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Developing Multipurpose Nicotiana Crops for Molecular Farming using New Plant Breeding Techniques

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Von Zigaretten zu hochwertigen Produkten: Verwandlung einer traditionellen Kulturpflanze in eine Biofabrik

Mithilfe der Genomeditierung lassen sich Pflanzen in Fabriken für wertvolle Bioprodukte verwandeln. Forschende haben Eigenschaften in Tabak eingebracht, um neue Varianten für die Arzneimittelproduktion zu entwickeln.

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Die Biotechnologie von Pflanzen spielt eine immer wichtigere Rolle bei der Herstellung von niedermolekularen Arzneimitteln, Biologika (Impfstoffe und Therapeutika) und Diagnosereagenzien. Sie bietet eine kostengünstige und skalierbare Alternative zu herkömmlichen Produktionsplattformen, die auf mikrobiellen und tierischen Zellen basieren. Überdies kann sie die Herausforderungen angehen, die sich aus der Distribution und Lagerung von Arzneimitteln ergeben, insbesondere in Regionen der Welt mit lückenhaften Produktionsketten.

Neue Tabaksorten für die Arzneimittelproduktion

Tabakpflanzen werden als pflanzliche Biofabriken aufgrund ihres Potenzials als wertvolle Quellen für hochwertige Verbindungen sehr geschätzt. Da der Tabakanbau jedoch mit der Herstellung von Raucherprodukten verbunden ist, geht er in Europa kontinuierlich zurück. Das EU-finanzierte Projekt Newcotiana hat es sich zum Ziel gesetzt, diese Wahrnehmung zu ändern, indem wettbewerbsfähige Nicotiana-Sorten entwickelt werden, die für Nichtraucherprodukte verwendet werden können, um eine geeignete Produktionsplattform für die EU-Biowirtschaft zu schaffen und einer traditionellen Kulturpflanze Nachhaltigkeit zu verleihen. Das Konsortium arbeitete mit zwei Pflanzensorten, Nicotiana tabacum, dem normalen Kulturtabak, und Nicotiana benthamiana, einer australischen Wildtabakart. Um das Potenzial dieser Arten als Biofabriken voll ausschöpfen zu können, mussten die beteiligten wissenschaftlichen Fachleute bestimmte Eigenschaften einbeziehen, die mit Stabilität, Nachhaltigkeit und dem Ertrag hochwertiger Verbindungen zusammenhängen.

Instrumente für die Entwicklung neuer Pflanzeneigenschaften

Da es nicht möglich war, diese Eigenschaften mit den herkömmlichen Methoden der Pflanzenzüchtung zu erzielen, erstellte das Gemeinschaftsunternehmen Instrumente, die eine beschleunigte Züchtung von pflanzlichen Biofabriken begünstigen. „Seit Jahrhunderten haben wir unsere Pflanzen mit traditionellen Züchtungsverfahren so herangezogen, dass sie mehr und bessere Nahrung produzieren oder gegen Krankheitserreger resistent sind, aber nicht für bessere medizinische Biofabriken“, erklärt der Projektkoordinator Diego Orzaez. Neue Züchtungsmethoden, einschließlich Genomeditierung, führten in Rekordzeit zu für den Einsatz in Biofabriken optimierten Pflanzen. Forschende haben Tabakpflanzen gezüchtet, die auf dem Feld nicht blühen, sondern die Energie zur Erhöhung ihrer Biomasse einsparen. Darüber hinaus haben sie diese Pflanzen so verändert, dass sie eine unerwünschte Glykosylierung vermeiden oder die Proteaseaktivität verringern, zwei Eigenschaften, die für die Qualität und Funktionalität der aus der Pflanze gewonnenen eiweißhaltigen Endprodukte von Bedeutung sind. In mehreren Fällen wurden Pflanzen mit einer Kombination dieser besonderen Eigenschaften gezüchtet.

Anwendungen gentechnisch veränderter Pflanzen

Im Fall der kultivierten Tabakart N. tabacum reicherte das Gemeinschaftsunternehmen die Pflanzenkomposition mit pharmazeutisch verwertbaren Verbindungen an. Eine dieser Verbindungen war Squalen, eine Substanz, die derzeit hauptsächlich aus nicht nachhaltigen Quellen (Haien) gewonnen wird und als Adjuvans in vielen Impfstoffrezepturen verwendet wird. Die Forschungsgruppe produzierte auch Anatabin, ein mit Nikotin verwandtes Molekül mit entzündungshemmender Wirkung, das als potenzielles Mittel zur Behandlung verschiedener Autoimmunkrankheiten untersucht wird. Die Fertigung von N. benthamiana verlief etwas anders, da diese Pflanze bereits von der Industrie zur Herstellung rekombinanter Proteine verwendet wurde, die in der Kosmetik- und Pharmaindustrie zum Einsatz kommen. Die Partner von Newcotiana stellten die Genomsequenz von N. benthamiana zur Verfügung, um die Teams bei der Entdeckung von neuen biopharmazeutischen Produkten zu unterstützen.

Ein abfallfreier Prozess der Bioraffinerie

Neben den Bestrebungen, den Marktwert dieser Sorten zu verbessern und sie möglicherweise mit zusätzlichen hochwertigen Molekülen anzureichern, haben die Forschenden ein abfallfreies Pilotverfahren für die Bioraffinerie entwickelt. „Ziel ist es, eine Kulturpflanze und eine damit verbundene Industrie zu schaffen, die mindestens so profitabel ist wie einst der Rauchtabakanbau“, betont Orzaez. „Dafür muss die EU-Gesetzgebung flexibler gestaltet werden und die Entwicklung von Industriepflanzen unterstützen.“

Schlüsselbegriffe

Newcotiana, Pflanzenbiotechnologie, Tabakpflanze, Nicotiana tabacum, Nicotiana benthamiana, Squalen, Anatabin

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