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Inhalt archiviert am 2023-03-20

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Erdrutsche voraussagen

Erdrutsche passieren in vielen verschiedenen geologischen und ökologischen Umgebungen in ganz Europa. Das Bevölkerungswachstum und die Ausdehnung von Bauaktivitäten in erdrutschgefährdeten Gebieten haben zu einem erhöhten Risiko geführt, welches durch extreme Regenfälle, die a...

Erdrutsche passieren in vielen verschiedenen geologischen und ökologischen Umgebungen in ganz Europa. Das Bevölkerungswachstum und die Ausdehnung von Bauaktivitäten in erdrutschgefährdeten Gebieten haben zu einem erhöhten Risiko geführt, welches durch extreme Regenfälle, die aufgrund des Klimawandels in Zukunft erwartet werden, noch erhöht wird. Bis jetzt haben Experten Karten verwendet, auf denen die gefährdeten Bereiche markiert sind, um die Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Neigung, sich zu einem Erdrutsch zu entwickeln, zu bestimmen. Aber diese Karten decken nur einen bestimmten Zeitpunkt ab und berücksichtigen nicht das aktuelle Wetter. Regen ist unter diesen atmosphärischen Faktoren der gefährlichste. Kommen Hänge ins Rutschen, können Menschen schwer oder gar tödlich verletzt werden. Deshalb wird ein Frühwarnsystem entwickelt, das unter dem Namen ELDEWAS erstmals geologische Daten mit aktuellen Wettervorhersagen koppelt und im Bedarfsfall konkrete Warnungen ausgibt. ELDEWAS steht für "Early Landslide Detection and Warning System". Entwickelt wird es von Forschern des Fraunhofer-Instituts für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB in Karlsruhe. Dieses Frühwarnsystem koppelt dynamische Wetterinformationen und -vorhersagen mit den statischen Daten über die Region, etwa Höhenprofile, Hangneigungen, Landnutzung - und gibt im Gefahrenfall eine Frühwarnung aus. Das Frühwarnsystem ELDEWAS gehe Hand in Hand mit dem EU-Projekt INCA-CE, in dem Forscher daran arbeiten, die kurzfristige Wettervorhersage, das ‚Nowcasting‘, zu verbessern, laut Dr. Oliver Krol, Wissenschaftler am IOSB. Während übliche meteorologische Daten meist nur stündlich aktualisiert werden und ein räumliches Raster von zehn Kilometern zeigen, sagen die Experten das Wetter im Projekt INCA-CE in 15-minütigen Abständen und auf einen Kilometer genau vorher. Das Frühwarnsystem für Erdrutsche entwickeln die Forscher zunächst für das österreichische Burgenland; das regionale Sicherheitszentrum stellt dafür alle benötigten Daten zur Verfügung. Wie steil sind welche Hänge? Wie ist der jeweilige Boden beschaffen, besteht er aus Sand, Lehm oder Fels? Wie wird das Land genutzt, wo sind Befestigungen, Häuser oder Straßen, wo Wald oder Wiese? Diese langfristig gleichbleibenden Parameter verknüpfen die Forscher mit den sich ständig ändernden Wetterdaten. Diese erhalten sie online vom Österreichischen Wetterdienst ZAMG, der auch am Projekt INCA-CE teilnimmt. Das INCA-CE Projekt wird über das durch EFRE kofinanzierte Programm Central Europe umgesetzt. Sein Schwerpunkt liegt auf der Weiterentwicklung und Verbreitung der Software INCA, die von der Österreichischen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) entwickelt wurde. Ein erster Praxistest ist im Frühjahr geplant, dann wollen die Forscher erstmals aktuelle Wetterdaten in ihrem Frühwarnsystem berücksichtigen. Im Herbst soll der Prototyp fertig sein. Die Software lässt sich dann natürlich auch in anderen Ländern und Gegenden einsetzen«, sagt Krol. Das eigentliche Ziel: Das System soll im Hintergrund die Lage fortwährend analysieren und bei Gefahr selbstständig eine Warnung mit den entsprechenden Koordinaten und dem dort zuständigen Ansprechpartner ausgeben. Dieser soll automatisch per SMS vor dem drohenden Ereignis gewarnt werden, so dass er entsprechende Maßnahmen einleiten kann - beispielsweise die Bevölkerung evakuieren und das Gebiet absperren. Bis dahin warten jedoch noch einige Herausforderungen auf die Forscher: Etwa die Online-Wetterdaten in das System einzubinden und die erhaltenen Daten zu bewerten. "Die meiste Arbeit liegt sicherlich in der Beantwortung der Frage: Ab welchen Werten ist ein Zustand kritisch? Während feste Schwellenwerte nur ein Ja oder Nein als Antwort erlauben und nur den Worst Case abdecken, setzen wir auf eine Beschreibung mittels Fuzzy-Logik", erläutert Krol. "Wir weichen also die Schwellenwerte der unterschiedlichen Einflussgrößen auf und können diese miteinander verknüpfen. So erreichen wir eine möglichst realistische Risikobewertung." Man stelle sich vor wie der Regen sintflutartig auf die bereits völlig aufgeweichte Erde prasselt. Flüsse treten über die Ufer, Anwohner schleppen Sandsäcke, um sich vor dem steigenden Wasserpegel zu schützen. Und auch in bergigen Landschaften bangen die Menschen: In Hanglagen kann die durchnässte Erde leicht abrutschen und Autos und Häuser unter sich begraben. Dank dieser Innovation könnte vor diesen Katastrophen rechtzeitig gewarnt, Schaden könnte gemindert und Menschenleben gerettet werden.Weitere Informationen finden Sie unter: Fraunhofer-Institut für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung IOSB http://www.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/2013/Maerz/hangrutsche-praezise-vorhersagen.html