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Social Mobility and Inequality across Italy and Europe: 1300-1800

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Lehren aus der Vergangenheit über die soziale Mobilität

Die Forschung arbeitet an einer umfassenden Datenbank über die Entwicklung der sozialen Mobilität in Europa, beginnend mit der Pest bis hin zur industriellen Revolution.

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Ungleichheit und soziale Mobilität sind keine modernen Schlagworte, sondern Probleme, mit denen sich Europa seit dem frühen 14. Jahrhundert auseinandersetzt. „Weil heute so wenige Daten über die soziale Mobilität in der vorindustriellen Zeit vorliegen, können wir nicht aus unseren Fehlern lernen“, so Guido Alfani, Forscher an der Mailänder Bocconi-Universität. „Stattdessen scheint sich die Geschichte zu wiederholen.“ Mit Unterstützung des EU-finanzierten Projekts SMITE versucht Alfani, die Entwicklung der sozialen Mobilität in Europa seit der Pest bis hin zur industriellen Revolution besser zu verstehen. „Unser Ziel ist es, die Mobilität nicht nur zu messen, sondern auch deren Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Gesellschaft im Allgemeinen zu verstehen“, fügt Alfani hinzu.

Messung der sozialen Mobilität im Mittelalter und in der frühen Neuzeit

Im Rahmen des vom Europäischen Forschungsrats unterstützten Projekts wurde eine umfangreiche Datenbank über die wirtschaftliche Mobilität zwischen den Klassen sowie über die berufliche Mobilität erstellt. „Niemand hat bisher versucht, die soziale Mobilität im Mittelalter und in der frühen Neuzeit anhand von Archivquellen richtig zu messen“, erklärt Alfani. „Das bedeutete, dass wir mit unseren eigenen innovativen Methoden für die Quellenrecherche und die Datenanalyse ganz von vorne anfangen mussten.“ Der größte Teil der Archivrecherche fand in Italien statt, das über hervorragende Quellen verfügt, aber auch Belgien, Frankreich, die Niederlande und Spanien wurden untersucht. „Obwohl sich unsere Forschung auf bestimmte europäische Regionen konzentrierte, haben wir unsere Ergebnisse in einen kontinentalen Kontext eingebettet“, so Alfani.

Wie Pandemien Ungleichheit und soziale Mobilität beeinflussen

Eines dieser Ergebnisse war die Erkenntnis, dass die soziale Mobilität Schwankungen unterliegt, die oft von großen Ereignissen beeinflusst werden. Nach der Pest in den Jahren 1347–52 beobachteten die Forschenden beispielsweise, dass es für mehrere Generationen relativ leicht war, auf der sozialen Leiter nach oben oder unten zu gelangen. Interessanterweise scheint dies eine Ausnahme zu sein, denn ab dem 15. Jahrhundert nahm die soziale Mobilität auf dem gesamten Kontinent stetig ab. „Diese Erkenntnisse über die mobilitätssteigernden Auswirkungen der Pest könnten sich als sehr interessant erweisen, da die heutige Gesellschaft nun beginnt, in unsere eigene Zeit nach der Pandemie überzugehen“, meint Alfani. „COVID-19 wird jedoch ganz andere Auswirkungen auf Ungleichheit und Mobilität haben, und zwar aus dem einfachen Grund, dass die Sterblichkeitsrate glücklicherweise viel niedriger war als bei der Pest, der ein sehr großer Teil der europäischen Bevölkerung zum Opfer fiel.“ Im Rahmen des Projekts wurde bereits ein Artikel über die Auswirkungen großer Epidemien und Pandemien auf wirtschaftliche Ungleichheit, Armut und soziale Mobilität im „Journal of Economic Literature“ veröffentlicht.

Ein neues Forschungsgebiet zur vorindustriellen sozialen Mobilität

Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis war, dass die nordeuropäischen Gesellschaften ab dem 17. Jahrhundert etwas mobiler wurden als die des Südens. Alfani zufolge könnte dies wesentlich zu der so genannten „kleinen Divergenz“ in der wirtschaftlichen Entwicklung und Leistung zwischen Nord- und Südeuropa in der vorindustriellen und frühindustriellen Zeit beigetragen haben, die teilweise bis heute anhält. „Erkenntnisse wie diese sind nur die Spitze des Eisbergs im Hinblick darauf, was wir über soziale Mobilität lernen können, wenn wir in die Vergangenheit eintauchen“, so Alfani abschließend. „Ich bin überzeugt, dass unsere Arbeit den Grundstein für ein neues Forschungsgebiet über die vorindustrielle soziale Mobilität gelegt hat.“

Schlüsselbegriffe

SMITE, soziale Mobilität, Pest, Industrielle Revolution, Ungleichheit, Wirtschaft, wirtschaftliche Mobilität, berufliche Mobilität, Pandemien, COVID-19, Armut

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