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Development of a Functionalised Biomaterial Scaffold to Treat Multiple Sclerosis

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Zellträger auf Basis extrazellulärer Matrix kann bei Behandlung von multipler Sklerose helfen

Unter den bestehenden arzneimittelbasierten Therapien für multiple Sklerose gibt es zwar lizenzierte krankheitsverändernde Behandlungen für rezivierende Formen der Erkrankung – hauptsächlich zur Eindämmung der Entzündung – doch bei der progressiven Form der MS, bei der es zur Nervendegeneration kommt, wirken diese nicht. Das Projekt Multiple Sclerosis machte sich daran, diesem unerfüllten klinischen Bedarf durch die Anwendung eines Zellträgers (Scaffold) auf Basis einer extrazellulären Matrix zu begegnen.

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Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische Entzündungskrankheit des Zentralnervensystems (ZNS), bei der die Myelinscheide, welche die Neuronen schützt, beschädigt ist (Demyelinisierung). Die Störung von Nervensignalen verursacht eine Reihe schädlicher Symptome – welche neben weiteren Funktionen die geistige Wahrnehmung, Motorik und das Empfindungsvermögen betreffen. Da es kein Heilmittel gibt, können injizierbare oder orale Arzneimittel lediglich das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen und nach Attacken Funktionen wiederherstellen. Mit den Arzneimitteln können allerdings schwere Nebenwirkungen einhergehen, sodass oftmals eine personalisierte Behandlung erforderlich ist. Das EU-unterstützte Projekt Multiple Sclerosis entwickelte einen biologischen Zellträger, der den Schaden, der durch Nervenentzündungen in Verbindung mit MS verursacht wird, verringern kann. Der Zellträger wurde auf Grundlage der extrazellulären Matrix geschaffen, einem natürlich vorhanden Netzwerk von Molekülen wie Kollagen und Enzymen, das Zellen strukturell und biochemisch unterstützt. „Dies könnte die Schwere und Häufigkeit von MS-Attacken potenziell verringern“, sagt Marie-Skłodowska-Curie-Stipendiat Sergio Martin Saldaña von der National University of Ireland, Galway, welche das Projekt veranstaltet. Der Ansatz könnte ebenfalls einer Vernarbung der extrazellulären Matrix in den demyelinisierten Nervenfasern, die als Axone bezeichnet werden, vorbeugen. „Unseres Wissens haben wir die erste effektive Biomaterialtherapie auf Basis der extrazellulären Matrix zur Behandlung von fortschreitender MS entwickelt“, merkt Abhay Pandit an, der das Projekt beaufsichtigt.

Der Zellträger für die extrazelluläre Matrix mit geeigneten biomechanischen Eigenschaften

Das Projekt Multiple Sclerosis wurde von Studien inspiriert, die zeigten, welche entscheidende Rolle die extrazelluläre Matrix für die Aufrechterhaltung des ZNS spielt. Abgesehen davon, dass sie mehrere Moleküle beinhaltet, sind die Hauptbestandteile der extrazellulären Matrix unter anderem Polymere wie Chondroitinsulfatproteoglykane und Hyaluronsäure, die durch Neuronen und nicht neuronale Zellen wie Gliazellen synthetisiert werden. Diese Moleküle werden unter normalen physiologischen Bedingungen reguliert, bei einer Nervenentzündung und Neurodegeneration jedoch „hochreguliert“, sodass die zelluläre Aktiviert erhöht und Schaden verursacht wird. „Wir stellten die Hypothese auf, dass ein Ansatz auf Basis der extrazellulären Matrix patientenfreundlich wäre und potenziell Veränderungen der extrazellulären Matrix nach einer MS-Attacke herunterregulieren könnte“, sagt Pandit. Das Team experimentierte unter Verwendung eines neuartigen Ansatzes auf der Basis von Polymeren, die durch Astrozytzellen während der schubweise verlaufenden multiplen Sklerose mit Remissionen (Relapsing-Remitting, RRMS) synthetisiert werden, mit verschiedenen Zellträgerformulierungen, die der extrazellulären Matrix ähneln. Die Erkrankung verläuft am häufigsten in dieser Form, schubweise mit Remissionen. Diese Phase zeichnet sich durch vorübergehende Schübe oder Aufflammen aus, wenn neue Symptome auftreten. Als Reaktion sondern Gliazellen Polymere der extrazellulären Matrix ab, um das Gleichgewicht des ZNS wiederherzustellen, indem die Entzündungsreaktion nach unten reguliert wird. Um zu simulieren, wie die Zellträger auf Basis der extrazellulären Matrix innerhalb des ZNS abgebaut werden könnten, wurden sie in künstliche Rückenmarksflüssigkeit platziert und über einen Monat durch rheologische Messungen und eine Elektronenmikroskopie untersucht. Um die Wirksamkeit der Behandlung zu prüfen und die Kompatibilität des Zellträgers zu bewerten, wurden in-vitro-Studien mit einer Reihe von Hirnzellen durchgeführt. Durch die Anwendung pharmakologischer Verfahren und einer in-vitro-Bildgebung stellte das Team fest, dass keine der Formulierungen in bis zu sieben Tagen nachteilige Auswirkungen verursacht hatte. Durch die Interaktion mit Membranrezeptoren in Gliazellen hatte der Zellträger auf Basis der extrazellulären Matrix bedeutsamerweise eine entzündungshemmende Version dieser Zellen gefördert. Eine Immunhistochemie bestätigte eine verringerte Entzündung in den verschiedenen Gliazellen im Vergleich zu Kontrollgruppen. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass unser Ansatz eine modulatorische Wirkung auf eine MS-Attacke haben kann, da die Entzündung nach unten reguliert und Symptome somit gemindert werden“, erklärt Martin Saldaña.

Schnelle Verfügbarkeit

MS ist die gängigste neurologische Erkrankung unter jungen Erwachsenen, die über 700 000 Menschen in Europa betrifft. Da alltägliche Körperfunktionen beeinträchtigt werden, wird die Lebensqualität durch die Erkrankung wesentlich gemindert. „Der nächste Schritt ist die Bestätigung unserer aussichtsreichen Ergebnisse in präklinischen MS-ähnlichen Tiermodellen. Die Technologie könnte schnell zur Verfügung stehen, da die Matrix bereits bei anderen Anwendungen für die klinische Verwendung zugelassen wurde“, lautet das Fazit von Pandit.

Schlüsselbegriffe

Multiple Sklerose, extrazelluläre Matrix, Scaffold, Entzündung, Zentralnervensystem, Neuronen, Moleküle, Polymer, Gliazellen, Nervenfasern

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