Vorhersage von Wechselwirkungen zwischen Organismus und Umwelt unter verschiedenen Klimaszenarien
Lebewesen sind durch den Austausch von Wärme, Wasser und/oder Sauerstoff thermodynamisch mit ihrer Umwelt verbunden. Diese Wechselwirkungen lassen sich mithilfe von „biophysikalischen Modellen“ erfassen, die Informationen über Umweltbedingungen und Merkmale des Organismus integrieren, um vorherzusagen, wie sich Individuen in jeder der nachgebildeten Umgebungen entwickeln würden. Diese Modelle sehen sich jedoch mit Herausforderungen konfrontiert, sodass es notwendig ist, diese zu kalibrieren und zu prüfen, indem ihre theoretischen Vorhersagen mit empirischen Beobachtungen verknüpft werden. Hier setzt das EU-finanzierte Projekt SCALE(öffnet in neuem Fenster) an, das im Rahmen der Marie Skłodowska-Curie Maßnahmen(öffnet in neuem Fenster) unterstützt wird. „Wir wollten einen Beitrag zu einem neuen Modellierungsrahmen zur Vorhersage der Reaktionen von Tieren auf Umweltveränderungen leisten“, erklärt Projektkoordinator Juan Rubalcaba. Um dies zu erreichen, vereinte SCALE interspezifische, in der Ökophysiologie verfügbare Daten mit theoretischen Vorhersagen, die anhand biophysikalischer Modelle erstellt wurden. Mithilfe der Modelle wurde dann vorhergesagt, wie sich physiologische Merkmale wie die Stoffwechselrate als Reaktion auf die klimatischen Bedingungen verändern müssten, und es wurde untersucht, ob die Projektvorhersagen mit den empirischen Beobachtungen übereinstimmten.
Auswirkungen des Klimas auf Eidechsen
Es ist umstritten, ob das Klima Merkmale wie Körpergröße, Hautfarbe und Wärmetoleranz direkt beeinflusst. Um dies besser zu verstehen, hat SCALE ein biophysikalisches Modell zur Vorhersage der Körpertemperatur und der physiologischen Leistung von „theoretischen“ Eidechsen bei unterschiedlichen Klimabedingungen verwendet. „Anschließend untersuchten wir anhand des Modells, welche Phänotypen die physiologische Leistung in jeder Region maximieren würden, indem wir die Auswirkungen der natürlichen Auslese auf Körpergröße, Hautfarbe, Wärmetoleranz und thermoregulatorisches Verhalten simulierten“, erklärt Rubalcaba. Das Projekt ergab, dass die beobachteten geografischen Muster für Körpermasse, Kältetoleranz und optimale Körpertemperatur in erheblichem Maße mit ihren Vorhersagen übereinstimmten. „Unsere Ergebnisse(öffnet in neuem Fenster) deuten darauf hin, dass das Klima diese Eigenschaften durch seine Auswirkungen auf die Wärmeleistung direkt beeinflusst“, so Rubalcaba weiter.
Sauerstoffbedarf und Sauerstoffangebot in aquatischen ektothermen Organismen
SCALE entwickelte ein biophysikalisches Modell zur Untersuchung von Sauerstoffbedarf und Sauerstoffangebot bei Fischen unter Berücksichtigung der physikalisch-chemischen Mechanismen, die den Sauerstofftransfer durch die Kiemenoberfläche steuern. „Das Modell untersuchte die Wechselwirkung zwischen Wassertemperatur, Sauerstoffverfügbarkeit, Körpergröße und Aktivitätsniveau auf die Stoffwechselrate und die physiologische Leistung von Fischen“, unterstreicht Rubalcaba. Das Modell sagt voraus, dass große, aktive Tiere in wärmeren Gewässern nur begrenzt in der Lage sind, den Sauerstoff für ihre physiologischen Bedürfnisse daraus zu beziehen. Die Ergebnisse(öffnet in neuem Fenster) von SCALE lassen daher darauf schließen, dass die globale Erwärmung die physiologische Leistungsfähigkeit beeinträchtigen wird, wodurch größere Einzelorganismen in Zukunft einer höheren Stoffwechselbelastung ausgesetzt sein werden.
Die Evolution von Körpergröße und Körperform bei Fledermäusen
„Wir haben außerdem untersucht, wie Körpergröße, Flügelgröße und Temperatur zusammenwirken, um die Kosten von Flug und Wärmeregulierung zu bestimmen. Das Modell zeigt, dass große Flügel die Flugkosten senken, aber die Wärmeabgabe erhöhen, wodurch die Kosten der Wärmeregulierung steigen, insbesondere in kalten Klimazonen“, ergänzt Rubalcaba. Anhand morphologischer Daten von Fledermausarten fand SCALE heraus, dass sich das Verhältnis von Flügeloberfläche zu Masse in Richtung einer optimalen Form entwickelt und dass die Auslese bei Arten, die in kalten Klimazonen leben, stärker ist, was den theoretischen Vorhersagen entspricht. Die Projektergebnisse(öffnet in neuem Fenster) lassen darauf schließen, dass das Klima die Entwicklung der Körpergröße bei Fledermäusen durch seine Auswirkungen auf den Energiebedarf beeinflusst. Aus diesen Ergebnissen geht der direkte Einfluss des Klimas auf den Energiebedarf und die physiologische Leistung hervor, die wiederum die Entwicklung phänotypischer Merkmale prägen. „Außerdem können biophysikalische Modelle wichtige Mechanismen erfassen, die die Wechselwirkungen zwischen Lebewesen und Klima steuern, und können daher zur Vorhersage der Reaktionen von Organismen auf den Klimawandel verwendet werden“, so Rubalcaba abschließend.
Schlüsselbegriffe
SCALE, biophysikalische Modelle, phänotypische Merkmale, Ökophysiologie, Energiebedarf, physiologische Leistung, Wechselwirkungen zwischen Organismus und Klima