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Inhalt archiviert am 2023-03-16

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Größte randomisierte europäische Studie bestätigt Unwirksamkeit von Antibiotika bei Husten

Eine europäische Studie mit 2.061 Erwachsenen mit einer Infektion der unteren Atemwege (LRTI) belegt, dass das Verordnen des Antibiotikums Amoxicillin für die Milderung der Symptome selbst bei älteren Patienten nicht wirksamer ist als der Verzicht auf jegliche Medikamenteneinn...

Eine europäische Studie mit 2.061 Erwachsenen mit einer Infektion der unteren Atemwege (LRTI) belegt, dass das Verordnen des Antibiotikums Amoxicillin für die Milderung der Symptome selbst bei älteren Patienten nicht wirksamer ist als der Verzicht auf jegliche Medikamenteneinnahme. Diese Ergebnisse aus der größten randomisierten, Placebo-gestützten, kontrollierten Antibiotikastudie für akute unkomplizierte LRTI wurden in der Fachzeitschrift Lancet Infectious Diseases veröffentlicht. Finanziert wurde das Projekt GRACE (Genomics to Combat Resistance against Antibiotics in Community-acquired LRTI in Europe) mit 11,5 Mio. EUR unter dem Themenbereich "Lebenswissenschaften, Genomik und Biotechnologie für die Gesundheit" des Sechsten Forschungsrahmenprogramms der EU (RP6). Zusätzliche Mittel kamen vom National Institut for Health Research (NIHR) im Vereinigten Königreich, Ciber de Enfermedades Respiratorias (CIBERES) in Barcelona, Spanien, sowie von der Research Foundation Flanders (FWO) in Belgien. Professor Paul Little von der Universität Southampton im Vereinigten Königreich und Leiter der Forschungsstudie erklärt: "Die Patienten, die Amoxicillin erhielten, erholten sich nicht wesentlich schneller und hatten auch nicht deutlich weniger Symptome. Die Einnahme von Amoxicillin zur Behandlung von Atemwegserkrankungen bei Patienten ohne Verdacht auf Lungenentzündung erwies sich somit als wenig hilfreich und sogar schädlich. Die übermäßige Einnahme von Antibiotika (die hauptsächlich von Hausärzten verschrieben werden), insbesondere wenn sie unwirksam sind, kann zu Nebenwirkungen (z. B. Durchfall, Hautausschlag, Übergeben) und der Entwicklung einer Resistenz führen." Husten, der mit Symptomen in den unteren Atemwegen einhergeht, ist eine der häufigsten akuten Erkrankungen, die Hausärzte in entwickelten Ländern behandeln. Laut Health Guidance (Gesundheitsrichtlinien) ist der Wunsch nach Behandlung eines gewöhnlichen Schnupfens eine der Hauptursachen für den Arztbesuch, obwohl Ärzte bei dieser Krankheit nur wenig tun können. Man geht davon aus, dass die meisten dieser Infektionen von Viren verursacht werden, und ob Antibiotika bei der Behandlung von LRTI nützlich sind, insbesondere bei älteren Patienten, wird nach wie vor heiß diskutiert. Die bisherigen Forschungen lieferten widersprüchliche Ergebnisse. Hausarztpraxen in 12 europäischen Ländern (Belgien, England, Frankreich, Deutschland, Italien, Niederlande, Polen, Spanien, Slowakei, Slowenien, Schweden und Wales) nahmen an der Studie teil. Die Probanden im Alter von mindestens 18 Jahren wurden zufällig in Gruppen eingeordnet, die sieben Tage lang dreimal täglich entweder Amoxicillin oder ein Placebo unter ärztlicher Beobachtung erhielten. Alle Teilnehmer führten für die gesamte Dauer ihrer Erkrankung, längstens jedoch 28 Tage, ein Tagebuch über ihre Symptome. Jedes Symptom wurde auf einer Skala von 0 bis 6 eingeordnet (wobei 0 für keine Beschwerden und 6 für massive Beschwerden stand). Das Ergebnis der Studie belegte, dass es zwischen den beiden Gruppen nur wenig Unterschiede in der Stärke oder Dauer der Symptome gab. Dies war auch bei älteren Patienten über 60 der Fall, deren Gesundheitszustand allgemein gut war. Die Studie ergab jedoch auch, dass erheblich mehr Patienten in der Placebogruppe neue Symptome entwickelten oder sich bestehende Symptome verschlechterten (19,3 % gegenüber 15,9 %). 30 Personen benötigten eine Behandlung und weitere drei Personen mussten ins Krankenhaus eingewiesen werden (zwei Patienten in der Placebogruppe und eine in der Antibiotikagruppe). Ein überraschender Faktor, den die Studie enthüllte, war, dass die Patienten, die Antibiotika einnahmen, erheblich häufiger über Nebenwirkungen wie Übelkeit, Hautausschlag oder Durchfall berichteten als jene, die ein Placebo bekamen (28,7 % gegenüber 24 %). Professor Little dazu: "Unsere Ergebnisse zeigen, dass die meisten Menschen besser auf eine Behandlung verzichten sollten. Da jedoch ein paar wenige Patienten von einer Behandlung mit Antibiotika profitieren, bleibt es eine Herausforderung herauszufinden, auf welche Personen dies zutrifft." Philipp Schuetz von der Universität Basel in der Schweiz schreibt in einem verlinkten Kommentar: "Professor Little und seine Kollegen haben sehr überzeugende Daten erarbeitet, die Hausärzte dazu ermutigen sollten, von einer Behandlung von Niedrig-Risiko-Patienten, bei denen kein Verdacht auf eine Lungenentzündung besteht, abzusehen. Ob dieser allgemeingültige Ansatz noch weiter verbessert werden kann, muss sich noch zeigen. Rückschlüsse aus der Messung bestimmter Biomarker einer bakteriellen Infektion im Blut, z. B. Procalcitonin, können bei der Erkennung der wenigen Personen, die trotz einer offensichtlich nicht bestehenden Lungenentzündung von einer Behandlung mit Antibiotika profitieren würden, helfen und schädliche Nebenwirkungen und Kosten dieser Medikamente sowie die Entwicklung einer Resistenz bei anderen Patienten vermeiden."Weitere Informationen sind abrufbar unter: The Lancet Infectious Diseases: http://press.thelancet.com/LRTI.pdf Universität Southampton: http://www.southampton.ac.uk/ Health Guidance: http://www.healthguidance.org/entry/6809/1/Some-Interesting-Common-Cold-Statistics.html

Länder

Vereinigtes Königreich

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