Wissenschaftler exhumieren Wegbereiter der Astronomie aus dem 16. Jahrhundert
Tycho Brahe wird allgemein als Wegbereiter der modernen Astronomie betrachtet, der mit seinen sorgfältigen Beobachtungen des Himmels unser Verständnis des Universums revolutioniert hat. Darüber hinaus war er als Adliger mit einer Bürgerlichen verheiratet und trug eine Nasenprothese aus Silber, nachdem er seine eigene in einem Duell angeblich darüber, wer der bessere Mathematiker sei, verloren hatte. Er starb 1601 im Alter von 54 Jahren in Prag in der heutigen Tschechischen Republik und wurde in der Tyn Kathedrale begraben. Nun hat ein Team aus tschechischen und dänischen Wissenschaftlern Tycho Brahes Leiche exhumiert, um mehr über sein Leben und auch seinen Tod zu erfahren, der auf eine Quecksilbervergiftung zurück geführt wird. Es ist nicht das erste Mal, dass die sterblichen Überreste des Astronomen in ihrer Totenruhe gestört wurden, die erste Exhumierung fand im Jahre 1901 statt. "Bei der ersten Graböffnung 1901 wurden nur eine physikalische Beschreibung der Überreste durchgeführt. Diese über 100 Jahre alte Zusammenfassung wird nun durch eine Reihe von Analysen ergänzt, die wir dank modernster Technologie mit Hilfe verschiedener und häufig komplizierter Methoden durchführen können", erklärt Professor Jens Vellev von der Aarhus Universität in Dänemark. Professor Vellev ist Leiter einer Gruppe aus Archäologen, medizinischen Anthropologen, Ärzten, Chemikern, Textilrestauratoren und Antiquaren. Gemeinsam führt das Team eine Reihe von Tests an der Leiche von Brahe durch, u.a. CT (Computertomographie), DNS (Desoxyribonukleinsäure)-Tests und PIXE-Analyse (Partikel-induzierte Röntgenemission). Darüber hinaus interessieren sich die Wissenschaftler für Brahes gemusterten Seidenanzug. "Wir hoffen, dass im Grab ausreichend Fragmente erhalten geblieben sind, mit denen wir das komplette Gewand rekonstruieren können", erklärte Professor Vellev vor der Exhumierung. Der Astronom wird am 19. November während einer Zeremonie wieder in der Kathedrale beerdigt werden. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sie ihre Erkenntnisse im Jahre 2011 in einem Bericht veröffentlichen werden. Tycho Brahe wurde 1546 in eine Adelsfamilie in Scania geboren, was damals zu Dänemark gehörte, heute jedoch eine schwedische Provinz ist. Im Alter von nur 13 Jahren nahm er sein Studium der Rhetorik und Philosophie an der Universität von Kopenhagen auf. Ein paar Jahre später, während seines Studiums in Leipzig, begann er seine Laufbahn als Astronom und fand bald heraus, dass die existierenden Beobachtungen des Himmels ziemlich ungenau waren. Deshalb entwickelte er seine eigenen Methoden und Instrumente, um damit genauere Beobachtungen der Positionen der Himmelskörper durchzuführen. 1570 kehrte Brahe nach Scania zurück. Zu jener Zeit ging man davon aus, dass das Universum keinerlei Veränderung unterliegt. Brahes Observationen eines neuen Sterns in der Konstellation Kassiopeia im Jahre 1572 jedoch zwangen zum Umdenken. Das Buch "De Stella Nova" über seine Beobachtungen machte ihn berühmt und er bekam Stellen in ganz Europa angeboten. Der dänische König jedoch überzeugte ihn davon, in Dänemark zu bleiben. In der Zwischenzeit ergaben Brahes Beobachtungen, dass Kometen weiter von der Erde entfernt waren als der Mond, und seine Daten verleiteten Johannes Kepler zu seiner Theorie, dass die Umlaufbahn von Planeten elliptisch sein könnte und nicht kreisförmig, wie bis dahin angenommen. 1599 zog der Astronom nach Prag, wo König Rudolf II, ein begeisterter Anhänger der Künste und Wissenschaften, sein Schloss hatte. Ein Jahr später folgte ihm Johannes Kepler, wodurch Prag zum führenden Zentrum der Astronomie wurde. Im Oktober 1601 erkrankte Brahe nach einem Bankett augenscheinlich an einer Blasenentzündung. Er starb am 24. Oktober und wurde in der Tyn Kathedrale beigesetzt. Über die Ursache seines Todes wurde im Laufe der Jahre immer wieder spekuliert. Eine Analyse seiner Haare ergab einen hohen Quecksilberspiegel. Es ist jedoch nicht klar, ob der Astronom vergiftet wurde, oder ob er bewusst ein quecksilberhaltiges Medikament eingenommen hatte, um damit die Infektion zu heilen. Eine andere Theorie besagt, er sei während zahlreicher chemischer Experimente Quecksilber ausgesetzt gewesen. Für Professor Finn Olesen von der Universität Aarhus ist die Wichtigkeit von Tycho Brahe für die Wissenschaft offensichtlich. Er schreibt: "In meinen Augen als Wissenschaftler hat Tycho Brahe wesentlich zum Boom von Wissenschaft und Forschung während der Renaissance beigetragen und spielte eine wesentliche Rolle beim Umbruch weg von den Vorstellungen der Antike hin zu einem modernen Verständnis von Kosmologie und Natur. Das Öffnen des Grabes wird für mich eine besondere Bedeutung als Erinnerung an Tycho Brahes Erbe an die Gegenwart sowie seine Rolle als einer der herausragendsten dänischen Vertreter der ursprünglichen, inspirativen Forschung haben."
Länder
Tschechien, Dänemark