Skip to main content
European Commission logo print header

combining SYnthetic Biology and chemistry to create novel CO2-fixing enzymes, ORGanelles and ORGanisms

Article Category

Article available in the following languages:

Grüne Maschinerie: Neuerfindung der Photosynthese mit synthetischer Biologie

Ein Projekt entwickelt ein völlig neues Prinzip der Photosynthese, um Kohlendioxid schneller und effizienter als in der Natur zu binden und so einen Beitrag zur Landwirtschaft und Bewältigung der Klimakrise zu leisten.

Gesundheit icon Gesundheit

Die Synthese von Vitamin B12 im Jahr 1972 war eine wissenschaftliche Höchstleistung, an der mehr als 100 Forschende mehr als 12 Jahre arbeiteten. Allerdings war das Ergebnis mit 72 chemischen Zwischenstufen und einer Ausbeute von nur 0,01 % überaus unpraktisch. Trotzdem erbrachte der Zusammenbau eines so komplexen und gänzlich neuen Moleküls einen großen Erkenntnisgewinn auf dem Gebiet der organischen Synthese. Tobias Erb, Forschungsleiter des EU-finanzierten Projekts SYBORG, zieht Vergleiche zwischen diesem Unterfangen und seinen eigenen Forschungen: der Neuerfindung des Photosyntheseprozesses. „Das Prinzip besteht darin, mittels synthetischer Biologie völlig neue Möglichkeiten der CO2-Fixierung zu schaffen“, erklärt der Professor für Biochemie und synthetische Stoffwechselprozesse am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie. „Die CO2-Fixierung ist von entscheidender Bedeutung in der Biologie. Sie ist der Prozess, in dem alles Leben entsteht, und gleichzeitig höchst bedeutsam für das menschliche Bestreben für eine nachhaltige Umwelt.“ Bei lebenden Organismen findet Kohlenstofffixierung fast ausschließlich über pflanzliche Photosynthese statt. Durch die Neuerfindung dieses Prinzips wollen Erb und seine Forschungsgruppe die sechs in der Natur vorkommenden Photosynthesewege, für die die Evolution Milliarden Jahre brauchte, durch einen schnelleren und effizienteren Weg ergänzen.

Dunkelreaktion

Erbs Ziel war der Nachbau des metabolischen Netzwerks nur auf chemischem Weg und ohne jegliche biologischen Schritte. Dies hat gegenüber der Evolution den Vorteil, dass zur Optimierung der Photosynthese weder auf Ressourcenknappheit noch Dürre- oder Krankheitsresistenz Rücksicht genommen werden muss. Außerdem hatte Erbs Team den Vorteil, Enzyme – vor allem aus Bakterien – zusammenführen zu können, die statistisch kaum auf natürliche Weise zusammenwirken würden. „Die Natur optimiert nur bereits Bestehendes und erfindet Dinge nicht grundsätzlich neu“, fügt er hinzu. Eine solche Lösung war der von Erb und seiner Arbeitsgruppe im Rahmen des Projekts SYBORG entwickelte CETCH-Zyklus, eine synthetische Alternative zur „Dunkelreaktion“, also der Phase der Photosynthese, die ohne Licht auskommt. Hierfür mussten 17 verschiedene Enzyme identifiziert und eingebunden werden. Dieser neue Zyklus verzichtet insbesondere auf das Enzym RuBisCO, das für die Photosynthese zwar wichtig, aber sehr langsam ist und nach dem Zufälligkeitsprinzip funktioniert. Ersetzt wurde dieses Enzym nun durch die 10 bis 20 Mal schnelleren Enoyl-CoA-Carboxylase/Reduktasen (ECR).

Sofort einsatzbereit

Erb und sein Team wollen ihren CETCH-Zyklus nun in eine lebende Zelle einbetten, was in etwa vergleichbar ist mit dem „Aufspielen neuer Software auf vorhandene Hardware.“ Eine weniger komplizierte Alternative ist dessen Einbettung in künstlich erzeugte Chloroplasten. „Ich weiß bislang nicht, welcher der beiden Wege der bessere ist, da beide Vor- und Nachteile haben“, erklärt Erb. Die synthetische Biologie gilt oft als ingenieurwissenschaftlicher Ansatz, bei dem lebende Systeme wie mechanische Teile zusammenfügt werden, aber so einfach sei das nicht, wie Erb erklärt. „Biologische Komponenten funktionieren nicht immer fehlerlos. Es gibt Nebeneffekte, und in der Biologie werden häufig Redundanzen eingebaut“, erläutert er. „Hier geht es darum, ein robustes, künstliches System zu konzipieren, zusammenzubauen und zum Laufen zu bringen.“ Unterstützt wurde das Projekt vom Europäischen Forschungsrat und durch die Projekte FutureAgriculture und GAIN4CROPS ergänzt, die die Ergebnisse für die Agrarforschung anwendbar machen sollten. „Vor allem regt der ERC zu fortschrittlichem Denken an und dazu, Risiken einzugehen und sich spannenden neuen Forschungsfragen zu stellen. Erst Bestrebungen wie diese können die Wissenschaft wirklich voranbringen“, so Erb. „Wir haben belegt, dass es möglich ist, in nur drei bis vier Jahren künstliche Systeme zu erschaffen, die Systemen ebenbürtig sind, für deren Entwicklung die Natur Milliarden Jahre gebraucht hat.“

Schlüsselbegriffe

SYBORG, Photosynthese, synthetisch, CETCH, Zyklus, Enzym, Stoffwechselweg, Kohlenstoffbindung, Chloroplast

Entdecken Sie Artikel in demselben Anwendungsbereich