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Kann Gehirntraining den kognitiven Verfall verlangsamen?

Ist die Ansicht, dass tägliches Sudoku einer Demenzerkrankung vorbeugen kann, reines Wunschdenken? Laut Experte Arfan Ikram ist diese Gedankenakrobatik durchaus einer Überlegung wert.

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Wenn Sie sich wegen Gedächtnisverlust und kognitivem Verfall sorgen, dann aufgepasst: Lösen Sie Kreuzworträtsel, nutzen Sie eine Sprachlern-App oder lernen Sie Sudoku. „Diese Aktivitäten, die zum sogenannten Gehirntraining zählen, können den Verlust von Informationen im Gehirn verhindern“, so Ikram, Leiter der neuroepidemiologischen Forschung am Medizinischen Zentrum der Erasmus-Universität. Schieben Sie es aber nicht zu lange auf, denn wenn eine Demenz bereits eingesetzt hat, dürfte es schon zu spät sein. „Wenn sich bereits eine Demenz entwickelt hat, kann verlorenes Wissen nicht durch Gehirntraining wiedererlangt werden“, fügt Ikram hinzu. Die Erklärung dafür liegt in der Theorie der kognitiven Reserve. Die kognitive Reserve ist laut Ikram der Schutz des Gehirns vor dem normalen geistigen Abbau, der im Verlauf des Lebens eintritt. „So wie Muskeln durch körperliche Aktivität gestärkt werden, lässt sich das Gehirn entsprechend durch kognitive Aktivität stärken – wir nennen das kognitive Reserve“, erklärt er. „Je mehr Reserven in der frühen Lebensphase aufgebaut werden, desto besser können demenzverursachende Schäden später kompensiert werden.“ Laut Ikram ließen sich bis zu 30 Prozent aller Alzheimer-Erkrankungen durch die richtige Lebensweise verhindern.“

Mentale Herausforderungen sind ein Schlüsselfaktor

Wie also kann man das Gehirn trainieren? Die Schul- und Berufsbildung stellen die offensichtlichsten Möglichkeiten dar, doch auch wer zum Beispiel Klavierspielen lernt oder Fremdsprachen beherrscht, kann dem Gehirn laut Ikram Gutes tun. Eine geistig anregende berufliche Tätigkeit kann ebenfalls hilfreich sein – man denke zum Beispiel an Taxifahrende, die alle Straßen der Stadt in- und auswendig kennen, oder auch Fachkräfte für Kfz-Mechanik, die den Aufbau eines Motors genau im Kopf haben. In seiner Arbeit am EU-finanzierten Projekt ORACLE untersuchte Ikram das Gehirn von mehr als 40 000 Menschen auf erste Anzeichen eines geistigen Abbaus. „Eine Aktivität, die das Gehirn fordert, trägt zum Aufbau der kognitiven Reserve bei“, merkt Ikram an. „Je mehr Reserven vorhanden sind, desto besser funktioniert das Gehirn im Alter.“ Letzteres lässt erkennen, warum es so wichtig ist, frühzeitig zu beginnen. „Wer erst ab 70 anfängt, Sport zu treiben, wird nicht so sehr davon profitieren wie jemand, der bereits mit um die 20 damit angefangen hat“, erklärt Ikram. „Mit dem Gehirn verhält es sich genauso: je früher man anfängt, desto größer der Nutzen.“ Das heißt jedoch nicht, dass es jetzt nicht mehr sinnvoll wäre. „Beim Gehirntraining gilt wie beim Sport oder auch beim Investieren: lieber spät als nie“, so Ikram. Entscheidend ist, an die Gehirnübungen nicht reaktiv, sondern proaktiv heranzugehen. „Gehirntraining kann zwar dazu beitragen, dass Wissen im Gehirn nicht verloren geht, kann aber keine Erinnerungen oder Fähigkeiten wiederbringen, die bereits verloren sind“, fasst Ikram abschließend zusammen. Klicken Sie hier, um mehr über Ikrams Forschung zu erfahren: Umfassende Studie zum Zusammenhang zwischen Lebensweise und Alzheimer-Risiko

Schlüsselbegriffe

ORACLE, Gehirntraining, kognitiver Verfall, Gedächtnisverlust, Gehirn, Demenz