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Inhalt archiviert am 2023-03-16

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Regenwälder im Norden? - Ja, es gibt sie!

Wenn wir an Regenwälder denken, suchen wir diese normalerweise nicht in extremen nördlichen Gefilden. Aber in Wirklichkeit sind Regenwälder auch in nördlichen Regionen zu finden, wo die Temperaturen weit unter denen der äquatorialen Zone liegen, wo ihre tropischen Pendants wac...

Wenn wir an Regenwälder denken, suchen wir diese normalerweise nicht in extremen nördlichen Gefilden. Aber in Wirklichkeit sind Regenwälder auch in nördlichen Regionen zu finden, wo die Temperaturen weit unter denen der äquatorialen Zone liegen, wo ihre tropischen Pendants wachsen. Und obwohl man dort nur schwerlich bunte Vögel oder Affen durch die Bäume schwingen sieht, sind diese Wälder genauso vielfältig wie ihre südlichen Verwandten und genauso gefährdet. In einer neuen Studie, die in der Fachzeitschrift Molecular Genetics veröffentlicht wurde, haben norwegische Forscher diese genetische Vielfalt untersucht, die in den verbleibenden Fragmenten dieser nördlichen Regenwälder enthalten ist. Die Biologin Olga Hilmo von der norwegischen Universität für Wissenschaft und Technologie (NTNU) sagt, dass diese fantastische Vielfalt "vor uns versteckt liegt" und kann in den Organismen, die die Äste in langen Ranken aus grünem Tuch bedecken oder auf Rinden und Felsen als grüne und graue krustige Flecken grün oder grau wachsen, entdeckt werden. Bei diesen Flechten handelt es sich tatsächlich um zwei oder mehr Arten, die in Symbiose zusammen leben. Dabei stellt ein Pilz die Struktur und eine Alge liefert die Nährstoffe. Die Studie zeigt, dass es bei einer Flechtenart, der Lungenflechte, die auf dem gleichen Baum wächst, eine extrem große genetische Vielfalt gibt. Die Lungenflechte ist rückläufig und gehört in vielen Teilen Europas zu den vom Aussterben bedrohten Arten. Aus der Studie folgt, dass die genetische Vielfalt bestehen bleiben kann, selbst wenn die betreffenden Arten nur in winzigen Fragmenten eines einst reichlichen Lebensraums, wie den nördlichen Regenwäldern, zu finden sind. Die Flechten vermehren sich meist vegetativ, was bedeutet, dass sie sich über kleine Teilchen verbreiten. Jedes Teilchen, wenn es zu einer günstigen Stelle geweht wird oder dorthin fällt, ist in der Lage, eine neue Pflanze zu bilden, die mit seiner "Mutter"-Pflanze genetisch identisch ist. Da diese kleinen Fragmente etwa die Größe groben Zuckers haben und relativ schwer sind, würde man nicht erwarten, dass sie sich sehr weit verbreiten. Man würde erwarten, dass Flechten, die auf demselben Baum wachsen, genetisch sehr ähnlich sind. Aber die Forschungsgruppe hat herausgefunden, dass dies nicht der Fall ist. Das bedeutet, dass Populationen von Lungenflechten entweder sehr alt oder dass sie eine gut funktionierenden Verbreitungsmechanismus haben. Umgekehrt zeigen die Ergebnisse auch, dass Lungenflechten in benachbarten Regenwaldfragmenten ziemlich ähnlich sind. Und obwohl diese Fragmente borealen Regenwaldes vielleicht etwas weit auseinander liegen, gibt es eindeutig eine Art von Verbindung zwischen ihnen, die es der Lungenflechte ermöglicht, genetisches Material mit seinen Nachbarn zu teilen. "Es scheint eine begrenzte genetische Differenzierung zwischen den verschiedenen Populationen von Lungenflechten zu geben, was bedeutet, dass ein gewisser genetischer Austausch zwischen den verschiedenen Fragmenten des Regenwaldes stattgefunden haben muss", sagt Olga Hilmo. Norwegens boreale Regenwälder sind wie kleine Inseln in einem Meer von gepflanzten Wäldern und abgeernteten Flächen. Weniger als 1% der bewirtschafteten Waldfläche in Namdalen, einem Gebiet in Zentral-Norwegen mit einigen der weltweit nördlichsten borealen Regenwälder, ist immer noch die Heimat dieses seltenen Lebensraums. Hier können die jährlichen Niederschlagsmengen bei 1.350 mm liegen, und es regnet im Durchschnitt etwa 230 Tage im Jahr. Daher herrscht dort eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit und die Baumkronen trocken selten aus - wodurch ein einzigartiger Lebensraum für Feuchtigkeit liebende Arten wie Lungenflechten entsteht. Trotz dieser günstigen Wachstumsbedingungen gibt es im Wesentlichen keine unberührten borealen Regenwälder in Norwegen mehr. Nachdem sich die Praktiken des Holzschlags in Norwegen nach dem Zweiten Weltkrieg veränderten, wurde auch das von natürlichen borealen Regenwäldern bedeckte Gebiet reduziert. "All diese Wälder sind durch Holzschlag auf die eine oder andere Weise gefährdet. Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es einen selektiven Holzeinschlag, aber nach dem Zweiten Weltkrieg ging man zum Kahlschlag über. Die meisten natürlichen Bestände liegen in Schluchten, in denen der Holzschlag zu schwer ist," so Olga Hilmo. Die gute Nachricht ist, dass Arten wie die Lungenflechte es geschafft haben, in diesen kleinen Fragmenten eine hohe genetische Vielfalt zu erhalten. Der Holzschlag um diese herum scheint keine negativen Auswirkungen auf die Reste des Regenwalds zu haben. Aus diesem Grund hoffen Hilmo und ihre Kollegen, dass Förster und Holzfäller in Norwegen Wege finden, diese Waldreste zu schützen, die wichtige Reservoirs der Vielfalt sind. "Wir müssen viel mehr über die Arten wissen, die in diesen Wäldern wachsen, vor allem über besonders seltene Arten wie die Lungenflechte. Wenn wir gezielte Maßnahmen etablieren wollen, um diese Arten zu schützen, müssen wir viel mehr über sie wissen, und zwar sowohl in Bezug auf ihre Ökologie und als auch auf ihre Populationsbiologie", so Olga Hilmo. "Diese Wälder sind fantastisch, überall liegen bemooste Stämme und Flechten wachsen auf Baumstämmen und Ästen und andere hängen wie Bärte von den Bäumen herab. Es ist faszinierend und schön. Jedem sollte es möglich sein, einen Regenwald wie diesen zu erleben, vor allem wenn es regnet."Weitere Informationen finden Sie unter: The Norwegian University of Science and Technology (NTNU): http://www.ntnu.edu/(öffnet in neuem Fenster)

Länder

Norwegen