Biomasse: Herausforderung in Sachen Nachhaltigkeit
Biomasse deckt rund die Hälfte unseres gesamten Verbrauchs an erneuerbaren Energien ab und wird voraussichtlich auch zur Hälfte zum Erreichen des EU-2020-Ziels für erneuerbare Energie beitragen. Da sich die politische Diskussion über die Sicherheit der Energieversorgung immer mehr anheizt, wird Biomasse als Primärbrennstoff angesehen, der Erdgas und Fernwärme ersetzen soll. Aber wie nachhaltig ist das? Wissenschaftliche Experten, Politiker sowie Vertreter von Nichtregierungsorganisationen und aus der Industrie haben sich dieser Frage auf der jüngsten Konferenz der European Biomass Association (AEBIOM) in Brüssel angenommen. Der Unterschied zwischen Biomasse und fossilen Energieträgern ist zeitlich einzuordnen. Dem Biomasse-Energiezentrum (Biomass Energy Centre) zufolge kann Biomasse als Teil einer sich ständig erneuernden Kulturpflanze geerntet werden. Dadurch wird ein geschlossener Kohlenstoffkreislauf ohne Nettozunahme der atmosphärischen CO2-Konzentration erhalten. Jedoch ist es möglich, dass die Vision eines geschlossenen Kohlenstoffzyklus für Biomasse nicht immer erreicht wird. Außerdem geht die Frage der Nachhaltigkeit über die CO2-Emissionen hinaus - sie umfasst auch weitere Bedenken wie Biodiversität und Ernährungssicherheit. Auf der AEBIOM-Konferenz bekräftigten die Vertreter der Europäischen Kommission die Schlussfolgerung der Kommission, dass die Einführung verbindlicher Nachhaltigkeitskriterien für feste Biomasse und Gas nicht nötig sei, um die Ziele für 2020 zu erreichen. Giulio Volpi, GD Energie, bemerkte: "Die Risiken unbeabsichtigter Umweltauswirkungen [durch Biomasse] können durch bestehende oder neue EU-Maßnahmen in anderen Bereichen, nicht speziell aus dem Energiebereich, bewältigt und minimiert werden ... Es gibt ein großes Potenzial für Biomasse, das ausgenutzt werden muss, und wir müssen dafür sorgen, dass der politische Rahmen für Biomasse unterstützend wirkt." Nachhaltigkeit bleibt jedoch eine deutliche Herausforderung für die Branche. Peter Wilson von Sustainable Biomass Partnership (SBP), einer Brancheninitiative, wies auf die unzureichende Aufnahme von bestehenden Nachhaltigkeitskonzepten (FSC und PEFC) in wichtigen Bereichen der Forstwirtschaft hin. Er präsentierte den kommenden Referenzrahmen für Biomasse (Biomass Assurance Framework) der SBP als eine "überbrückende Lösung", die eine Reihe von Standards und Prozesse bietet, mit denen Unternehmen dieses Sektor die Einhaltung der gesetzlichen, regulatorischen und Nachhaltigkeitsanforderungen anhand eines vorhandenen Mechanismen demonstrieren können. Uwe Fritsche vom Internationalen Institut für Nachhaltigkeitsanalysen und -strategien (International Institute for Sustainability Analysis and Strategy, IINAS) lieferte die wissenschaftliche Perspektive und führte eine Palette von Fragen an, mit denen wir uns befassen müssen, wenn wir uns in eine Bioökonomie transformieren wollen, in der Biomasse ein wichtiges Element ist. Hierzu gehören: Treibhausgasemissionen aus Landnutzungsänderung und Kohlenstoffbestandsänderungen; Biodiversitätsprobleme bei der Umwandlung von Grasland, Feuchtgebieten und Torfmooren, Nahrungsmittelsicherheit und die Fragen des Landbesitzes und Versauerung der Böden. Fritsche wies auch auf das "Kraftstoffproblem" hin. Er stellte fest: "Je mehr Bioenergie wir handeln und je mehr Waldprodukte wir verwerten, desto größer ist auch das Risiko, dass wir vielleicht etwas von dem Brennstoff beanspruchen, der die notwendige Lebensgrundlage für viele Menschen auf dieser Erde bildet." IINAS arbeitet derzeit mit der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU (JRC), der Europäischen Umweltagentur (EUA) und anderen zusammen, um die neuesten wissenschaftlichen Bedürfnisse hinter diesen Fragen zu berücksichtigen. Fritsche wies darauf hin, dass Gespräche über die mögliche Entwicklung einer Matrix laufen, welche die Risiken der Treibhausgasauswirkungen bei der Verwendung von Waldprodukten identifiziert. Das IINAS ist auch an einem der vielen EU-finanzierten Projekte beteiligt, welches das Potenzial und die Nachhaltigkeit von Biomasse erkundet. S2BIOM will die Nachhaltigkeit der Biomasse-Lieferkette verbessern. Das S2BIOM-Team, das im September 2013 ins Leben gerufen wurde, wird die optimalen Biomasselieferketten und Strategien entwerfen und bewerten, um die nachhaltige Versorgung mit Biomasserohstoffen auf lokaler, regionaler und gesamteuropäischer Ebene zu unterstützen.Weitere Informationen sind abrufbar unter: AEBIOM European Bioenergy Conference 2014 http://www.aebiom.org/conference/(öffnet in neuem Fenster) S2BIOM http://www.s2biom.eu/(öffnet in neuem Fenster)