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Innovative Coarsening-resistant Alloys with enhanced Radiation tolerance and Ultra-fine -grained Structure for aerospace application

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Auf nanoskalige Körner ausgerichtete Rechenleistung ermittelt Hochleistungslegierungen für Weltraumanwendungen

Das Ingenieurwesen für Luft- und Raumfahrt begleitet heute Missionen, deren Komplexität weit über das Vorhaben von Dädalus und Ikarus hinausgeht, die mit ihrem Flug den Mauern des Labyrinths des Minotaurus entkommen wollten. Ein neuartiges computergestütztes Screening-Instrument mit hohem Durchsatz wird sie bei der Zusammenstellung der hochleistungsfähigen Legierungen, die für ihre Missionen benötigt werden, unterstützen.

Weltraum icon Weltraum

Oberhalb der isolierenden Atmosphäre der Erde sind Satelliten und Raumfahrzeuge äußerst rauen Umgebungen ausgesetzt, in denen extreme Hitze oder Kälte herrscht und schädliche Strahlung auftritt. Um die Integrität von Systemen für die Raumfahrt auf lange Sicht zu gewährleisten und die Sicherheit der Besatzung garantieren zu können, werden fortschrittliche Materialien und entsprechende Herstellungsverfahren benötigt. Angesichts der nahezu unendlich großen Auswahl an Werkstoffen ist eine Weiterentwicklung nur mithilfe der Leistung computergestützter Modellierung möglich. Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts ICARUS wurden numerische Werkzeuge entwickelt, die bei der Zusammenstellung thermodynamisch stabiler nanokristalliner Metalllegierungen unterstützen. Zudem gelang es, deren Nutzen an ausgewählten Materialien, die für einen Einsatz in der Luft- und Raumfahrt geeignet sein könnten, zu demonstrieren.

Die nanokristalline Struktur der Legierungen stabilisieren

Legierungen, also metallische Substanzen, die sich aus zwei oder mehr Elementen zusammensetzen, kommen in der Luft- und Raumfahrtindustrie vielfach zum Einsatz, um die besten Eigenschaften der einzelnen Metalle einfließen zu lassen. Die Vergröberung, führt intuitiv, wie eben die Bildung größerer, gröberer Körner (Kristallite oder winzige Kristalle), zu größeren Poren zwischen den Körnern. Bei der Verwendung nanokristalliner Legierungen muss diese unbedingt berücksichtigt werden. Korngrenzen spielen bei der Vergröberung eine sehr wichtige Rolle, denn sie erhöhen die Gibbs-Energie (G) des Systems. Kornwachstum ist eine Reaktion auf die thermodynamische Triebkraft, der Energieüberschuss soll damit abgebaut werden. Ist die Legierung sinnvoll zusammengestellt, hebt die thermodynamische Stabilisierung die Triebkraft auf und stoppt somit Kornwachstum und Vergröberung.

Screening mit hohem Durchsatz fokussiert die besten Kandidaten

Das Konzept für thermodynamische Stabilisierung ist simpel. Projektkoordinator Nicolas A. Cordero erläutert, warum sich dessen Umsetzung jedoch sehr komplex gestaltet: „Nehmen wir den Fall einer binären Legierung [aus zwei Elementen]. Wählen wir nur zehn interessante Hauptelemente und fünf interessante Nebenelemente aus, ergeben sich 50 mögliche Kombinationen. Möchten wir zehn verschiedene prozentuale Zusammensetzungen untersuchen und für jede unter ihnen die thermische Stabilität bei zehn Temperaturen testen, kommen wir auf 5 000 Systeme und Bedingungen, die experimentell getestet werden müssen!“ ICARUS entwickelte ein Screening-Instrument mit hohem Durchsatz, um dieses Problem zu lösen. ICARUS überwand die Herausforderungen, die bei der Zusammenführung klassischer und statistischer Thermodynamik auftreten, und stellte ein vereinheitlichtes Modell bereit, das die Erforschung der Gibbs-Energie-Oberfläche erlaubt. Dieses kann ermitteln, welche nanokristallinen Legierungen thermodynamisch stabil sind, wobei es sich auf bekannte physikalische und chemische Daten stützt. Nach der Herstellung erster Proben von Legierungen, die geeignet erschienen, konnten das Modell validiert sowie derzeit gebräuchliche Techniken für die Gewinnung nanokristallinen Pulvers und das Sintern stabiler Teile verbessert werden.

Die Innovation von ICARUS nimmt Fahrt auf

Das Screening-Instrument mit hohem Durchsatz von ICARUS wird es dem Ingenieurwesen ermöglichen, nanokristalline Legierungen zu entwickeln, die wichtigen Zielen des beratenden Gremiums für Luftfahrtforschung und Innovation in Europa genügen. Zu diesen zählen ein verbesserter Strahlungswiderstand, der über Selbstheilungsmechanismen erreicht wird, optimierte Wärmebeständigkeit dank hoher Wärmeleitungsfähigkeit sowie eine geringe Wärmeausdehnung und schließlich hohe mechanische Festigkeit, womit die Kombination von geringem Gewicht mit hoher Leistung gelingt. Dies führt zu niedrigerem Brennstoffverbrauch. Die Ergebnisse werden auf zahlreichen Wegen bekannt gemacht, unter anderem über die Seiten sozialer Medien, Videos, Informationsblätter und Poster sowie Newsletter, außerdem bei zwei Workshops, durch die Teilnahme an verschiedenen wissenschaftlichen Konferenzen und mittels wissenschaftlicher Publikationen, die kostenlos zugänglich sind. Cordero fasst zusammen: „ICARUS stellte computergestützte Instrumente bereit, die in der Lage sind, die thermische Stabilität nanostrukturierter Legierungen vorherzusagen und somit einen praktikablen Weg eröffnen, um geeignete Legierungen für eine experimentelle Erprobung herauszufiltern. Nur über dieses Zusammenspiel von Theorie und Experiment ist es möglich, die innovativen Werkstoffe hervorzubringen, die in aktuellen und künftigen Weltraumanwendungen benötigt werden.“ Ein Parallelprojekt, ICARUS-SW, ist nun damit beschäftigt, den Weg für die Nutzung des „ICARUS-Codes“ zu ebnen.

Schlüsselbegriffe

ICARUS, Legierungen, nanokristallin, thermisch, Vergröberung, Korn, Luft- und Raumfahrt, thermodynamisch, computergestützt, Screening mit hohem Durchsatz, Gibbs-Energie, Strahlung, Weltraum, Sintern, Pulver

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