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EXtreme upper TAil of SEA level rise: constraints from geological records

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Geologische Daten für genauere Prognosen zum Meeresspiegelanstieg

Eine der größten sozioökonomischen Herausforderungen ist der steigende Meeresspiegel im Zuge der Erderwärmung. Das Projekt ExTaSea untersucht nun, wie schnell und in welchem Ausmaß Meeresspiegelschwankungen in der erdgeschichtlichen Vergangenheit stattfanden, um Prognosen zu präzisieren.

Weltweit stieg der Meeresspiegel in den letzten 120 Jahren um etwa 20 cm(öffnet in neuem Fenster) und damit schneller denn je in einem Zeitraum von 3 000 Jahren(öffnet in neuem Fenster). Bislang war dies vor allem auf die Wärmeausdehnung(öffnet in neuem Fenster) des Wassers und Gletscherschmelzen zurückzuführen, was in den letzten Jahrzehnten aber durch Abschmelzen der Eisschilde in Grönland und der Antarktis beschleunigt wurde. Dieser Aufwärtstrend dürfte sich selbst bei sinkenden Emissionen noch Jahrhunderte fortsetzen. „Leider ist davon auszugehen, dass der mittlere globale Meeresspiegel weiter ansteigen wird. Wie schnell und in welchem Ausmaß das passiert und wann sich der Anstieg stabilisiert haben wird, ist allerdings schlecht abschätzbar“, erklärt Fiona Hibbert, deren Forschung über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen im Rahmen des EU-finanzierten Projekts ExTaSea unterstützt wurde. Durch Zusammenführen von geologischen Daten, Statistiken und Modellen gelang es Hibbert, die an der Universität York(öffnet in neuem Fenster) forscht, Geschwindigkeit und Ausmaß früherer Meeresspiegelschwankungen zu analysieren und so Aussagen zum Gesamtsystem und dessen natürlicher Variabilität zu treffen.

Plausible Worst-Case-Szenarien

Bleiben die Emissionen auf jetzigem Niveau, könnte der Meeresspiegel bis 2100 weltweit um durchschnittlich 0,77 Meter ansteigen, wie ein Bewertungsbericht des Zwischenstaatlichen Expertengremiums für Klimaänderungen IPCC(öffnet in neuem Fenster) darlegt. Ein weiteres (wenn auch unwahrscheinliches) Szenario wäre, dass der Anstieg bis 2300 mehr als 15 Meter beträgt. Zwischen 1992 und 2020 trugen schmelzende Eisschilde in Grönland und der Antarktis nur etwa 13,5 bzw. 7,4 Millimeter zum Anstieg bei. Ihr vollständiges Abschmelzen jedoch würde den Meeresspiegel um 7 bzw. 57 Meter anheben. „Das Abschmelzen aller verbliebenen Eiskappen und Gletscher würde nur etwa 0,32 Meter beitragen. Das Schmelzen der polaren Eisschilde bereitet daher große Sorge, vor allem angesichts neuer Daten, nach denen sie so schnell abschmelzen, dass die höchsten prognostizierten Anstiegswerte wahrscheinlich erreicht werden“, so Hibbert. Bislang basierten die Vorhersagen hauptsächlich auf relativ kurzen Zeiträumen (Satellitenauswertungen der letzten 20 Jahre) und Aufzeichnungen von Gezeitenpegeln (120 Jahre). Hibbert zufolge „veranschaulichen geologische Daten hingegen reale Episoden größerer und schneller Abschmelzungen der Eisschilde, was sie aussagefähiger macht.“ ExTaSea analysierte geologische Daten aus 200 000 Jahren über sechs Zeitabschnitte in drei verschiedenen Klimaperioden: zwei Warmzeiten (Interglaziale) mit ähnlichen Bedingungen wie in der Gegenwart, zwei Kaltzeiten (Glaziale) mit ausgedehnter Vereisung sowie zwei Übergangsphasen (Deglaziation: von glazial zu interglazial mit mehreren bislang längsten Erwärmungs- und Abschmelzperioden in der jüngeren erdgeschichtlichen Vergangenheit). Für Rekonstruktionen des Meeresspiegels wurden geologische Daten – mehr als 5 900 einzelne Datenpunkte – statistisch analysiert und mit Modellen zu Schwankungen aufgrund von Gravitation, Rotation und fester Erdverformung kombiniert. „In den letzten beiden Warmzeiten (zuletzt vor 125 000 Jahren), stand das Meerwasser 5 bis 10 Meter über dem heutigen Niveau, obwohl die globalen Temperaturen ähnlich wie heute oder nur geringfügig wärmer waren“, erklärt Hibbert. Hibbert fand zudem heraus, dass der Meeresspiegel in Übergangsphasen sehr schnell ansteigen kann: in der letzten Deglaziation etwa 3,6 Meter pro Jahrhundert und damit etwa zehnmal so schnell wie heute. „Dabei spielen offenbar Prozesse eine Rolle, die Instrumente bislang noch nicht erfasst haben und die zu sehr schnellem Abschmelzen und damit Meeresspiegelanstieg führen können. Die geologischen Daten sind also eine Warnung“, fügt Hibbert hinzu.

Rückschlüsse aus diesen „Worst-Case“-Szenarien

Durch den höheren Meeresspiegel könnten Küsten überflutet werden, was in Europa etwa 50 Millionen Menschen in flachen Küstenregionen(öffnet in neuem Fenster) und weltweit etwa 10 % der Bevölkerung(öffnet in neuem Fenster) betreffen würde. Ohne effektive Gegenmaßnahmen dürften die Schäden für die EU und das Vereinigte Königreich, die bislang bei 1,4 Mrd. liegen, bis 2100 auf fast 240 Mrd. EUR ansteigen. „Die Forschung von ExTaSea zeigt, dass der durch das Abschmelzen polarer Eisschilde bedingte Meeresspiegelanstieg zwar unwahrscheinlich, aber sehr gefährlich ist, was für den Schutz von Küstenbevölkerung und Ökosystemen wichtig, für kritische Infrastrukturen jedoch entscheidend ist“, schließt Hibbert. In ihrem nächsten Vorhaben will Hibbert diese Worst-Case-Szenarien für spezifische Standorte oder Situationen berechnen. Unterstützt wurde die Forschungsarbeit im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen(öffnet in neuem Fenster).

Schlüsselbegriffe

ExTaSea, Meeresspiegel, Prognose, Emissionen, Grönland, Antarktis, Eisschild, Eiskappe, Schmelzen, geologische Aufzeichnungen, Überflutung