Werden europäische Kinder mit genügend Vitamin D versorgt? Neue Debatte anlässlich des harten Winters
Der Kälteeinbruch hat weite Teile Europas fest im Griff und mit fallenden Temperaturen müssen wir besonders auf unsere Gesundheit achten. Unsere Vitamin D-Reserven in den Wintermonaten aufrechtzuhalten, wird seit langem als wichtiger Teil im Kampf gegen das unbarmherzige Winterwetter betrachtet, vor allem für besonders gefährdete Gruppen wie Kleinkinder. Aber Eltern und Betreuern sollte vergeben werden, wenn sie angesichts der vielen verschiedenen und manchmal widersprüchlichen Ratschläge von Ärzten und Medien im Hinblick auf das, was das Beste für ihre Kinder sein soll, unsicher sein sollten. Eine jüngst veröffentlichte Studie, die von einem britischen und französischen Forscherteam zum Thema Vitamin-D-Spiegel durchgeführt wurde, hat diese medizinische Büchse der Pandora wieder geöffnet. Während die meisten Menschen eine gute Dosis Vitamin D an sonnigen Tagen zu schätzen wissen, glauben viele Wissenschaftler, dass wir dennoch nicht genug davon bekommen, und dass unser Indoor-Lebensstil, schlechte Ernährung und der großzügige Einsatz von Sonnenschutz tatsächlich zu einem niedrigen Spiegel des lebenswichtigen Vitamins bei vielen Kindern beitragen könnte. Da 90% unserer Einnahme von Vitamin D durch Exposition der Haut gegenüber Sonnenlicht erfolgt, sind Menschen, die in den nordeuropäischen Ländern leben und dort dem Sonnenlicht nur gering ausgesetzt sind, am meisten gefährdet. Vitamin D-Mangel kommt auch bei Frauen häufig vor, die mehrere Schwangerschaften kurz hintereinander ausgetragen haben, da ihre Reserven sich schnell erschöpfen. Obwohl Stillen sehr wichtig ist, da es Babys mit essentiellen Nährstoffen versorgt, sind gestillte Babys gefährdet und müssen mit Vitamin D versorgt werden. In ihrem Artikel in der Fachzeitschrift Archives de Pédiatrie empfahlen die französischen Forscher des Ausschusses für Ernährung der französischen Gesellschaft für Pädiatrie, dass Kinder unter 18 Monaten, die Milch mit Vitamin D-Zusatz erhalten, auch noch eine zusätzliche tägliche Dosis von 600 bis 800 IE und Kinder unter 18 Monaten, die keine Milch mit Vitamin D-Zusatz erhalten, eine tägliche Dosis von 1.000 bis 1.200 IE erhalten sollten. Sie empfahlen auch gestillte Kinder mit einer zusätzlichen Dosis von 1.000 bis 1.200 IE pro Tag während der Stillzeit zu versorgen. Das Team empfahl, dass bei Kindern unter 18 Monaten, die einem Risiko für einen Vitamin D-Mangel (Risiko durch Fettleibigkeit, oder Menschen mit dunkler Haut, die mehr Sonnenlicht benötigen, um den Vitamin D-Spiegel aufrechtzuerhalten) ausgesetzt sind, eine Vitamin D-Ergänzung auch konsequent während der Kindheit erfolgen sollte: sie rieten zu einer Vitamin D-Supplementation alle 3 Monate über das ganze Jahr verteilt bei Kindern im Alter von 1 bis 10 Jahren. Die britischen Forscher Nicholas M.P. Clarke und Jonathan E. Page vom Universitätsklinikum Southampton im Vereinigten Königreich teilten diese Sorge um den Vitamin D-Mangel und brachten diese kürzlich in einer Rezension in der Fachzeitschrift Current Opinion in Pediatrics zum Ausdruck. Sie verbanden den Mangel mit Zerebralparese, Knochenschäden und Fettleibigkeit. Allerdings gibt es auch gegenteilige Meinungen. Manche Wissenschaftler glauben, dass die zusätzliche Aufnahme von Vitamin D schädlich ist. Das Problem ist, dass zur Rolle von Vitamin D unterschiedliche Ansichten herrschen: während es allgemein