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Inhalt archiviert am 2023-03-16

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Recycling à la Steinzeit

Vor 50 000 bis 10 000 Jahren, mitten in der Altsteinzeit im Jungpaläolithikum, sah die Welt mit Sicherheit nicht so aus, wie wir sie heute kennen. Der amerikanische Kontinent wurde gerade besiedelt, indem die Menschen die Beringlandbrücke überschritten, dort, wo sich in unsere...

Vor 50 000 bis 10 000 Jahren, mitten in der Altsteinzeit im Jungpaläolithikum, sah die Welt mit Sicherheit nicht so aus, wie wir sie heute kennen. Der amerikanische Kontinent wurde gerade besiedelt, indem die Menschen die Beringlandbrücke überschritten, dort, wo sich in unserer Zeit 53 Kilometer Beringstraße zwischen Russland und den Vereinigten Staaten erstrecken. Die Gesellschaften bestanden aus Jägern und Sammlern und mit dem Aufkommen verschiedener Werkzeuge aus Stein, angepasst an verschiedene Umgebungsbedingungen, begannen sich auch regionale Identitäten herauszubilden. Wie es nun scheint, begannen die Menschen damals auch schon mit dem Recycling. Die Erkenntnis, dass die Menschen des Jungpaläolithikums ihre Steinartefakte erneut nutzten und anderen Verwendungszwecken zuführten, ergab sich aus einer Studie der Universität Rovira i Virgili und des katalanischen Institute of Human Paleoecology and Social Evolution (IPHES). Die Schlussfolgerung der Untersuchung basierte auf gebrannten Artefakten, die an der Ausgrabungsstätte Molí del Salt in Tarragona, Spanien, gefunden wurden. Da es schwierig ist, derartige Praktiken bei archäologischen Funden nachzuweisen, hat man sich bislang kaum dem Thema des Recyclings von Steinwerkzeugen in prähistorischer Zeit gewidmet. Wie nun allerdings die im Journal of Archaeological Science veröffentlichte Studie zeigt, ist es doch möglich, einige Beweise zu finden. "Um eine erneute Wiederverwendung nachzuweisen, muss man die zwei Stufen der Manipulation an einem Objekt unterscheiden können: den Zeitpunkt, bevor es verändert wird, und den Zeitpunkt danach. Beide sind durch einen Zwischenraum getrennt, in das Artefakt in irgendeiner Form verändert wurde. Hier wurde erstmals eine systematische Untersuchung dieser Art durchgeführt", erklärt Manuel Vaquero, Forscher an der Universität Rovira i Virgili. Die Archäologen hatten einen hohen Prozentsatz verbrannter Überreste an der Ausgrabungsstätte Molí del Salt (Tarragona) entdeckt, die sie auf das Ende des Jungpaläolithikums vor ungefähr 13 000 Jahren datieren konnten. "Wir haben uns für diese verbrannten Artefakte entschieden, da diese uns auf recht einfache Weise mitteilen, ob sie, nachdem sie dem Feuer ausgesetzt waren, noch verändert wurden", so der Forscher weiter. Die Resultate weisen nach, dass das Recycling von Werkzeugen im Jungpaläolithikum durchaus normal war. Diese Praktik ist jedoch nicht auf die gleiche Weise wie andere Arten von Artefakten dokumentiert. Der Einsatz recycelter Werkzeuge war bei häuslichen Tätigkeiten üblicher und scheint mit unmittelbaren Bedürfnissen im Zusammenhang zu stehen. Die Wissenschaftler erkannten, dass spezielle Werkzeuge wie man sie etwa für die Jagd brauchte, zum Beispiel Geschossspitzen, fast nie aus recycelten Artefakten hergestellt wurden. Artefakte mit doppelter Funktion (die zwei Werkzeuge in einem Gegenstand vereinen) wurden im Gegensatz dazu öfter erneut verwendet. "Hier zeigt sich, dass ein großer Teil dieser Werkzeuge nicht von vornherein als Doppelartefakte gedacht waren, sondern zuerst ein einzelnes Werkzeug und später ein zweites angefertigt wurde, wenn das Artefakt recycelt wurde", erläutert der Forscher. Die Historie von Artefakten und die Reihenfolge von Veränderungen, denen sie im Lauf der Zeit unterzogen wurden, tragen grundlegend zum Verständnis ihrer endgültigen Morphologie bei. Vaquero zufolge ist dies "in Bezug auf die Objekte vom kulturellen Standpunkt aus betrachtet besonders in Perioden wie dem Jungpaläolithikum am allerwichtigsten, von der man annimmt, dass, je schärfer das Objekt, um so schärfer auch der Verstand ausgeprägt war." Die Wiederverwendung von Ressourcen bedeutet, dass sich die Menschen des Jungpaläolithikums nicht auf den Weg machten, um Rohstoffe zur Herstellung ihrer Werkzeuge zu suchen. Die Erfüllung dieser Aufgabe hätte sie durchaus weit weg von ihrem Lager führen können. "Sie nahmen einfach ein zurückgelassenes Artefakt von den Gruppen, die zuvor diesen Ort bewohnten." "Dem Ganzen kommt auch ökonomische Bedeutung zu, da auf diese Weise - besonders in Zeiten der Knappheit - mehr Steinressourcen zur Verfügung standen. Überdies ist es ein relevanter Faktor bei der Interpretation von Ausgrabungsstätten, da sie somit nicht nur Orte zum Leben, sondern auch Orte waren, an denen Ressourcen vorkamen", erklärt der Forscher. Vaquero und das Team gehen davon aus, dass diese Praktik bei der Analyse der Fundstätte im Auge behalten werden muss. "Die Bewohner dieser Gegenden könnten Objekte von dort mitgebracht haben, wo sie ursprünglich lebten. Und sie könnten sogar gegraben oder auf der Suche nach Werkzeugen Sedimente beseitigt haben", wie er hinzufügt.Weitere Informationen unter: Universitat Rovira i Virgili: http://www.urv.cat/en_index.html Journal of Archaeological Science: http://www.journals.elsevier.com/journal-of-archaeological-science/

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