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Inhalt archiviert am 2023-03-09

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Studie untersucht Auswirkungen des Klimawandels auf Lebensbaum

Hat der Klimawandel des 21. Jahrhundert die Macht, die Form des Lebensbaums der Erde zu verändern? Das muss gemäß neuester EU-finanzierter Forschung nicht unbedingt der Fall sein. Eine Analyse sehr detaillierter Stammbäume zeigt, dass es, auch wenn der Baum infolge des Klimawa...

Hat der Klimawandel des 21. Jahrhundert die Macht, die Form des Lebensbaums der Erde zu verändern? Das muss gemäß neuester EU-finanzierter Forschung nicht unbedingt der Fall sein. Eine Analyse sehr detaillierter Stammbäume zeigt, dass es, auch wenn der Baum infolge des Klimawandels dünner werden könnte, eher unwahrscheinlich ist, dass ganze Äste verloren gehen, und so seine Gesamtstruktur gleich bleiben wird. Die im Fachmagazin Nature präsentierte Studie wurde teilweise innerhalb des ECOCHANGE-Projekts ("Challenges in assessing and forecasting biodiversity and ecosystem changes in Europe") finanziert, das im Themenbereich "Nachhaltige Entwicklung, globale Veränderungen und Ökosysteme" des Sechsten EU-Rahmenprogramms (RP6) Mittel in Höhe von 7 Mio. EUR erhielt. Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) schätzt, dass etwa 20% bis 30% der Arten weltweit vom Aussterben bedroht sein könnten, wenn die globale Erwärmung die 2,5°C-Marke überschreitet. Erhöht sich diese gar auf 3,5°C, könnten nach Einschätzung des IPCC sogar 40% bis 70% der Arten aussterben. Die Forscher sind in Sorge darüber, dass der Klimawandel einen einseitigen Verlust der biologischen Vielfalt auslösen könnte, wenn das Aussterben nicht zufällig über den gesamten Baum des Lebens verteilt erfolgt. Das Team modellierte an sechs Artenverteilungsmodellen, vier Emissionsszenarien und drei hochauflösenden globalen Klimamodellen die möglichen Auswirkungen des Klimawandels in den kommenden Jahrzehnten auf 1.280 europäische Pflanzenarten sowie 140 Säugetier- und 340 Vogelarten. "Um das Aussterben durch den Klimawandel von den normalerweise vorkommenden Ereignissen dieser Art zu unterscheiden, haben wir zur Kontrolle übliche zufällige Aussterbeszenarien erstellt", erklärt der Hauptautor der Studie Wilfried Thuiller vom französischen Centre National de la recherche scientifique (CNRS) in Frankreich. Im Gegensatz zu den Theorien der Vergangenheit führte die Studie nun Neues vor: Die Struktur würde selbst bei einer geringfügigen Ausdünnung des Baums wahrscheinlich intakt bleiben und für die Biodiversität wären keine großen Verluste zu erwarten. Größere Schäden könnten nur dann auftreten, wenn lokal konzentrierte "Zweige" völlig eliminiert würden. "Das liegt daran, dass bedrohte Spezies weder weniger noch nähere Verwandten als die übrigen Stämme haben," wie die Autoren schreiben. "Reduzierungen phylogenetischer Diversität werden in Südeuropa größer ausfallen, während in Regionen höherer geografischer Breite oder Höhe Zuwächse zu erwarten sind. Die Verluste werden jedoch nicht durch die Gewinne ausgeglichen werden. Es ist ein Trend abzusehen, dass die Palette des Lebens auf dem gesamten Kontinent homogener werden wird." Die Studie legt dar, dass das Verschwinden von Arten in der Geschichte unseres Planeten wirklich nichts Neues ist: Evolution bedeutet ständige Veränderung. Nur drei Prozent aller Arten, die unsere Erde jemals bevölkert haben, leben auch noch heute. Das Hauptproblem besteht allerdings darin, dass die Aktivitäten des Menschen diesen Prozess beschleunigen. Es gibt Experten, die immer mehr der Meinung sind, dass ein neues Massenaussterben im Gange ist, wie es die Erde zuletzt vor 65 Millionen Jahren mit der durch den Untergang der Dinosaurier ausgelösten Katastrophe erlebte. Während man in der Studie Vorhersagen zur Anzahl der aufgrund des derzeitigen Ablaufs des Klimawandels verschwindenden Arten vergebens sucht, lassen die Daten doch sämtliche Alarmglocken läuten: Wir müssen diese Bedrohung entschärfen und die Zukunftsfähigkeit der Arten sichern. Dazu Miguel Araújo von der Universität Évora und dem Nationalmuseum für Naturwissenschaften in Madrid, Spanien: "Ob das zufällige Aussterben über den ganzen Lebensbaum verteilt weniger gefährlich als das Aussterben in ganz bestimmten Teilen des Baumes ist oder nicht, hängt lediglich von der Heftigkeit des Klimawandels ab - wenn das Aussterben abgemildert wird, kann der Verlust bestimmter Teile des Baumes gefährlicher sein als ein verteiltes Aussterben, wenn auch nur, da es das Evolutionspotenzial auf der Erde beeinflusst. Erreicht aber das Aussterben das in Zeitaltern massenhafter Auslöschung beobachtete Ausmaß, dann könnte sich ein weiter gestreutes Muster des Aussterbens katastrophal auswirken, da dann die Zukunft zu vieler biologischer Gruppen auf dem Spiel steht." Diese Studie ist anders als der Rest: Das Wissenschaftlerteam erforschte die Auswirkungen des Klimawandels auf phylogenetische und nicht auf taxonomische Gruppen. Während letztere entscheidende Informationen über evolutionäre Zusammenhänge liefern, basieren sie jedoch auf Form und Funktion und können so nur weniger genau sein, was die Prognose zukünftiger Entwicklungen angeht. Phylogenetische Gruppen hingegen gründen ganz und gar auf der evolutionären Verwandtschaft der Arten zueinander.Weitere Informationen unter: Nature: http://www.nature.com/ ECOCHANGE: http://www.ecochange-project.eu/ Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC): http://www.ipcc.ch/

Länder

Spanien, Frankreich, Portugal

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