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Inhalt archiviert am 2023-04-17

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Im Kampf gegen SARS-CoV-2 mit Europas leistungsstärksten Supercomputern

Auf der Suche nach neuen COVID-19-Behandlungen führte ein EU-finanziertes Projekt ein Supercomputing-Experiment durch, um die Interaktion von über 70 Milliarden antiviralen Molekülen mit SARS-CoV-2-Proteinen zu untersuchen.

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Ein riesiges molekulares Berechnungsexperiment wurde kürzlich durchgeführt, um neuen Behandlungsmethoden gegen das SARS-CoV-2-Virus auf die Spur zu kommen. Das Experiment wurde im Rahmen des EU-finanzierten Projekts EXSCALATE4CoV (EXaSCale smArt pLatform Against paThogEns for Corona Virus) durchgeführt und gilt als die bisher komplexeste Simulation mithilfe von Supercomputern. Das Experiment wurde darauf ausgerichtet, das Verhalten des Coronavirus zu simulieren, um die optimale therapeutische Behandlungsmethode zu ermitteln. Die Simulation begann am späten Freitagabend des 19. November und endete am Morgen des Montag, 21. November. In nur 60 Rechenstunden testete EXSCALATE4CoV die Interaktion von 71,6 Milliarden Molekülen an 15 „aktiven Stellen“ des Virus. Insgesamt wurden unglaubliche 1 074 Milliarden Interaktionen verarbeitet, was 5 Millionen Simulationen pro Sekunde entspricht. Alles in allem generierte das Experiment 65 Terabyte an Ergebnissen – das entspricht 4,33 Terabyte für jeden analysierten Interaktionsort mit SARS-CoV-2. Noch während der Simulation war der Zugriff auf Teilergebnisse in Echtzeit möglich. Die vollständigen Ergebnisse der Simulation werden der wissenschaftlichen Gemeinschaft über das Portal für offene Wissenschaft MEDIATE des Projekts EXSCALATE4CoV frei zugänglich gemacht.

Die molekulare Simulation

Die Simulation fand im Green Data Center des Energiekonzerns Eni in Ferrera Erbognone, Italien, statt. Dabei sollten Moleküle identifiziert werden, die sich an das Virus binden, es neutralisieren und seine Vermehrung verhindern können. Laut einer auf der Website des Konzerns Eni veröffentlichten Pressemitteilung „simulierte das Experiment ‚molekulares Docking‘, d. h. alle möglichen intermolekularen Verbindungen zwischen Virusproteinen und anderen bereits bekannten Molekülen in potenziell anwendbaren Medikamenten, Naturprodukten, Nutrazeutika und weiteren auf dem Markt befindlichen Substanzen aus öffentlichen Datenbanken und solchen, die von Pharmaunternehmen zur Verfügung gestellt wurden. Durch die Auswertung der Screening-Ergebnisse können Kandidatenmoleküle identifiziert werden. Als solche gelten Moleküle, denen es möglich ist, das Virus anzugreifen, es einzuschließen und zu verhindern, dass es seine Viruslast freisetzt. Das Ziel ist es, wirksamere Medikamente zu finden, die bereits klinisch getestet wurden und daher sofort verfügbar sind.“

Vereinte Kräfte der Supercomputer

Die beeindruckenden Ergebnisse des Experiments wurden durch die kombinierte Leistung der Supercomputer HPC5 von Eni sowie Marconi100 des italienischen gemeinnützigen Konsortiums Cineca ermöglicht. Der HPC5 ist ein Satz parallel arbeitender Recheneinheiten mit einer Spitzenrechenleistung von 51,7 Petaflops. Zusammen mit dem Supercomputer HPC4, der seit 2018 in Betrieb ist, wird eine Spitzenrechenleistung von 70 Petaflops erreicht. Dies entspricht einer Rate von 70 Millionen Milliarden Rechenoperationen pro Sekunde. Auf der Liste der TOP500 Supercomputer im Juni 2020 liegt der HPC5 an sechster Stelle der stärksten Supercomputer der Welt und an oberster Stelle in Europa. Der Marconi100 ist der neue beschleunigte Cluster von Cineca und besitzt eine Rechenleistung von etwa 32 Petaflops. Auf der Liste der TOP500 rangiert er auf Platz neun und ist der zweitstärkste Supercomputer in Europa. Zusammen besitzen der HPC5 und der Marconi100 eine Gesamtrechenkapazität von 81,1 Petaflops und sind gemeinsam in der Lage, 81 Millionen Milliarden Gleitkommaoperationen pro Sekunde durchzuführen. Zusätzlich zu den beiden Supercomputern kamen für die Simulation auch die Molekül-Bibliothek des Projektkoordinators Dompé sowie die von den Projektpartnern Politechnische Universität Mailand und Cineca beschleunigte virtuelle Screening-Software zum Einsatz. Das Supercomputing-Experiment ist Teil der zweiten Phase von EXSCALATE4CoV, die COVID-19-Betroffenen in den nächsten sechs Monaten zur Hilfe kommen soll. Die in der ersten Phase des Projekts durchgeführten Untersuchungen resultierten in der Genehmigung einer klinischen Studie für den Einsatz des Osteoporosemedikaments Raloxifen als vielversprechende Behandlungsmöglichkeit für COVID-19. Weitere Informationen: EXSCALATE4CoV-Projektwebsite

Schlüsselbegriffe

EXSCALATE4CoV, COVID-19, Coronavirus, Supercomputing, SARS-CoV-2, Virus, Molekül

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