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Miniaturised optically accessible bioreactor for drug discovery and biological research

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Erster millifluidischer Bioreaktor für bessere In-vitro-Wirkstofftests

In der Regel dauert die Entwicklung eines neuen Medikaments mindestens zehn Jahre und kostet eine Milliarde Euro. Nun bietet die Testplattform MOAB-Nichoid eine realistische Umgebung für Wirkstofftests, mit der künftig Ausfallquoten wie auch Tierversuche reduziert werden könnten.

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Die Kosten für ein neues Medikament liegen bei etwa einer Milliarde Euro für chemische und bei mehreren Milliarden Euro für biologische Wirkstoffe. Obwohl der Prozess im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie schon verkürzt werden konnte, dauert es bei herkömmlichen Arzneimitteln noch immer zehn, bei biologischen Wirkstoffen sogar bis zu 20 Jahre. Und selbst nach Abschluss sämtlicher Tests an Zellkulturen, Tieren und Menschen vergeht weitere Zeit bis zur Wirkstoffzulassung. „Die Ausfallquote in präklinischen Phasen kann bei 96 % liegen, da Wirkstofftests mit Zellmonoschichten kaum Aussagen über deren Wirkungsweise in Tiermodellen zulassen“, erklärt Manuela T. Raimondi vom Projekt MOAB, das vom Europäischen Forschungsrat unterstützt und von der Polytechnischen Hochschule Mailand koordiniert wurde. Das Projekt entwickelte den Bioreaktor MOAB, der Zellkulturen mit neuartigen Scaffolds (Nichoiden) kombiniert, um In-vitro-Wirkstofftests realistischer zu machen. Beide Entwicklungen sind inzwischen weltweit patentiert worden. „Mit diesen miniaturisierten Modellen kann eine ähnliche zelluläre Reaktion auf Medikamente, etwa chemotherapeutische Substanzen oder genmodifizierte Stammzellen, erreicht werden wie bei Tiermodellen“, ergänzt Raimondi. „Unsere Entwicklung ist jedoch ethisch unbedenklicher, einfacher anzuwenden und kostengünstiger als Tiermodelle.“ Dank EU-Unterstützung konnte zusammen mit einem Unternehmensentwickler, einem Investor und der Unternehmensausgründung MOAB S.r.l. die Markteinführung des MOAB-Nichoid-Systems vorangetrieben werden. In Europa und den Vereinigten Staaten wurden hierfür Verhandlungen mit mehr als 10 Kunden durchgeführt.

Kombination aus MOAB und ‚Nichoid‘

Bei vielen Krankheiten wie Krebs entscheiden komplexe Wechselwirkungen zwischen dreidimensionalen Konfigurationen mehrerer Zellpopulationen darüber, wie die In-vivo-Reaktion auf Wirkstoffe ausfällt. Diese Reaktionen lassen sich bei einschichtigen Zellkulturen, mit denen Wirkstoffe in der Regel in vitro getestet werden, nicht replizieren. Der Bioreaktor MOAB besteht aus drei kleinen Zellkulturkammern, die jeweils 3D-Organoiden aufweisen. Organoide sind wenige Millimeter große Gewebemodelle aus lebenden Zellen, die mit einem Nährmedium perfundiert werden. Ergänzt wurde MOAB durch ein nanostrukturiertes mikroskopisches 3D-Gitter für die Kultivierung von Stammzellen, den so genannten ‚Nichoid‘. Die Herstellung des Nichoids erfolgte mittels Zwei-Photonen-Laserpolymerisation. Dabei wird die Polymerisation durch einen gepulsten Laser induziert, der auf ein nanometergroßes Polymertröpfchen gerichtet wird, sodass sich die Moleküle zu stabilen miniaturisierten 3D-Netzen formieren. Der Laserstrahl wird dann so eingestellt, dass das Mikronetz auf ein Deckglas projiziert wird. Mit dem Nichoid kann die Adhäsion und biologische Expression der Stammzellen so verstärkt werden, dass ihre natürliche physiologische Umgebung in ähnlicher Weise nachgebildet wird. Das Deckglas mit dem Nichoid-Netz wird dann auf den MOAB-Bioreaktor geklebt, und beide zusammen ergeben das Zellkulturgerät ‚MOAB-Nichoid‘. Das Gerät kann mit Millionen Zellen beschichtet werden und ist für fluoreszenzmikroskopische Echtzeitanalysen geeignet. Um Zellschäden zu vermeiden, muss die Durchflussgeschwindigkeit genau eingestellt werden, da das Kulturmedium direkt auf die lebenden Zellen gegeben wird. „Nach fluiddynamischen Simulationen hatten wir den Beleg, dass der MOAB-Nichoid dem hydraulischen Druck standhält, der durch das fließende Kulturmedium entsteht“, bemerkt Andrea Remuzzi vom Mario Negri Institut für pharmakologische Forschung, der die Forschung leitete.

Bereit für die Forschung an neuen Medikamenten

Das Unternehmen MOAB S.r.l. entwickelt derzeit ein Zellmodell, mit dem eine neue Therapie mit geneditierten hämatopoetischen Stammzellen gegen monogene Blutkrankheiten wie Sichelzellanämie und Hämophilie getestet werden kann. Dabei wird die Mutation in hämatopoetischen Stammzellen, die der betroffenen Person entnommen werden, außerhalb des Körpers korrigiert und anschließend zurückinfundiert. „Der MOAB-Nichoid ist eine innovative In-vitro-Testplattform, um die Sicherheit geneditierter hämatopoetischer Stammzellen zu prüfen“, erklärt Raimondi. „Diese Methode könnte teilweise sogar Tierversuche zu ersetzen.“ Daten von Aufsichtsbehörden wie der Europäischen Arzneimittel-Agentur sollen nun dazu beitragen, den MOAB-Nichoid für In-vitro-Wirstofftests zu standardisieren.

Schlüsselbegriffe

MOAB, COVID-19, Bioreaktor, Zellkultur, Organoid, Stammzellen, Polymerisation, fluiddynamische Simulation, hämatopoetisch, Wirkstofftests

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