Mineralwolle erhält neue Nutzungsmöglichkeiten in einer vertrauten Umgebung
Bau- und Abbruchabfälle tragen mit mehr als einem Drittel zum gesamten Abfallaufkommen in der EU bei. Mineralwolle, die häufig zusammen mit anderen Dämmstoffen verwendet wird, besitzt eine sehr geringe Dichte, womit ihre Entsorgung ein unverhältnismäßig großes Volumen einnimmt. Außerdem gilt dieses faserige Gespinst, das aus geschmolzenem Glas, Gestein oder Schlacke hergestellt wird, als weitgehend nicht wiederverwertbar. All das ändert sich dank des EU-finanzierten Projekts WOOL2LOOP(öffnet in neuem Fenster), das die Verwendung von Mineralwolle als Vorprodukt für die Herstellung von Geopolymerbeton und damit verbundenen Bauelementen in industriellem Maßstab in einem Geschäftsmodell der Kreislaufwirtschaft demonstriert hat.
Geopolymerisation (alkalische Aktivierung)
Bei Geopolymeren, auch alkalisch aktivierte Werkstoffe genannt, handelt es sich um keramikähnliche anorganische Polymere aus festen Alumosilikaten, die mit Alkalimetallionen vernetzt sind. „Geopolymerbeton aus Vulkanasche (reich an Alumosilikaten) findet sich im Kolosseum, im Pantheon und in den ägyptischen Pyramiden“, erklärt Projektkoordinatorin Anne Kaiser von Saint-Gobain Finnland(öffnet in neuem Fenster). Geopolymere stellen ein vielversprechendes Bindemittel für die Betonherstellung dar, da ihre Produktion weit weniger Energie benötigt als herkömmlicher Portlandzement. WOOL2LOOP hat sich zum Ziel gesetzt, Mineralwolleabfälle aus Bauabbrüchen in Geopolymere aus Mineralwolle umzuwandeln und die Herstellung eines neuen Produkts in industriellem Maßstab vorzustellen, das den Spezifikationen handelsüblicher Produkte entspricht und einen kleineren CO2-Fußabdruck aufweist.
Kreislaufwirtschaft für Mineralwolle
Das Projekt war aufwändig, da es alle Phasen der Verwendung von Mineralwolle und die aktuellen Herausforderungen bei der Rezyklierbarkeit von Mineralwolle umfasste. Dazu waren folgende Maßnahmen erforderlich: intelligente Abbruchverfahren, Sortieren und Mahlen von Mineralwolle zur Herstellung von Mineralwollpulver, Alkaliaktivierung zur Herstellung von Geopolymeren, Produktion von Geopolymerbeton und 3D-Druck von Bauelementen unter Verwendung dieses Werkstoffs. Wie Eldho Choorackal von CRH(öffnet in neuem Fenster) erklärt, wurde all dies zusätzlich durch die Tatsache erschwert, dass „keine Normen oder Richtlinien für die industrielle Produktion und Qualitätskontrolle von Geopolymerbeton-Fertigteilen vorhanden sind.“ „WOOL2LOOP hat die Verwendung eines tragbaren Röntgenfluoreszenzspektroskopiegeräts für die Vor-Ort-Analyse von Mineralwolleabfällen eingeführt und getestet, um zwischen Glaswolle und Steinwolle zu unterscheiden“, erklärt Johan D’Hooghe von Recycling Assistance(öffnet in neuem Fenster). Die Abfälle wurden dann an einem zentralen Ort gemahlen. „Die Herstellung des Mineralwollpulvers stellte sich als besonders schwierig heraus, da die chemische Zusammensetzung von Glaswolle und Mineralwolle unterschiedlich ist und das Material eine Partikelgröße von weniger als 100 Mikrometern aufweisen muss“, fügt Vilma Ducman vom nationalen slowenischen Hoch- und Tiefbauinstitut(öffnet in neuem Fenster) hinzu. „Die Vermahlung und das Mischungsverhältnis von Mineralwolle, eine Voraussetzung für die spätere Verarbeitung und die Hochskalierung, erforderten erhebliche Innovationen“, ergänzt Saleh Hooshmand, Forschungsleiter bei Saint-Gobain Ecophon(öffnet in neuem Fenster). Die additive Fertigung oder der 3D-Druck von Baustoffen und insbesondere von Geopolymeren ergab zusätzliche Herausforderungen. „Innovationen bei der Hardware, der Software und der chemischen Aktivierungsstrategie halfen uns, die Materialbildung zu kontrollieren. Wir sind jetzt in der Lage, komplexe Geometrien für viele Produkte mit neuen Funktionalitäten, einschließlich Akustikplatten, in großem Maßstab per 3D-Druck anzufertigen. Nächstes Ziel ist die Zertifizierung dieser Werkstoffe und Verfahren“, erklärt Alban Mallet von XtreeE(öffnet in neuem Fenster). WOOL2LOOP demonstrierte erfolgreich die Herstellung von vorgefertigtem Geopolymerbeton aus Mineralwolle im industriellen Maßstab und sammelte dabei wichtige Erkenntnisse über alle Prozesse und Materialien entlang der Recycling- und Produktionskette. „Durch die Durchführung von Pilotprojekten mit so vielen Produkten auf Basis von Mineralwolle und Geopolymeren konnten wir potenzielle Probleme ermitteln, die in der regulären Produktion zu erwarten sind. Wir werden uns nun darauf konzentrieren, Wege zu finden, diese zu bewältigen“, so Ducman abschließend.