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Inhalt archiviert am 2023-04-13

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Wissenschaft im Trend: So sahen unsere früheren Cousins aus

Wissenschaftler bieten einen ersten Blick auf das Gesicht der lange verschollenen, mit dem Menschen verwandten Gattung Denisovans.

Wenn wir an den Neandertaler denken, haben wir aufgrund zahlreicher Funde in ganz Europa und Asien alle eine klare Vorstellung davon, wie dieser aussah. Unter Verwendung von DNS enthüllen israelische Wissenschaftler jetzt das äußere Erscheinungsbild des Denisovans – einem Cousin des Neandertalers, der vor etwa 50 000 Jahren ausstarb. Vor rund 100 000 Jahren lebte der Denisovans Seite an Seite mit dem Menschen und es gab sogar eine Vermischung beider Gattungen. Die Existenz des Denisovans wurde erst vor Kurzem entdeckt und der Grund für sein Aussterben ist ein Rätsel. Über das Leben des Denisovans ist nur sehr wenig bekannt, da sich die einzigen Überreste, die vor knapp einem Jahrzehnt ausgegraben wurden, auf drei Zähne, den Knochen eines kleinen Fingers und einen Unterkiefer belaufen. Laut einem Bericht in der Fachzeitschrift „Cell“ hat ein Forscherteam das Skelett des raren Denisovans aus DNS rekonstruiert, die im Knochen eines kleinen Fingers von einem 13-jährigen Mädchen gefunden wurde, das vor 50 000 Jahren starb. Das Team verbrachte drei Jahre mit der Untersuchung der Muster von chemischen Veränderungen in der prähistorischen DNS des Denisovans. „In vielen Dingen ähnelte der Denisovans dem Neandertaler, in manchen Merkmalen ähnelte er aber uns und in anderen Dingen war er einzigartig“, berichtete der Autor der Studie Liran Carmel, Professor für Genetik an der Hebräischen Universität Jerusalem, der „BBC“. „Der Unterkiefer wurde angekündigt und wir waren sehr darauf gespannt, wie er sich einfügte. Es war eine Art unabhängige Bestätigung unserer Methode.“ Prof. Carmel fügte hinzu: „Es handelte sich um Menschen, die uns sehr ähnlich waren, sodass die Hervorhebung der Unterschiede zwischen uns entscheidend ist, um zu verstehen, was uns zum Menschen macht und was möglicherweise der Grund für unsere Anpassung an die Welt war.“

Das Aussehen des Denisovans

Die Rekonstruktion basierte auf einer komplexen DNS-Analyse von Denisovans, Neandertaler, Schimpanse und Mensch. Die Forscher ermittelten 56 Unterschiede zwischen dem Denisovans und dem modernen Menschen, 34 davon im Schädel. Es wurde eine bahnbrechende Technologie entwickelt, um die alte DNS und die entsprechende Genaktivität zu entschlüsseln. Das Endergebnis war eine Nachbildung des Denisovans-Skeletts, das aussieht, als könne es von einem modernen Menschen stammen. Der Denisovans ähnelt dem Neandertaler mehr als der Mensch, was aufgrund der evolutionären Nähe nachvollziehbar ist. Doch manche der Merkmale waren einzigartig. Zu diesen Merkmalen zählt eine gewölbte Stirn, ein langes Gesicht und ein großes Becken, ein sehr breiter Schädel und ein großer Zahnbogen. Laut dem Team hat die Rekonstruktion eine Präzision von 85 %. Zur Verbesserung der Präzision ist die Entdeckung weiterer Denisovans-DNS erforderlich. Im Gespräch mit der „CNN“ erklärte der Leiter der Studie David Gokhman, derzeit Postdoktorand an der Universität im kalifornischen Stanford: „Hierdurch erhalten wir eine Prognose dazu, welche Skelettteile durch die differenzielle Regulierung jedes Gens beeinflusst sind und in welche Richtung sich das Skelettteil verändern würde – z. B. zu einem längeren oder kürzeren Oberschenkelknochen.“ „Das Studium der Denisovans-Anatomie kann uns über die Anpassung, die evolutionären Beschränkungen, die Entwicklung, die Gen-Umwelt-Interaktionen und die Krankheitsdynamik des Menschen aufklären“, lautet das Fazit von Prof. Carmel. „Im generelleren Sinne ist diese Arbeit ein Schritt in die Richtung der Fähigkeit, die Anatomie einer Person aus ihrer DNS abzuleiten.”

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