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Acquisition of Mathematical Concepts in the Human Brain

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Forschung liefert Anhaltspunkte dafür, wie unser Gehirn fortgeschrittene mathematische Konzepte interpretiert

Die Verarbeitung mathematischer Informationen im Gehirn ist faszinierend. Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass das Vorverständnis und die Verwendung von Symbolen Einfluss darauf haben, wie effektiv wir neue mathematische Konzepte erlernen.

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Unsere Fähigkeit, abstrakte mathematische Konzepte zu verstehen, ist eine einzigartige Eigenschaft, die bei anderen Arten nicht zu finden ist. Auch ohne formale Bildung oder spezifische Sprache haben Menschen eine angeborene Intuition für Arithmetik und Geometrie, die mit der Aktivität in einem bestimmten Teil des Gehirns – dem intraparietalen Sulcus – verbunden ist. Wie unser Gehirn fortgeschrittene mathematische Konzepte interpretiert, ist jedoch noch weitgehend unbekannt. Frühere Forschung legt nahe, dass das Verständnis komplexer mathematischer Konzepte nicht auf Sprachschaltkreisen im Gehirn beruht, sondern auf älteren Systemen, die mit der Verarbeitung von Zahlen und Raum zusammenhängen. Diese Entdeckung wirft mehrere Fragen auf. Wie beeinflusst Sprache die mathematische Bildung in der Schule? Wie schnell werden neue mathematische Konzepte in das auf Mathematik reagierende Netzwerk des Gehirns aufgenommen? Inwieweit ist die neuronale Aktivität von Kindern beim Lernen mit der von Erwachsenen vergleichbar?

Von Laborstudien zur experimentellen Forschung

Zur Beantwortung dieser Fragen wurde im EU-finanzierten Projekt NeuroMath Bildgebung des zentralen Nervensystems mit Entwicklungs- und Bildungsmethoden verknüpft. Die Forschung wurde über die Marie-Skłodowska-Curie-Maßnahmen finanziert. Im Rahmen dieses innovativen Paradigmas der funktionellen Magnetresonanzbildgebung (fMRI) sahen sich die Teilnehmenden eine kurze Videolektion zu einem neuen mathematischen Konzept an und bearbeiteten Aufgaben, wobei ihr Verständnis vor und nach dem Video in einer Sitzung mit funktioneller Magnetresonanzbildgebung bewertet wurde. In der Erwachsenenstudie sahen sich 21 Studierende im ersten Studienjahr Videos zu vier verschiedenen Themen an: Maßtheorie, stochastische Prozesse, Pflanzenbiologie und Sachenrecht. Ihre Aufgabe bestand darin, zu bestimmen, ob gesprochene mathematische und nicht-mathematische Aussagen wahr oder falsch waren. „Die Ergebnisse zeigen, dass bekannte mathematische Konzepte zwar ein bestimmtes, auf Mathematik reagierendes Gehirnnetzwerk aktivieren, neue Konzepte jedoch nicht automatisch in dieses Netzwerk integriert werden“, erklärt Projektkoordinatorin Marie Amalric. Das bedeutet, dass das Gehirn neue mathematische Informationen nicht sofort in der gleichen Weise einordnet und verarbeitet wie bekannte Konzepte. Das neue Paradigma mit funktioneller Magnetresonanzbildgebung erwies sich jedoch als wirksam bei der Bewertung der Effektivität von mathematischem Lehrmaterial. Diese Ergebnisse wurden hier veröffentlicht. Der Schwerpunkt der Kinderstudie lag auf der Vermittlung des Prinzips der multiplikativen Kommutativität. Zunächst untersuchten die Forschenden das Vorwissen 5-jähriger Kinder anhand eines Spiels, bei dem es um die Verteilung von Äpfeln ging. Die Ergebnisse zeigten, dass die der Kommutativität innewohnende Symmetrie Vorschulkindern hilft, das Konzept zu verstehen.

Bei Lehrmethoden das Vorverständnis und die Beherrschung von Symbolen bewerten

Danach überprüfte das Projektteam das Wissen von Kindern im Grundschulalter über die multiplikative Kommutativität anhand eines Zahlenvergleichsspiels. Eine anschließende spielbasierte Bewertung ergab, dass die Wirksamkeit der Lehrmethode durch das Vorverständnis der Kinder und ihre Fähigkeit, Symbole in mathematischen Konzepten zu verwenden, beeinflusst wurde. Kinder, die die Verwendung von Symbolen weniger gut beherrschten, zeigten eine Verbesserung bei Versuchen mit Symbolen, wohingegen sich Kinder mit besserer Beherrschung bei Versuchen ohne Symbole verbesserten. „Dies deutet darauf hin, dass das Prinzip der multiplikativen Kommutativität vor dem formalen Unterricht möglicherweise nicht intuitiv verstanden wird“, unterstreicht Amalric. Die Projektergebnisse sind hier veröffentlicht. Um den Einfluss des Lehrmaterials auf die neuronale Aktivität zu beurteilen, absolvierten 20 Kinder der zweiten Klasse ein ähnliches Zahlenvergleichsspiel vor und nach einer Unterrichtseinheit, die während einer Untersuchung mit funktioneller Magnetresonanzbildgebung durchgeführt wurde. Außerdem untersuchte das Forschungsteam 20 Erwachsene, um funktionelle Reife mit Leistung in Korrelation zu setzen. Die Analyse der Daten der funktionellen Magnetresonanzbildgebung ist noch nicht abgeschlossen. „Wir bieten eine neue Perspektive auf die Entwicklung abstrakter mathematischer Konzepte durch formale Bildung. Unser diagnostischer Ansatz fördert das Verständnis dafür, wie unser Gehirn große Mengen, die Gruppierungsmerkmale aufweisen, sowohl auf Verhaltensebene als auch auf neuronaler Ebene wahrnimmt, erlernt und versteht. Wir haben zudem anregende Ergebnisse über den Vorrang des symbolischen Lernens bei der multiplikativen Kommutativität erzielt“, schließt Amalric.

Schlüsselbegriffe

NeuroMath, mathematische Konzepte, menschliches Gehirn, Unterricht, Symbole, fMRI, multiplikative Kommutativität, Bildgebung des zentralen Nervensystems

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