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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Wie Computer Körpersprache deuten können

Haben die Sicherheit auf Rolltreppen und das Online-Marketing etwas gemeinsam? Die Antwort lautet "Ja!": Eine EU-finanzierte Gruppe von Wissenschaftlern hat viele innovative Lösungen erfunden, welche die in diesen Bereichen unverzichtbare Kommunikation von Menschen mit Compute...

Haben die Sicherheit auf Rolltreppen und das Online-Marketing etwas gemeinsam? Die Antwort lautet "Ja!": Eine EU-finanzierte Gruppe von Wissenschaftlern hat viele innovative Lösungen erfunden, welche die in diesen Bereichen unverzichtbare Kommunikation von Menschen mit Computern voranbringen. Das MIAUCE-Projekt ("Multimodal interactions analysis and exploration of users within a Controlled Environment") erhielt im Themenbereich "Technologien für die Informationsgesellschaft" (IST) des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) etwas mehr als 2 Mio. EUR, um Verfahren zur Analyse des multimodalen Verhaltens der Nutzer im Rahmen realer Anwendungen zu evaluieren und zu entwickeln. MIAUCE-Projektkoordinator Professor Chaabane Djeraba vom Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in Frankreich erklärt, dass er und sein Team sich eine Welt vorgestellt hätten, in der versteckte Computer menschliche Bedürfnisse versuchen vorherzuahnen; und dann entwickelte man verschiedene Anwendungen, die in einem derartigen Universum funktionieren könnten. "Die Motivation des Projektes besteht darin, Menschen in die Interaktionsschleife zwischen dem Computer und der Umwelt einzubringen", schildert er. "Wir möchten zu einer Form von Umgebungsintelligenz kommen, in der Computer vollständig im Hintergrund stehen." Wie Professor Djeraba erklärte, bedeute dies die Existenz einer "multimodalen Schnittstelle, über die Menschen mit ihrer Umwelt interagieren können. Der Computer beobachtet ihr Verhalten und extrahiert dann für den Anwender nützliche Informationen." MIAUCE hat konkrete Prototypen für drei Arten derartiger Anwendungen entwickelt. Prototyp eins beobachtet die Sicherheit von Menschenmassen an stark frequentierten Orten wie Flughäfen und Einkaufszentren mit Hilfe von Überwachungskameras, die zur Erkennung verschiedener Situationen einschließlich Unfällen auf Rolltreppen eingesetzt werden. "Die Hintergrundtechnologie dieser Forschungsarbeit beruht auf dem maschinellen Sehen (Computer Vision)", so Professor Djeraba. "Wir extrahieren Informationen aus Videos: Das ist die Grundlagentechnologie und die technische Verfahrensweise, die wir einsetzen." Danach wird der Videostream in Echtzeit analysiert, um eine Hierarchie in drei Merkmalsebenen zu extrahieren: Starten einer mathematischen Beschreibung von Formen, Bewegungen und Strömungen vor der Weiterleitung zu Beschreibungen von Menschenmassedichte, -geschwindigkeit und -richtung. Letztlich kann der Computer entscheiden, wann die Aktivität "anormal" wird, weil zum Beispiel jemand auf einer Rolltreppe hingefallen ist und eine Massenkarambolage verursacht, bei der dringend eingegriffen werden muss. Das Team arbeitet nun mit einem Rolltreppenhersteller zusammen, um vorhandene Videoüberwachungssysteme an internationalen Flughäfen zu verbessern. Den Forschern zufolge könnten die bei automatischer Erfassung einer Panik beim Reagieren eingesparten Sekunden durchaus Leben retten. Ein zweites Einsatzgebiet dieser Technologie sieht man im Marketing - speziell um zu überwachen, wie sich Kunden in Geschäften verhalten. Die Forscher entwickeln derzeit zwei Produkte zu diesem Zweck: einen "Menschenzähler" zur Überwachung der Fußgängerströme auf der Straße vor einem Geschäft, von dem sie erwarten, dass sich besonders Modegeschäfte dafür interessieren, die Passanten anlocken wollen. Das zweite Produkt ist eine "Wärmebild-Generator" zur Beobachtung der Bewegungen von Menschen innerhalb des Ladens, so dass der Filialleiter zuschauen kann, welche Teile der Auslagen die meiste Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die dritte Anwendung, an der die Wissenschaftler arbeiten, ist interaktives Web-TV, das den Zuschauern gestattet zu wählen, was sie am liebsten sehen wollen. Innerhalb des Projekts werden Zuschauer-Webcams zur Überwachung von deren Gesichtern eingesetzt, um zu sehen, welchen Teil des Bildschirms sie betrachten. Nach Angaben der Forscher könnten diese Ergebnisse verwendet werden, um weitere Informationen zu den Interessen der Nutzer zu gewinnen. Projektpartner Tilde, ein Softwareunternehmen aus Lettland, kommerzialisiert diese Anwendung bereits. Erfindungen dieser Art ziehen natürlich eine Unmenge ethischer und rechtlicher Fragen nach sich. Professor Djeraba betont jedoch, dass sein Team derartige Bedenken durch "Anonymisierung" der Menschen ausräumen könne. "Allgemein betrachtet muss man hier sagen: die Anonymität ist der kritische Punkt", stellt er klar. "Wenn wir ordentlich anonymisieren, ist das Ganze in Ordnung; anonymisieren wir es nicht, ist es nicht in Ordnung."