Die starke Kraft und Einfachheit in einem Versteckspiel
Alles, was wir wissen, besteht nur aus zwölf Elementarteilchen, deren Wechselwirkungen von vier fundamentalen Kräften gesteuert werden. Diese Kräfte umfassen die elektromagnetische Kraft, die Gravitationskraft, die starke sowie die schwache Kraft. Sie alle wirken über unterschiedliche Entfernungen und haben unterschiedliche Stärken. Bei den sehr kurzen Abständen zwischen subatomaren Teilchen dominieren die schwachen und starken Kräfte. Die starke Kraft ist von entscheidender Bedeutung für unsere Beschreibung der Quantenwelt als „Klebstoff“, der die Elementarbestandteile im Atomkern zusammenhält. Die Beschreibung erwies sich jedoch als schwierig. Das EU-finanzierte Projekt AFFINITY hat diese Herausforderung angenommen. Mit der Unterstützung der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen hat Lorenzo Bianchi von der Queen Mary University of London die Beschreibung stark gekoppelter Regimes erheblich gestärkt.
Eine Geschichte von zwei Kopplungen
Die Quantenfeldtheorie ist der mathematische und konzeptionelle Rahmen für die zeitgenössische Elementarteilchenphysik. Die jüngste Entdeckung einer Dualität zwischen zwei Quantenfeldtheorien bot eine Brücke zwischen stark und schwach gekoppelten Regimen. Laut Bianchi impliziert „die sogenannte AdS/CFT-Korrespondenz – oder die Dualität zwischen Messgerät und Schwerkraft –, dass gewöhnliche Methoden zur Untersuchung der Schwerkraft bei schwacher Kopplung für den Zugriff auf die Quantenfeldtheorie im stark interagierenden Regime verwendet werden können.“ Bianchi nutzte dieses „Werkzeug“ mithilfe von Formfaktoren, welche die Erzeugung oder Vernichtung von Elementarteilchen beschreiben. Sie bilden die Brücke zwischen mathematischer Theorie und Beobachtung.
Entdeckung versteckter Beziehungen führt zur Vereinfachung
Die Störungstheorie spielt eine wichtige Rolle in der Quantenmechanik. Der Störungsansatz zur Kopplung in Quantenfeldtheorien basiert auf der einfachen Berechnung der Ergebnisse bei Nullkopplung (Teilchenwechselwirkung oder Störung wird als so klein angenommen, dass sie vernachlässigt werden kann). Mit zunehmender Kopplung kann man Ergebnisse höherer Ordnung in der Störung mit immer höherer Genauigkeit berechnen – jedoch mit zunehmender Komplexität. Im nicht störenden Regime wird es schwieriger. Die Quantenchromodynamik (QCD) ist die Quantenfeldtheorie starker Wechselwirkungen. Das nicht störende Regime der Quantenchromodynamik ist äußerst schwer zugänglich. Versteckte Symmetrien können der Schlüssel sein. „In der Teilchenphysik sind die Zwischenschritte einer Berechnung oft viel komplizierter als das Endergebnis. Versteckte Symmetrien bieten bemerkenswerte Vereinfachungen, welche diese Schwierigkeit durch eine effiziente Berechnung überwinden können.“ Das Projekt AFFINITY erwies sich als Quantenfeldtheorie, die einige Eigenschaften mit der Quantenchromodynamik teilt, jedoch eine verbesserte Symmetrie für ein vereinfachtes Verständnis der starken Kraft aufweist.
Störende Ergebnisse in der Störungstheorie
Bianchis erste wegweisende wissenschaftliche Veröffentlichung identifizierte das Vorhandensein einer verborgenen Symmetrie (bezeichnet als duale konforme Symmetrie) in der störenden Struktur von Formfaktoren. Die zweite wissenschaftliche Veröffentlichung lieferte einen Leitfaden, um rekursiv bei der Störerweiterung des Formfaktors für kleine Kopplungswerte immer höhere Ordnungen zu erhalten – ein sowohl grundsätzlich als auch in der Praxis äußerst wichtiges Ergebnis. Er schlussfolgert: „Die Einfachheit der fundamentalen Naturgesetze kann durchaus in einer alternativen mathematischen Formulierung verborgen sein. Unser Ziel als theoretische physikalische Forschende ist das Finden einer Beschreibung, die diese Einfachheit deutlich macht und mit den experimentellen Beweisen übereinstimmt. Einstein hat bekanntlich gesagt, dass Gott nicht würfelt. Er könnte aber Verstecken spielen.“ Bianchi hilft uns, unseren Weg zu finden.
Schlüsselbegriffe
AFFINITY, QFT, starke Kraft, Störung, Symmetrie, Formfaktor, QCD, Quantenfeldtheorie, Quantenchromodynamik, AdS/CFT-Korrespondenz