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Inhalt archiviert am 2023-03-09

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Industrie- und Hochschulvertreter aus der Welt der Chemie einigen sich über neuen Standard zu bioaktiven Molekülen

Vertreter von Pharmaunternehmen, Datenressourcenanbieter und akademische Gruppen sind zu einer Einigung über einen neuen Standard zur Beschreibung der Wirkung von Verbindung auf biologische Einheiten gekommen. Der Standard wurde innerhalb einer neuen Studie in Nature Review Dr...

Vertreter von Pharmaunternehmen, Datenressourcenanbieter und akademische Gruppen sind zu einer Einigung über einen neuen Standard zur Beschreibung der Wirkung von Verbindung auf biologische Einheiten gekommen. Der Standard wurde innerhalb einer neuen Studie in Nature Review Drug Discovery in allen Details veröffentlicht. Pharmazeutische, biotechnische und akademische Gruppen erzeugen eine gewaltige Menge an Daten über biologische Eigenschaften von Molekülen, die in Arzneimitteln, Pestiziden und Lebensmittelzusätzen zum Einsatz kommen. Diese nützlichen Daten werden jedoch oft nicht in geeigneter Weise aufgezeichnet, was zu Wiederholungen sowie einer unnötigen Verschwendung von Zeit und Ressourcen führt. Auch heute fehlen vielfach wichtige Daten aus veröffentlichter Literatur oder liegen in einem eher unstrukturierten Format vor. Die Lösung dieses Problems: MIABE ("Minimum Information About a Bioactive Entity"), vorgeschlagen von einem internationalen Konsortium von Akteuren aus Industrie, pharmazeutischen Unternehmen, von nichtkommerziellen und kommerziellen biologiebezogenen Datenanbietern sowie aus der Welt der Wissenschaft. Die Leitung hatte das Europäische Bioinformatikinstitut des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie (EMBL-EBI, European Molecular Biology Laboratory - European Bioinformatics Institute) im Vereinigten Königreich. Hinter diesem neuen Standard verbirgt sich im Grunde die Definition von Leitlinien für die Berichterstattung über bioaktive Verbindungen. Diese Übereinkunft bedeutet nun die Öffnung aller Datenschleusen - ein Strom von Informationen zum Thema kleine Moleküle wird künftig jedermann zugänglich sein. In der Welt der Chemie erhofft man sich davon im Gegenzug wichtige Weiterentwicklungen in der Wirkstoffforschung. Das Team ist zuversichtlich, dass der neue Standard eine Verstärkung des Austauschs frei verwendbarer Daten über Erfolge und Misserfolge in der Medikamentenforschung ermöglichen wird. Die Forschungsarbeiten im Zusammenhang mit dem Standard erhielten im Rahmen des PSIMEx-Projekts ("Proteomics Standards Initiative and International Molecular Exchange"), das Teil des Themenbereichs "Gesundheit" des Siebten Rahmenprogramms (RP7) ist, EU-Mittel in Höhe von 1.476.384 EUR. Das PSIMEx-Projekt, das noch bis 2013 läuft, unterstützt verschiedene Projekte, die Beiträge zu dem Gesamtziel leisten, Daten zu molekularen Wechselwirkungen rechnergestützt zugänglich zu machen. Die Projektpartner aus China, Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, Schweden, Schweiz, dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten planen die Weiterentwicklung des bestehenden Standards für molekulare Wechselwirkungen, der von der HUPO Proteomics Standards Initiative entwickelt wurde. Dieser 2002 erarbeitete Standard definiert Gemeinschaftsstandards zur Datendarstellung in der Proteomik, um Vergleich, Austausch und Verifizierung von Daten zu erleichtern. Das PSIMEx-Projekt verfolgt außerdem das Ziel der Förderung der Umsetzung eines Standards in der gesamten Kette von der Experimentenplanung über die Datenformatierung und -analyse bis hin zur Datendarstellung in Veröffentlichungen in Fachzeitschriften und öffentlichen Datenbanken. Hierzu gehört gleichermaßen die Schulung der Anwender zu Mindestanforderungen an die Veröffentlichung von Daten