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Atmospheres across the Universe

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Die Geheimnisse der Atmosphäre von Exoplaneten entschlüsseln

Exoplaneten (Planeten außerhalb unseres Sonnensystems) sind aufgrund der Entfernung schwer zu erforschen. Doch mittels überarbeiteter Theorien und Supercomputern der nächsten Generation konnten Forschende weiter in die Leere hineinblicken.

Weltraum icon Weltraum

Aus der Atmosphäre von Exoplaneten können Informationen über ihre Entstehung und Entwicklung abgeleitet werden – ihre Masse, ihren Radius und ihr Alter, sogar die Bewohnbarkeit. Konvektions- und Zirkulationsprozesse sind zentrale Faktoren für die Atmosphäre von Planeten im Sonnensystem, es liegt also nahe, dass dies auch auf die Atmosphäre von Exoplaneten zutrifft. Das Projekt ATMO wurde über den Europäischen Forschungsrat finanziert. Die Forschenden wendeten Simulationen mit Supercomputern an, um die überarbeiteten theoretischen Rahmen zu prüfen. „Es werden immer mehr Beobachtungen zu Exoplaneten aufgezeichnet, insbesondere seit das James-Webb-Weltraumteleskop in Betrieb genommen wurde. Mit der Ergebnissen von ATMO können einige dieser Beobachtungen erklärt werden“, berichtet der Projektkoordinator Pascal Tremblin von der CEA, der französischen Behörde für alternative Energie und Kernenergie.

Diabatische Konvektion

Um Konvektionsprozesse zu erforschen, setzten die Forschenden Simulationen zur Thermohydraulik im Kühlsystem von Kernkraftwerken ein. „Diese extrem präzisen Modelle zeigten, dass viele Konvektionssysteme dynamisch instabil sind. Das wurde in vorherigen Theorien nicht beachtet“, erklärt Tremblin. So konnte das Team eine allgemeine Theorie aufstellen, die „diabatische Konvektionstheorie“ genannt wurde. „Diabatisch“ bezieht sich dabei auf „Wärmeaustausch“. Die Theorie passte zu unerwartet vielen Instabilitäten, darunter die Freisetzung bzw. das Aufpumpen latenter Wärme durch Wasserkondensation/-verdunstung. Damit ist sie auf eine Vielzahl hydrodynamischer Phänomene anwendbar, z. B. die Rayleigh-Taylor-Instabilität, mit der Wolkenformationen erklärt werden könnten. Die Theorie wurde auch auf zwei weitere Anwendungen ausgeweitet und geprüft: zusammengesetzte diabatische Konvektion und eine diabatisch-konvektive Magnetohydrodynamotheorie. „Die Ausweitung der Theorie auf MHD-Dynamos ist besonders wertvoll für die Erforschung von Exoplaneten mit ionisierten Atmosphären sowie für Sternatmosphären und das Innere von Sternen, die ionisiert und heiß sind“, merkt Tremblin an.

Durch Bestrahlung angeregte Zirkulation simulieren

Das ATMO-Team hat ein Erdklimamodell angepasst, um die durch Strahlung angeregte Zirkulation in der Atmosphäre von Exoplaneten der Klasse „Hot Jupiter“ zu simulieren. Diese Gasriesen ähneln unserem Jupiter in dem Sinne, dass sie nahe an ihrem Stern kreisen und sehr hohe Oberflächentemperaturen aufweisen. „Wir wollten die tiefe Zirkulation in der Atmosphäre solcher Planeten über Tausende Jahre charakterisieren und nicht nur über die üblichen hundert Jahre“, sagt Tremblin. So entstand die erste „paläoklimatische“ Untersuchung zu Hot Jupiters. Ein Forschender von ATMO hat die Leitung über diese Art Studien übernommen.

Zwei wichtige Durchbrüche

Die Ergebnisse von ATMO erklären ein altbekanntes Rätsel: den vergrößerten Radius (häufig das Doppelte) von Hot Jupiters im Vergleich zu unserem Jupiter. Seit der erste Hot Jupiter vor über 20 Jahren entdeckt wurde, kamen einige Erklärungen auf. „Wir konnten nachweisen, dass die vertikale atmosphärische Zirkulation ausreicht, um eine heiße tiefe Atmosphäre zu schaffen, wobei kalte Flüssigkeiten in tiefen Schichten durch solche ausgetauscht wird, die in den oberen Schichten aufgeheizt wurden“, erläutert Tremblin. „Das wurde bisher nicht erkannt, weil die Erdklimamodelle zu kalt ausgerichtet waren und Zeiträume angesetzt wurden, die zu kurz waren, um den Temperaturanstieg zu erfassen.“ Das ATMO-TEAM zeigte auch die Vorteile der diabatischen Konvektionstheorie zur Beschreibung bekannter Konvektionssysteme wie: Feuchtkonvektion in der Erdatmosphäre, die thermohaline Zirkulation der Meere, die Greifkonvektion im Sterninneren und die Dampf-/Flüssigkonvektion im Kühlsystem von Kernkraftanlagen. „Unsere Theorie stimmt auch mit der chemischen/Strahlungskonvektion in der Atmosphäre von Exoplaneten überein, die aufgrund langsamer Reaktionen von Kohlenstoff und Stickstoff auftreten sowie aufgrund schneller Strahlungsprozesse durch die Opazität dieser Moleküle“, merkt Tremblin an.

Über den Horizont hinaus

Die Arbeit zur diabatischen Konvektion ist bereits in Modelle zur Atmosphäre von Exoplaneten eingeflossen, um Beobachtungen des James-Webb-Weltraumteleskops zu deuten. Das Modell zur globalen Zirkulation wurde auch angewendet, um Vorhersagen über die vergrößerten Radien von Hot Jupiters aufzustellen. „Wir konnten erfolgreich die heiße tiefe Atmosphäre nachbilden, über die der vergrößerte Radius des Exoplaneten WASP-76b erklärt werden kann“, ergänzt Tremblin.

Schlüsselbegriffe

ATMO, Jupiter, Exoplanet, Atmosphäre, James-Webb-Weltraumteleskop, Konvektion, Zirkulation, Planet, Sonnensystem

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