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Inhalt archiviert am 2023-03-09

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Wenn Pflanzen neue Arten entwickeln

Im Gegensatz zu einer bisher weit verbreiteten Annahme hängt eine verstärkte Artenbildung bei Pflanzen nicht mit der Ausbildung neuer physikalischer Eigenschaften oder Mechanismen zusammen. Pflanzen experimentieren erst mit ihrem Aufbau und ihrer Leistungsfähigkeit, bevor sie ...

Im Gegensatz zu einer bisher weit verbreiteten Annahme hängt eine verstärkte Artenbildung bei Pflanzen nicht mit der Ausbildung neuer physikalischer Eigenschaften oder Mechanismen zusammen. Pflanzen experimentieren erst mit ihrem Aufbau und ihrer Leistungsfähigkeit, bevor sie bessere Versionen von sich entwickeln, heißt es in einer im Magazin American Journal of Botany vorgestellten neuen internationalen Forschungsarbeit. Wissenschaftler des Heidelberger Instituts für Theoretische Studien (HITS) in Deutschland konnten zusammen mit Kollegen von der Brown University und der Yale University in den Vereinigten Staaten den weltweit größten Stammbaum (Phylogenie) für Pflanzen rekonstruieren und damit die evolutionären Prozesse neu beleuchten. Seit Langem rätseln die Forscher schon, wann ein Stamm mit der Entwicklung einer neuen Art beginnt. Stämme sind Gruppen von Pflanzen mit den gleichen Vorfahren. Bisher glaubten die Forscher, dass verstärkte Artbildung erst dann eintritt, wenn ein Ast im Stammbaum des Lebens neue physikalische Eigenschaften oder Mechanismen hervorbringt und dann beginnt, seinen eigenen genetischen Ast zu bilden. In dieser neuesten Studie konnte gezeigt werden, so das Team, dass große Familien der Blütenpflanzen erst dann erfolgreich neue Arten bilden, wenn sie bereits einen Entwicklungsstand erreicht haben, der die Erfolgsaussichten einer schnellen und erfolgreichen Artbildung steigert. "Evolution funktioniert anders, als wir bisher angenommen haben", sagt Erstautor Dr. Stephen Smith von der Brown University, der auch mit dem HITS zusammen arbeitet. "Es ist nicht so, dass bei einer Blume urplötzlich der Prozess der Artbildung eintritt. Es gibt eine gewisse Verzögerung, weil noch etwas anderes passiert. Einer erfolgreichen Artbildung geht eine Phase des Experimentierens voraus." Worin bestand also der beste Ansatz zur Lösung dieses Rätsels? Für die Forscher spielten Berechnungen eine wesentliche Rolle. "Dieses Projekt ist ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig die Informatik und entsprechende Initiativen zur elektronischen Vernetzung und Bereitstellung molekularer Daten über das World Wide Web inzwischen für die Biologie sind", sagt Alexandros Stamatakis vom HITS, einer der Co-Autoren der Studie. Das Team berechnete den bisher größten Stammbaum, der 55.473 Arten von Blütenpflanzen (Angiospermen) umfasst. Diese genealogische Linie stellt rund 90% aller auf unserem Planeten wachsenden Pflanzen dar. Das Forscherteam hat die genetischen Profile von sechs großen Gruppen der Angiospermen analysiert, darunter Süßgräser (Poaceae), Orchideengewächse (Orchidaceae), Korbblütler (Asteraceae), Hülsenfrüchtler (Fabacae) sowie Eudikotyledonen (Echte Zweikeimblättrige) und Monokotyledonen (Einkeimblättrige). Ihnen zufolge ist der vor über 125 Millionen Jahren entstandene Stamm der Mesangiospermae der gemeinsame Vorfahre dieser Familien. Sie entdeckten allerdings, dass die Explosion in der Artentwicklung nicht direkt an der Abstammungswurzel zu finden ist, wobei anzumerken ist, dass eine exakte Zeitangabe nicht möglich war. "Während der frühen Evolution dieser Familien", sagt Dr. Smith, "entwickeln sich bereits ansatzweise Merkmale, die eine optische Zuordnung zu den jeweiligen Familien ermöglichen. Sie beginnen aber erst dann sich sehr schnell zu diversifizieren, wenn sich diese Merkmale stärker ausgebildet und stabilisiert haben." In dem Artikel heißt es: "Diese Befunde befinden sich in Einklang mit der Ansicht, dass die schnelle Artenbildung von einer relativ langen 'Zündschnur' entfacht wird und dass anfängliche Innovationen ein Experimentieren ermöglichen. Letztendlich kann die Evolution einer Kombination dieser Merkmale zu einer ausgeprägten Artbildung führen." In zukünftigen Forschungsarbeiten wird es darum gehen, die Auslöser für die verstärkte Artbildung zu bestimmen und Einblicke zu der Frage zu liefern, wie Pflanzen schneller wachsen und damit ihre Konkurrenten ausstechen können.Weitere Informationen unter: Heidelberger Institut für Theoretische Studien (HITS): http://www.h-its.org/deutsch/forschung/index.php American Journal of Botany: http://www.amjbot.org/

Länder

Deutschland, Vereinigte Staaten

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