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Harnstoffzyklus: Garant für eine erfolgreiche Evolution der Kieselalgen

Trotz ihrer Allgegenwart und ihrer vielfältigen Rolle bleiben marine Diatomeen ein Geheimnis. Diese sogenannten Kieselalgen sind der Hauptbestandteil des Phytoplanktons und bilden somit die Basis der marinen Nahrungskette. Ein EU-finanziertes internationales Forschungskonsorti...

Trotz ihrer Allgegenwart und ihrer vielfältigen Rolle bleiben marine Diatomeen ein Geheimnis. Diese sogenannten Kieselalgen sind der Hauptbestandteil des Phytoplanktons und bilden somit die Basis der marinen Nahrungskette. Ein EU-finanziertes internationales Forschungskonsortium hat kürzlich entdeckt, dass mindestens eine Diatomeenart (Phaeodactylum tricornutum) einen molekularen Signalweg nutzt, der zuvor nur bei Säugetieren bekannt war: den Harnstoffzyklus. Die am 12. Mai in der Zeitschrift Nature veröffentlichte Forschung wurde zum Teil durch das Projekt DIATOMICS ("Understanding diatom biology by functional genomics approaches") finanziert, das 1,8 Mio. EUR aus dem Themenbereich "Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) der Europäischen Kommission erhalten hat. Der Harnstoffzyklus ist ein Stoffwechselweg, über den Säugetiere überschüssigen Stickstoff in Harnstoff einbauen und ihn somit aus dem Körper ausscheiden. Bei Kieselalgen scheint er aber eine noch viel weitreichendere Rolle zu spielen. Der Harnstoffzyklus ist der Schlüssel für Verteilung und Recycling von anorganischem Kohlen- und Stickstoff, er trägt außerdem dazu bei, dass Kieselalgen sich schnell von kurzfristigem Nährstoffentzug erholen können. Die Wissenschaftler rekonstruierten im Labor das Auftriebsphänomen der Ozeane: dabei steigt nährstoffhaltiges Wasser aus tieferen Bereichen an die Oberfläche und damit in den Lebensraum der Kieselalgen. Kieselalgen reagieren auf dieses Überangebot an Nährstoffen sofort mit einer erhöhten Stoffwechsel- und Wachstumsrate. Für diese Fähigkeit verantwortlich sind offenbar Gene, die durch lateralen Gentransfer - die Übertragung von Genen zwischen entfernt verwandten Organismen - in das Genom der Kieselalgen gelangt sind. In vorangegangenen Forschungen hatten Wissenschaftler festgestellt, dass einige der Gene von Kieselalgen auch in Chloroplasten und Bakterien zu finden sind, ein Beweis dafür, wie viel es noch über diese vielfältigen Organismen zu lernen gibt. In einem nächsten Schritt untersuchten der Hauptautor der Studie, Dr. Andrew Allen vom J. Craig Venter Institute in den Vereinigten Staaten, zusammen mit seinen Kollegen die zellulären Mechanismen der Nährstoffverwertung in der Umwelt. Die Forscher fanden heraus, dass die Metaboliten des Harnstoffzyklus der Kieselalge helfen, sich nach einem kurzfristigen Nährstoffentzug zu erholen. "Es scheint, dass der Harnstoffzyklus, der für den zellulären Export von Kohlenstoff und Stickstoff eine wesentliche Rolle spielt, von einem alten Signalweg zweckentfremdet wurde, der ursprünglich dem Recycling von Stickstoff und Kohlenstoff und dem Erholungsmechanismus diente", erklärte Dr. Allen. Mit anderen Worten haben Kieselalgen einen ganz anderen evolutionären Weg gewählt, als Grünalgen und andere verwandte Organismen. "Diese Studie liefert faszinierende Einblicke zu der Frage, wie sich Kieselalgen zu den wichtigsten Primärerzeugern in vielen Meeresregionen entwickelt haben", ergänzte Dr. David Garrison, Programmdirektor an der Abteilung für Meereswissenschaften der National Science Foundation in den Vereinigten Staaten, welche die Arbeit zusammen mit der Europäischen Kommission finanziert hat. Kieselalgen stehen ganz am Anfang der marinen Nahrungskette und es heißt, sie absorbieren genau so viel Kohlendioxid, ein wichtiges Treibhausgas, wie alle tropischen Wälder auf der Welt zusammen. Über ihre Funktionen als Nahrungsquelle für Tiere aller Art und als wichtiger Faktor des Kohlenstoffgleichgewichts des Planeten hinaus, dienen die einzelligen Organismen den Wissenschaftlern auch als Indikatoren für den Nähr- und Mineralstoffgehalt des Wassers oder für Kontaminationen.Weitere Informationen unter: Max-Planck-Gesellschaft: http://www.mpg.de National Science Foundation: http://www.nsf.gov/ Nature: http://www.nature.com/nature/index.html

Länder

Tschechien, Deutschland, Frankreich, Vereinigte Staaten

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