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Inhalt archiviert am 2024-04-19

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Die wissenschaftliche Herausforderung bei der Bewertung von Methoden für anomale Diffusion überwinden

Klassische Statistik oder auf maschinellem Lernen basierende Methoden? EU-unterstützte Forschende führen den ersten objektiven Vergleich zwischen konventionellen und neuen Methoden zur Entschlüsselung anomaler Diffusion durch.

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Fast 80 Jahre nachdem der schottische Botaniker Robert Brown die kontinuierliche Zufallsbewegung mikroskopischer Teilchen in einer Flüssigkeit beschrieben hatte, lieferte Albert Einstein eine theoretische Grundlage für diese Beobachtung. Seitdem wurden in der Wissenschaft Systeme entdeckt, die erheblich von den Gesetzen der Brownschen Bewegung abweichen. Solche Abweichungen werden als anomale Diffusion bezeichnet und treten in einer Vielzahl an Systemen auf, vom Molekültransport im Zellkern bis hin zu tierischen Futtersuchstrategien und Börsenschwankungen. Im Laufe der Zeit entwickelten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedene Methoden, um anomale Diffusion mithilfe der klassischen Statistik zu beschreiben. Die Fortschritte im Bereich des maschinellen Lernens haben jedoch in jüngster Zeit anspruchsvollere Instrumente mit datenbasierten Methoden hervorgebracht, die eine anomale Diffusion anhand einzelner Kurven charakterisieren. Jetzt haben von den EU-finanzierten Projekten NOQIA, OPTOlogic und ComplexSwimmers unterstützte Forschende den ersten objektiven Vergleich zwischen traditionellen und neuen Methoden zur Entschlüsselung anomaler Diffusion unter verschiedenen realistischen Bedingungen durchgeführt. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht.

Die Herausforderung

Das Forschungsteam versammelte die wissenschaftliche Gemeinschaft und organisierte einen offenen Wettbewerb mit der Bezeichnung AnDi-Herausforderung (AnDi steht für „anomale Diffusion“), um die verschiedenen Methoden zu vergleichen. Die teilnehmenden Teams wendeten ihre Algorithmen auf einen gemeinsamen Datensatz an, der verschiedene Bedingungen enthielt. Die AnDi-Herausforderung setzte sich aus drei Aufgaben zusammen. Die erste Aufgabe bestand darin, den anomalen Diffusionsexponenten abzuleiten, die zweite Aufgabe verlangte von den Teilnehmenden, das zugrunde liegende Diffusionsmodell zu klassifizieren, und die letzte Aufgabe beinhaltete die Segmentierung von Kurven. Jede Aufgabe wurde dann in drei Teilaufgaben unterteilt, die den Dimensionen der Kurve entsprachen: 1D, 2D und 3D. Der Studie zufolge schnitt zwar keine bestimmte Methode in allen Szenarien am besten ab, doch die auf maschinellem Lernen basierenden Ansätze übertrafen die konventionellen Methoden bei allen Aufgaben. „Für jede Dimension konnten wir eine Gruppe von Methoden mit vergleichbarer Leistung ermitteln, die die Genauigkeit des anomalen Diffusionsexponenten im Vergleich zur klassischen Schätzung der MSD erheblich verbessern“, schreiben die Autorinnen und Autoren der Studie. MSD kommt aus dem Englischen und steht für mittlere quadratische Verschiebung. „Diese Ansätze beruhten alle auf maschinellem Lernen. Daraus können wir schließen, dass auf maschinellem Lernen basierende Methoden über die klassische Statistik hinausgehen können, wahrscheinlich weil sie aus den Kurven komplexer Modelle einige Informationen extrahieren können, die mit klassischer Statistik nicht so einfach zu beurteilen sind.“ Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, wie wichtig gemeinschaftsbasierte Bemühungen für den wissenschaftlichen Fortschritt sind. In der Hoffnung, dass seine Bemühungen ausgeweitet werden, um einen größeren Konsens zu erreichen, hat das Forschungsteam ein interaktives Instrument zur Speicherung von Datensätzen und den Ergebnissen des Wettbewerbs erstellt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können neue Methoden nach den Regeln des Wettbewerbs bewerten und die Ergebnisse mit denen anderer Teilnehmender vergleichen. Die AnDi-Herausforderung bleibt dauerhaft bestehen, mit kontinuierlichen Aktualisierungen der Leistungsverbesserungen auf Anfrage. Der Hauptautor Dr. Carlo Manzo kommentierte die Ergebnisse der Studie in einer Pressemitteilung, die auf „EurekAlert!“ veröffentlicht wurde: „Die Ergebnisse dieser Studie unterstreichen die wesentliche Rolle, die die anomale Diffusion bei der Definition biologischer Funktionen auf verschiedenen Ebenen spielt, während sie gleichzeitig einen Einblick in den aktuellen Stand des Forschungsgebiets geben und einen Maßstab für zukünftige Entwickelnde darstellen.“ Dr. Manzo ist Gastwissenschaftler beim koordinierenden Institut für Photonik der Projekte NOQIA (NOvel Quantum simulators – connectIng Areas) und OPTOlogic (Optical Topologic Logic) in Barcelona. Das Projekt ComplexSwimmers (Biocompatible and Interactive Artificial Micro- and Nanoswimmers and Their Applications) wird von der Universität Göteborg in Schweden koordiniert. Weitere Informationen: Projekt NOQIA OPTOlogic-Projektwebsite Projekt ComplexSwimmers

Schlüsselbegriffe

NOQIA, OPTOlogic, ComplexSwimmers, anomale Diffusion, Brownsche Bewegung, maschinelles Lernen, AnDi-Herausforderung