CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS

Opera co-creation for a social transformation

Article Category

Article available in the following languages:

Die Gemeinschaftsoper lässt ihren radikalen Ruf wieder aufleben

Die Oper, die wohl erste populäre multidisziplinäre Kunstform, wird heute oft als altertümlich angesehen. Durch die Schaffung digitaler Instrumente zur Unterstützung der gemeinschaftlichen Mitgestaltung bietet TRACTION uns eine Kraft zur Selbstermächtigung, zum sozialen Wandel und zur Selbstdarstellung.

Gesellschaft icon Gesellschaft

Die Oper ist zwar nach wie vor ein Eckpfeiler der europäischen Kultur, aber sie kann auch spalten: Die einen lieben sie, die anderen finden sie altmodisch, teuer und exklusiv. „Eigentlich war die Oper immer an der Spitze der Kreativität – mit neuen Instrumenten, Geschichten, ästhetischen Aspekten und Techniken. Vielleicht hat sie es sich jetzt im mittleren Alter gemütlich gemacht“, sagt Mikel Zorrilla, Direktor für digitale Medien bei Vicomtech und Koordinator des EU-finanzierten Projekts TRACTION. TRACTION hat einige der radikalen Referenzen der Oper durch drei neue, von der Gemeinschaft mitgestaltete Aufführungen für elf Standorte wiederbelebt, darunter ein Opernhaus, ein Gefängnis, Konzertsäle, Schulen, öffentliche Plätze sowie eine virtuelle Premiere. Die Aufführungen – in Katalanisch, Kreolisch, Englisch, Irisch, Portugiesisch und Spanisch – wurden von über 8 000 Zuschauern live verfolgt. Über 1 300 nicht-professionelle Kulturschaffende und Gemeindemitglieder halfen bei den Produktionen.

Die Kraft der Gemeinschaftsoper

Jede der drei neuen, gemeinsam geschaffenen Opern bezog junge Menschen sowohl in die Aufführungen als auch in die Werbung dafür ein, um neue Zuschauer zu gewinnen. Im Oktober 2022 wurde in Barcelona die große gemeinschaftliche Opernproduktion La Gata Perduda zweimal im Opernhaus Gran Teatre del Liceu vor ausverkauftem Haus aufgeführt. Der Chor setzte sich aus 12 verschiedenen Amateurchören aus dem Stadtteil Raval zusammen, von denen einige, wie der Kudyapi Choir oder der Musical's Choir, aus jungen Menschen bestanden. An der portugiesischen Oper O Tempo (Somos Nós), die von der Musikschule SAMP geleitet wurde, waren junge Inhaftierte eines Gefängnisses in Leiria, Verwandte und Fachkräfte aus der Jugendarbeit beteiligt. Die Oper wurde im Juni 2022 viermal aufgeführt: zweimal im Gefängnis und zweimal auf der Hauptbühne des Gulbenkian-Konzertsaals. In Irland wurde die Oper Out of the Ordinary/As an nGnách von der Irish National Opera geleitet und gemeinsam mit Jugendlichen aus ländlichen Gebieten entwickelt. Das Ergebnis ist die erste Virtual-Reality-Oper, die gemeinsam mit verschiedenen Gemeinden entwickelt wurde. Die Oper, die auch eine Umweltbotschaft enthielt, tourte im Sommer 2022 durch Irland und darüber hinaus. „Diese Erfahrungen können einen Wandel bewirken. Während es beispielsweise für Häftlinge üblich ist, solche Aktivitäten als Unterbrechung der Routine zu nutzen, entdeckten einige eine neue Möglichkeit, sich auszudrücken“, so Zorrilla.

Technologie als Wegbereiter

Zum Teil als Ausweichlösung hinsichtlich der COVID-19-Beschränkungen wurden zwei neue digitale Instrumente entwickelt, die über 20 000 Benutzungsinteraktionen ermöglichten. Der ‚Raum der Mitgestaltung‘, der es den Beteiligten ermöglichte, gemeinsam an Aktivitäten zu arbeiten, wurde für alles von der Musikkomposition bis zur Plakatgestaltung genutzt, während die ‚Bühne der Mitgestaltung‘ die Menschen in Echtzeit miteinander verband. In Portugal beispielsweise konnten Gefangene dank des Echtzeit-Streamings von mehreren Standorten aus gemeinsam mit den Aufführenden singen, wobei die Teilnahme auch weltweit über Handys und Laptops möglich war. „Da es auch Medien auf Abruf verwaltet, ist es wie eine Kombination aus Videokonferenz und Produktionswerkzeug“, fügt Zorrilla hinzu. Das Interesse der Medien war ebenfalls groß. So wurde die Oper von Barcelona im katalanischen Fernsehen ausgestrahlt und in Fortsetzungen gezeigt, womit insgesamt 766 000 Zuschauer erreicht wurden. „Unsere Umfrage ergab, dass 94 % sich ‚aktiv beteiligt‘ fühlten, 89 % ‚von anderen Menschen gelernt‘ hatten, 77 % ‚ihre Vorstellungen durch das Projekt geändert‘ hatten und die Teilnahme für 75 % ‚gut für ihr Wohlbefinden‘ war“, sagt Zorrilla.

Grenzen erweitern

TRACTION hat ein Buch , eine Website und einehttps://traction-project.github.io/index.html (technische Wiki-Seite) erstellt, um anderen Kunstformen und Gemeinschaftsinitiativen bei der Übernahme der Techniken zu helfen. „Da die europäische Oper öffentlich finanziert wird, brauchen wir einen politischen Wandel. Die Kulturpolitik sollte die Stärkung der menschlichen Fähigkeiten in den Vordergrund stellen, das auf der Menschenrechtserklärung basierende Recht auf freie Teilnahme am kulturellen Leben der Gemeinschaft zur Grundlage machen und die Mitgestaltung in den Mittelpunkt stellen“, so Zorrilla abschließend. Die Partner von TRACTION entwickeln die digitalen Instrumente weiter und prüfen deren Anwendbarkeit auf andere Bereiche – weitere Aufführungen sind geplant.

Schlüsselbegriffe

TRACTION, Mitgestaltung, Oper, Jugend, Gefängnis, virtuelle Realität, Kulturpolitik, digitale Tools

Entdecken Sie Artikel in demselben Anwendungsbereich