akzeptiert wird, dass Vitamin D für die Gesundheit der Knochen sehr wichtig ist, ist noch nicht sicher, welche weiteren Vorteile es bringt. Im November 2011 veröffentlichte das Institute of Medicine (IOM) in den USA einen Bericht, der besagt, dass der Blutspiegel von Vitamin D nicht so hoch sein muss, wie viele Wissenschaftler plädieren. In diesem Bericht wird außerdem vor hohen Dosen dieses Vitamins gewarnt, da diese tatsächlich schaden könnten. Der Beratende Wissenschaftliche Ausschuss für Ernährung (Scientific Advisory Committee on Nutrition, SACN) im Vereinigten Königreich stellt fest, dass es einige Hinweise darauf gibt, dass Vitamin D zur Verhinderung anderer Erkrankungen wie Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Multiple Sklerose beitragen könnte. Doch weitere Forschung sei notwendig, bevor endgültige Schlussfolgerungen gezogen werden könnten. Das Wissen über Vitamine in der Nahrung, und heute durch ihre Wiedergeburt in Nahrungsmittelergänzungen, ist zu einem alltäglichen Bestandteil unseres Lebens geworden, aber wie wurden Vitamine entdeckt? Die Vitamine B, C und D wurden alle im Rahmen der Forschung zu Krankheiten entdeckt, die zwischen dem 18. und 20. Jahrhundert die Menschheit belasteten: Beriberi, Skorbut und Rachitis. Im Laufe der Zeit realisierten die Ärzte, dass diese Krankheiten durch bestimmte Nahrungsmittel verhindert werden könnten. Daher wurden diese krankheitsvorbeugenden Verbindungen gereinigt und analysiert und es wurde eine neue Klasse von Nährstoffen eingeführt, die für die menschliche Gesundheit unverzichtbar ist. Bei Vitamin D wissen die Wissenschaftler, dass unser Körper dieses selbst herstellen kann. Wir sind dabei nicht vollständig auf Nahrungsmittel angewiesen. Ist unsere Haut den ultravioletten Strahlen der Sonne ausgesetzt, kann unser Körper in einem komplexen Verfahren ausreichend Vitamin D produzieren. Eine unzureichende Vitamin D- Reserve kann zu Krankheiten wie Rachitis führen. Dies ist eine besonders verheerende Krankheit, die sich durch Muskelkrämpfe, Krampfanfälle und weich Knochen bemerkbar macht und zu Deformationen führt. Rachitis wurde im 17. Jahrhundert zunächst als eine seltene Erkrankung identifiziert. Doch im späten 18. Jahrhundert trat sie gehäufter auf, da die Menschen mehr zu Hause zu blieben und in großen, Smog-gefüllten Städten mit geringer Sonneneinstrahlung lebten. Obwohl Kinder in Europa meist nicht mehr unter Rachitis leiden, warnen heute die Mediziner davor, dass dieser Zustand wieder auf dem Vormarsch ist. Doch mitten in all diesem Gerede von Rachitis und sinkenden Temperaturen, die bis ins 19. Jahrhundert in Europa der industriellen Revolution zurückgehen, was wird in der wissenschaftlichen Unsicherheit geraten? Wie können wir im Sommer das Gleichgewicht halten zwischen den krebserregenden Strahlen der Sonne und der Aufnahme einer wohltuenden Dosis UV-Licht? Im Hinblick auf den Sonnenschein, muss man sich ausreichend sonnen, ohne zu verbrennen. Doch bis die Sonne wieder über Europa scheint, ist die Botschaft in Bezug auf Vitamin D und Gesundheit im Winter: sich informieren, warm halten und vor allem mit dem Arzt darüber sprechen, welche Art von ausgewogener Ernährung oder Vitamin D-Präparaten sich am besten für Sie und Ihre Kinder eignen.Weitere Informationen erhalten Sie hier: National Health Service (UK) Vitamin D advice sheet: http://www.nhs.uk/Conditions/vitamins-minerals/Pages/Vitamin-D.aspx
Länder
Frankreich, Vereinigtes Königreich