand auch heraus, dass Luftfracht letztendlich bis zu 35-mal stärker zur Erderwärmung beiträgt als der Transport über die gleiche Distanz per LKW. Überraschenderweise sei die Klimawirkung für den Gütertransport per Schiff 25-mal schwächer als für den Lufttransport und bewirke damit eine kurzzeitige Abkühlung der Atmosphäre. "Zwar begünstigen Schiffe die globale Erwärmung durch CO2, Ozon und Ruß, aber die Motoren stoßen auch recht hohe Mengen an Schwefeldioxid aus, die Sulfat-Teilchen in der Atmosphäre bilden und einen Teil des Sonnenlichts in den Weltraum zurückreflektieren. Damit sorgen sie kurzfristig sogar für einen Abkühlungseffekt", erklärt Ko-Autor der Studie Dr. Jan Fuglestvedt vom Zentrum für Internationale Klima- und Umweltforschung (CICERO) in Norwegen. Dr. Fuglestvedt fügt hinzu, dass in den ersten Jahrzehnten nach der Schiffsfahrt die Kühlwirkung den Erwärmungseffekt mehr als wettmache. Da das mit Schiffen transportierte Frachtgut einen Großteil des Güterverkehrs ausmache, könne der internationale Handel die negativen Wirkungen des weltweiten Passagierverkehrs sogar abmildern. Er warnt jedoch, "dass sich langfristig jede Art von motorisiertem Verkehr negativ auf die Bilanzen niederschlägt." Das von März 2005 bis Februar 2010 laufende Projekt QUANTIFY umfasste auch die Erstellung einer Emissionskataster-Datenbank, ein Sommerseminar, eine Reihe internationaler Konferenzen und ein Web-Portal für eLearning-Aktivitäten.
Länder
Österreich, Norwegen