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EVOLUTION OF CYANIDE METABOLIMS IN APOSEMATIC BUTTERFLIES: from gene characterization to community ecology

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Wie tropische Schmetterlinge mit erworbenen giftigen chemischen Abwehrstoffen in der Wildnis überleben

In Wäldern können Dinge von auffallender Schönheit höchstgefährlich sein. Passionsblumenfalter (Heliconiinae) sind Schmetterlinge, die das Kunststück vollbringen, Cyanidbomben einzusetzen, um Fressfeinden auszuweichen. Aber wie kam es dazu, dass Passionsblumenfalter giftig sind, und zu welchem Preis erwerben sie diese Eigenschaft?

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Leuchtend farbig und leicht zu erkennen: Passionsblumenfalter sind toxische Schmetterlinge, weil sie cyanidfreisetzende Verbindungen, die sogenannten cyanogenen Glucoside, enthalten. Diese Verbindungen können sowohl biosynthetisch erzeugt als auch von Passionsblumen (Passiflora), ihren Koevolutionspartnern, während der Larvenfütterung erworben werden (Sequestrierung). Das im Rahmen der Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen finanzierte Projekt Cyanide Evolution erforscht, auf welche Weise verschiedene Arten das Gleichgewicht zwischen Cyan-Biosynthese und Sequestrierung ausbalancieren und worin die Fitnesskosten ihrer Toxizität bestehen. Außerdem lieferte die Forschung Hinweise auf die genetische Grundlage der Giftigkeit der Passionsblumenfalter sowie darauf, wie diese innerhalb verschiedener Populationen variiert. Die Forschenden sammelten im Atlantischen, einem oft übersehenen Hotspot der biologischen Vielfalt, Daten über die Heliconiinae und die Passionsblumen.

Wie sich Schmetterlinge dank der Evolution von giftigen Pflanzen ernähren

„Die Beziehung zwischen Passionsblumenfaltern und Passionsblumen diente bereits als Beispiel für die Koevolutionstheorie (1964), die das Wettrüsten zwischen Pflanzen und pflanzenfressenden Insekten beschreibt. Auch ein halbes Jahrhundert später verstehen wir immer noch nicht, wie die chemische Vermittlung der Interaktion zwischen Passionsblumenfaltern und Passionsblumen funktioniert“, erklärt Projektkoordinatorin Érika Pinheiro de Castro. „Diese Beziehung aufzuklären erscheint wichtig, denn während sich einige Heliconiinae zu Landwirtschaftsschädlingen auf Passionsfruchtfeldern und die einheimische biologische Vielfalt bedrohenden invasiven Arten entwickelt haben, gibt es bestimmte monophage Arten, die vom Aussterben bedroht sind. Wir haben nun versucht, besser zu verstehen, wie die Toxizität der Passionsblumenfalter deren Nahrungsspektrum beeinflusst hat“, fügt de Castro hinzu. In Zusammenarbeit mit dem Smithsonian Tropical Research Institute zogen die Forschenden Larven des Großen Kuriers (Heliconius melpomene) und des Blauen Passionsblumenfalters (Heliconius cydno) auf vier Passionsblumenarten auf, von denen jede über ein anderes cyanogenes Profil verfügt, und führten gezielte metabolomische Analysen durch.

Markante Forschungsergebnisse

Die Forschenden entdeckten, dass die chemischen Abwehrkräfte des Schmetterlings variieren und je nach Umgebung eine phänotypische Plastizität aufweisen. Sie erzeugen per Biosynthese Cyane, wenn sie nicht von ihrem Wirt (Passiflora biflora) zu erwerben sind, während sie die Biosynthese reduzieren, wenn sie diese von anderen Passionsblumenwirten erhalten können. Dank dieser biochemischen Plastizität können sie ihren Giftgehalt unabhängig vom toxischen Profil der Wirtspflanze aufrechterhalten. „Dennoch hat diese biochemische Plastizität einen Preis in Bezug auf die Fitness spezialisierterer Arten, da Größe und Gewicht der erwachsenen Tiere auf negative Weise mit den Biosynthesegraden korrelieren“, erläutert de  Castro. Das Projektteam entdeckte außerdem, dass die Fähigkeit der Passionsblumenfalter zur Aufrechterhaltung ihrer Giftigkeitsgrade von der Fütterung mit Pollen abhängt. „Zum Beispiel hat Pollenentzug je nach Geschlecht und Alter unterschiedliche Auswirkungen auf den Kleinen Kurier (Heliconius erato). Ohne Pollen verringern alte Weibchen (45 Tage) ihre Fruchtbarkeit, ihre Körpermasse und ihre Toxizitätswerte. Die Männchen sind von mangelndem Pollen weniger betroffen“, fügt de Castro hinzu. Ein weiteres wichtiges Ziel war die Entschlüsselung des evolutionären Verlaufs der Cyan-Biosynthese. Die Forschenden gelangten zu dem Schluss, dass die Passionsblumenfalter ihre Giftigkeit durch Genduplikationen erhöhen. „Jüngste Forschungen ergaben, dass Nachtfalter der Familie Zygaenidae ihre Fähigkeit zur Cyan-Biosynthese den P450-Genen verdanken. Homologe Gene wurden gleichermaßen im Genom des Großen Kuriers (Heliconius melpomene) gefunden. Während der Suche nach diesen Orthologen in einem Datensatz aus 58 Heliconiinae-Genomen stellten wir fest, dass CYP405A-Cytochrome nur bei den Gattungen Heliconius und Eueides dupliziert werden. Diese Gattungen sind giftiger als andere Heliconiinae, die nur das Cytochrom CYP405A4 aufweisen“,erklärt de Castro. Die Projektforschung wird fortgesetzt. „Zu verstehen, wie die biochemische Plastizität das Nahrungsspektrum von pflanzenfressenden Insekten prägt, ist generell wichtig! Es gibt bestimmte Schmetterlinge der Familie Heliconiinae, die als spezialisierte Arten vom Aussterben bedroht sind und sich möglicherweise nicht auf den Klimawandel einstellen werden können. Im Gegensatz dazu werden stärker als Generalisten auftretende Arten zu Schädlingen, die sogar andere Ökosysteme eindringen und die biologische Vielfalt vor Ort bedrohen könnten“, schließt de Castro.

Schlüsselbegriffe

Cyanide Evolution, Passionsblumenfalter, Heliconiinae, Toxizität, Heliconius, Pollen, biochemische Plastizität, Fitnesskosten, Passionsblume, Nahrungsspektrum, Cyan-Biosynthese

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