Neue Erkenntnisse über die Funktionsweise von RNA-Modifikationen
RNA-Modifikationen (mRNAs) sind postsynthetische Veränderungen der chemischen Zusammensetzung von RNA-Molekülen, die deren Funktion oder Stabilität verändern. Ein grundlegendes Verständnis davon, wie diese RNA-Modifikationen funktionieren, könnte neue Wege zur Behandlung von Krankheiten eröffnen. Dies zeigt sich sehr gut am Beispiel der RNA-Methylierung von Adenin. Dabei handelt es sich um eine umkehrbare RNA-Modifikation, die N6-Methyladenosin (m6A) produziert, welches wiederum zahlreiche biologische Prozesse beeinflussen kann. Genauere Erkenntnisse über die Funktionsweise dieser Modifikation könnten wertvoll sein, um Hirntumore und andere Erkrankungen des Nervensystems zu behandeln. Dazu muss jedoch zunächst geklärt werden, worauf m6A abzielt und welche Prozesse durch m6A reguliert werden. Genau dieser Aufgabe widmet sich das EU-finanzierte Projekt EpiMethFly. „Unser Ziel ist es, die Rolle von m6A im Nervensystem und insbesondere während der Entwicklung des Gehirns zu klären und herauszufinden, inwieweit m6A an pathologischen Zuständen wie kognitiven Defiziten und Hirntumoren beteiligt ist“, erklärt Alessandro Quattrone, Forscher an der Universität Trient und Projektkoordinator von EpiMethFly. Die Forschungsarbeit wurde im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen unterstützt. Quattrone betreute die Studie von Alessia Soldano, Doktorandin am Laboratory of Translational Genomics und Marie-Skłodowska-Curie-Einzelstipendiatin.
Die Auswirkungen von m6A auf das Nervensystem
Das Projekt sollte die zentrale Frage klären, wie m6A die Biologie des Nervensystems beeinträchtigt und welche molekularen Mechanismen dafür verantwortlich sind. Um Antworten zu finden, führte Soldano ihre Forschung an der Fruchtfliege Drosophila melanogaster durch. „Da zu Beginn dieses Projekts in unserer Abteilung keine Forschung zu Fruchtfliegen betrieben wurde, musste ich das Modell von Grund auf neu erstellen – auf diese Leistung sind wir besonders stolz“, erklärt Soldano. „Trotz der damit verbundenen Herausforderungen schafften wir es innerhalb weniger Monate, startklar zu sein.“ Durch die zeit- und gewebespezifisch durchgeführte genetische Veränderung der m6A-Maschinerie konnten die Forschenden wichtige Erkenntnisse gewinnen. „Zunächst beobachteten wir, dass m6A während der Entwicklung des Fruchtfliegengehirns benötigt wird, um ein übermäßiges Wachstum von Axonen zu verhindern“, merkt Soldano an. „Anschließend haben wir gezeigt, dass der m6A-Marker die mRNA-Biologie beeinflusst, indem er auf die Interaktion zwischen einem RNA-Bindungsprotein und seinen Ziel-mRNAs einwirkt.“ Laut Soldano ist dieses Protein so wichtig, da sein Gegenstück beim Menschen zu einer weit verbreiteten genetischen Form der mentalen Retardierung mutiert.
Erkenntnisse mit großem Einflusspotenzial
Die Ergebnisse des Projekts EpiMethFly könnten die zukünftige Forschung und Medizin nachhaltig beeinflussen. „Die Bestimmung der genauen Beteiligung von m6A am Axonwachstum und an der Axonsteuerung liefert die Grundlage, um auch die an diesem Prozess beteiligten m6A-Ziele zu identifizieren“, so Soldano. „Diese Ergebnisse könnten auch den Grundstein zur Entwicklung therapeutischer Ziele für diverse neurologische Entwicklungsstörungen legen.“ Soldano befasst sich derzeit mit dem Aufbau einer unabhängigen Forschungsgruppe, um die Arbeit in diesem Feld fortzusetzen. Darüber hinaus bewirbt sie sich gegenwärtig um verschiedene Förderzuschüsse. „Die Förderung durch die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahme hat meine Laufbahn entscheidend vorangebracht“, sagt sie abschließend. „Ich war dadurch in der Lage, ein konkurrenzfähiges Projekt zu entwickeln, das wichtige Erkenntnisse hervorgebracht hat und damit wesentlich zur Forschung in der RNA-Biologie beitragen wird.“
Schlüsselbegriffe
EpiMethFly, RNA, RNA-Modifikation, Nervensystem, Hirntumor, neurologische Entwicklungsstörung, Adenin-Methylierung in RNA, N6-Methyladenosin, m6A, Fruchtfliege