zu molekularen Wechselwirkungen sowie die Ausbildung der in der Datenpflege tätigen Mitarbeiter der beteiligten Datenbanken und die Möglichkeit des Gedankenaustauschs zwischen ihnen. Die Architekten des MIABE-Standards betonen, dass für die fachgerechte Analyse jeglicher gesammelter Daten deren Vergleichbarkeit wichtig sei. Vereint man Daten aus vielen Wirkstoffforschungsprogrammen, kommt tiefgründigeres Wissen dazu zum Vorschein, wie erfolgreiche Medikamente funktionieren, wie Dr. John Overington vom EMBL-EBI erklärt: "Wir hoffen nun, dass MIABE eine Zunahme der für Analysen verfügbaren Datenmenge in Größenordnungen ermöglichen wird. Erfahrungen mit anderen Standards haben gezeigt: je mehr Gruppen sie anwenden, desto lawinenartiger wird die Menge der den Forschern zur Verfügung stehenden nutzbaren Daten." Die Entwicklung dieses neuen Standards bringt allerdings auch ökonomische Auswirkungen mit sich. "Die zunehmende Verfügbarkeit standardkonformer Daten wird die Unternehmen dabei unterstützen, ihre Entscheidungsprozesse zu optimieren", kommentiert ein anderer Autor der Studie, Dr. Dominic Clark, vom EMBL-EBI. "Die Industrie ist immer stärker auf gemeinfreie Daten angewiesen. Mit Hilfe einer Reihe von Grundsätzen und Standards wird die Datenintegration einfacher und die Kosten sind besser unter Kontrolle zu bekommen." Daten in das Gemeingut aufzunehmen ist allerdings nicht damit gleichzusetzen, Wissen über die "erfolgreichen" biologischen Einheiten zu besitzen. Die Ermittlung und Entwicklung von Molekülen mit nützlichen bioaktiven Eigenschaften, wie sie etwa Arzneimittel, Pestizide und Lebensmittelzusatzstoffe aufweisen, war noch niemals einfach. Nur eine Handvoll Prüfpräparate schafft es normalerweise bis zur Zulassung zum klinischen Einsatz. Die Wissenschaftler müssen aber über die Moleküle, die diesen Weg nicht bis zum Ende gegangen sind, und warum auch immer sie scheiterten, Bescheid wissen. Etliche Moleküle schaffen es beispielsweise aufgrund mangelnder Wirksamkeit und unerwarteter Nebenwirkungen oder Toxizität nicht auf den Markt. Auch Pestizide, die über ihr ursprüngliches Ziel hinaus negative Nebenwirkungen auf andere Organismen haben, und Lebensmittelzusätze wie etwa Phytosterole, die sehr strengen Vorschriften unterliegen, werden häufig blockiert. Aktuelles Beispiel für die positiven Effekte einer weiten Verbreitung von Daten über bioaktive Verbindungen war die Veröffentlichung von Daten durch die Pharmaunternehmen GlaxoSmithKline und Novartis sowie des St Jude Children's Research Hospital in den Vereinigten Staaten zu über 14.000 Verbindungen, von denen bekannt ist, dass sie gegen den Parasiten aktiv sind, der die Verantwortung für die Übertragung von Malaria trägt. Nun stehen diese Daten in der ChEMBL-Datenbank zur Verfügung, einer Datenbank zu bioaktiven arzneimittelähnlichen kleinen Molekülen, die mit Unterstützung aus dem RP7 sowie der Initiative Innovative Arzneimittel (Innovative Medicines Initiative, IMI) der EU erstellt wurde. Die Daten dieser Datenbank wurden einem chemogenomischen Screening unterzogen, bei dem Schistosoma-mansoni-Proteine ermittelt wurden, gegen die existierende Wirkstoffe aktiv sein könnten. Die Ergebnisse dieser Untersuchung ließen die Hoffnung aufkommen, dass bekannte Therapeutika zur Behandlung der eher vernachlässigten Tropenkrankheit Bilharziose eingesetzt werden könnten, an der derzeit 210 Millionen Menschen in 76 Ländern der Erde leiden. Die Chemiker zählen darauf, dass mit der Entwicklung des MIABE-Standards Erfolgsgeschichten wie diese keine Ausnahme mehr sein werden.Weitere Informationen finden Sie unter: European Molecular Biology Laboratory (EMBL)-European Bioinformatics Institute: http://www.ebi.ac.uk/

Länder

Kanada, Schweiz, Schweden, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten

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