Hirnforschung hilft, unbekannte Aspekte von Sprachstörungen zu verstehen
Sprachstörungen umfassen ein Spektrum verschiedener Kommunikationsbeeinträchtigungen. Dazu zählen Probleme hinsichtlich Sprachverständnis und Sprachproduktion sowie potenzielle Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben. „Störungen wie Legasthenie(öffnet in neuem Fenster) äußern sich oft in einer für die einzelnen Betroffenen spezifischen Art und Weise“, so Craig Richter, Mitglied des OsciLang-Projektteams und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Basque Centre on Cognition, Brain and Language(öffnet in neuem Fenster) (BCBL) in Spanien. „Therapeutische Maßnahmen müssen an die Beeinträchtigung, das Alter und das Kompetenzniveau der jeweiligen betroffenen Person angepasst werden. Das macht die Behandlung von Sprachstörungen ziemlich schwierig.“ Die Gestaltung therapeutischer Maßnahmen wird außerdem durch die Komplexität der an diesen Störungen beteiligten Mechanismen im Gehirn erschwert. „Es wurden erhebliche Fortschritte bei der Ermittlung der wesentlichen Strukturen und Wechselwirkungen erreicht, die der Sprachproduktion und dem Sprachverständnis zugrunde liegen“, sagt Richter. „Die Erfassung der wichtigsten Interaktionen zwischen diesen Systemen und anderen kognitiven Systemen wie Aufmerksamkeit bleibt jedoch weiterhin eine große Herausforderung für die Forschenden.“
Prozesse im Gehirn verstehen
Ziel von OsciLang war es, neue Wege der Unterstützung von Kindern mit Schwierigkeiten beim Lesen und bei der Sprachverarbeitung zu entwickeln. Das Projekt baut auf Forschung auf, die zeigt, wie Gesprächspartner ihre verbalen und nonverbalen kommunikativen Handlungen anpassen, um einander nachzuahmen oder stärker zu ähneln. „Fortlaufende Hirnrhythmen gleichen sich an Rhythmen an, die sich in Sprache zeigen“, erklärt Richter. „Diese Synchronisation wird als Sprachverarbeitung des Gehirns(öffnet in neuem Fenster) bezeichnet. Forschungen haben insbesondere gezeigt, dass diese bei Kindern mit Legasthenie beeinträchtigt ist. Unser Ziel bestand demnach darin, eine Methode zur Förderung der Sprachverarbeitung des Gehirns zu entwickeln.“ Das Team sah in der Nutzung einer Gehirn-Computer-Schnittstelle(öffnet in neuem Fenster) eine Möglichkeit, dies zu erreichen. Über dieses Instrument wird die Hirnaktivität während des Sprechens aufgezeichnet und verarbeitet und anschließend werden diese Informationen in einer einfach zu verstehenden Weise, etwa durch visuelle Anzeige, an den Nutzenden zurückgeleitet. „Wir wollten die elektrische Hirnaktivität während der Sprachverarbeitung aufzeichnen und eine Methode finden, diese Aktivität weiterzuleiten“, ergänzt Richter. Dies könnte neuen Möglichkeiten der Beeinflussung der für das Lesen und Sprechen verantwortlichen Hirnprozesse und der Entwicklung von auf die einzelne Person ausgerichteten therapeutischen Verfahren Türen öffnen. Es wurden Humandaten ausgewertet, die erfasst wurden, während Teilnehmerinnen und Teilnehmer Hörbücher hörten. Diese Auswertungen ermöglichten es dem Team, Stärken und Schwächen verschiedener Methoden der Nachverfolgung und Darstellung der Hirnaktivität zu ermitteln und seine Vorgehensweise für ein bestmögliches Ergebnis entsprechend anzupassen. „Dieser Neurofeedback-Ansatz(öffnet in neuem Fenster), den wir entwickeln, ist ein erheblicher Fortschritt bei der therapeutischen Technologie im Bereich Sprachbeeinträchtigungen“, so Richter. „Er weicht zudem wesentlich von aktuellen therapeutischen Methoden ab.“
Neue Ansätze zur Behandlung von Sprachstörungen
Richter hofft, dass der erzielte Fortschritt schließlich zur Entwicklung kleiner, kostengünstiger und einfach zu bedienender BCI-Systeme führen wird, die in Schulen und Privathaushalten genutzt werden können. „Unsere Hoffnung ist ganz einfach, ein therapeutisches System zur Hilfestellung bei Schwierigkeiten bei der Lese- und Sprachverarbeitung zu finden“, erklärt Richter. „Derzeit sind diese Systeme in der Regel groß, teuer und schwer zu bedienen. Die von uns erzielten Fortschritte bedeuten, dass eine vereinfachte Gehirn-Computer-Schnittstelle schnell Realität wird.“ Die nächsten Schritte werden sein, die wirksamsten Formen der Übermittlung von Feedback an den Nutzenden zu ermitteln und Verbesserungen bei der Sprachverarbeitung des Gehirns zu bewirken. Weitere Verbesserungen könnten auch durch die Vorverarbeitung der elektrischen Aktivität des Gehirns in Echtzeit erreicht werden, um weiter nur die Informationen herauszufiltern, die zur Bestimmung der Sprachverarbeitung erforderlich sind. Die Arbeit des Projekts sollte auch für die akademische Gemeinschaft von Interesse sein. Die Entwicklung von Metriken zur Sprachverarbeitung im Gehirn wird Forschenden einen Einblick geben, wie Sprache verarbeitet wird, und ihnen dabei helfen, ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln.
Schlüsselbegriffe
OsciLang, Legasthenie, Sprache, Sprechen, Gehirn, Gehirn-Computer-Schnittstelle, Sprachverarbeitung im Gehirn, verbal, nonverbal