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Synthetic biology-guided engineering of Pseudomonas putida for biofluorination

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Bakterien könnten Schlüssel zum Ersatz von „Ewigkeitschemikalien“ sein

Die nachhaltige Herstellung von Polymeren aus lebenden Bakterienzellen könnte uns helfen, unsere übermäßige Abhängigkeit von Petrochemikalien zu überwinden.

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Die Chancen stehen gut, dass Sie heute irgendwann einmal ein Produkt nutzen, das fluorierte Stoffe enthält. Ein Viertel aller Arzneimittel enthält beispielsweise Fluor in der einen oder anderen Form, während fluorierte Polymere in Artikeln wie beschichteten Kochtöpfen oder wasserabweisenden Stoffen zu finden sind. Ein Grund für ihren Nutzen ist, dass fluorierte Moleküle sehr stabil sind – die zwischen Kohlenstoff- und Fluoratomen gebildete Bindung ist unglaublich stark. Doch gerade diese Stärke erschwert, fluorierte Chemikalien abzubauen und zu recyceln. Wenn in diesen fluorierten Verbindungen mehrere Fluoratome vorhanden sind, werden sie als Ewigkeitschemikalien bezeichnet. „Diese fluorierten Moleküle werden in der Regel mit aus Erdöl gewonnenen Petrochemikalien hergestellt“, kommentiert der Koordinator des Projekts SinFonia, Pablo Iván Nikel von der Technischen Universität Dänemark. „Das ist sehr umweltschädlich, und die Abfallströme sind sehr schwierig zu behandeln.“

Biotechnisch hergestellte Bakterien zur Erzeugung von Polymeren

Die Frage, die sich im Rahmen des Projekts SinFonia stellte, lautete, ob fluorierte Verbindungen auf nachhaltigere Weise hergestellt werden könnten, indem erneuerbare Ressourcen zur Herstellung biologisch abbaubarer Verbindungen mit ähnlichen Eigenschaften verwendet werden – und so „Ewigkeitschemikalien“ vermieden werden. Das Projektteam kam auf die Idee, die „Fabriken“ der Bakterienzellen biotechnologisch zu verändern, um Polymere, die Bausteine von Kunststoff, herzustellen. Der erste Schritt in diesem Prozess war das Screening und die Ermittlung von Enzymen, die Kohlenstoff- und Fluoratome verbinden können, um Organofluorine zu erzeugen. Es wurde herausgefunden, dass nur etwa 20 Enzyme dazu in der Lage sind – eine unglaublich geringe Zahl. Der nächste Schritt bestand darin, diese grundlegenden fluorierten Moleküle einzusetzen, um schrittweise komplexere biochemische Netzwerke in den Zellen zu schaffen. Mit diesem Verfahren konnte das Projektteam aufzeigen, dass Bakterien zur Herstellung von Polymerbausteinen verwendet werden können.

Identische physikalische Eigenschaften wie herkömmliche Materialien

Das Projektteam ging allerdings noch einen Schritt weiter. „Wir haben festgestellt, dass ein großer Teil aller von der Industrie produzierten fluorierten Moleküle in fluorierten Kunststoffen landet“, sagt Nikel. „Wir wollten herausfinden, ob wir mit lebenden Zellen einen Kunststoff herstellen können, der eine geringere Fluorkonzentration aufweist, aber die gleichen physikalischen Eigenschaften wie herkömmliche Fluormaterialien hat.“ Nikel bemerkt, dass in herkömmlichen Polymeren die Kohlenstoffatome normalerweise mit Fluor gesättigt sind. Die Polymere, die mit den neuartigem bakterienbasierten Verfahren von SinFonia hergestellt werden, enthalten jedoch weit weniger Fluor. „Wir konnten nachweisen, dass unsere nachhaltig hergestellten Polymere zwar ein wenig Fluor enthalten, aber viele der Vorteile von stark fluorierten Materialien beibehalten“, erklärt er. „Dies war eines der wichtigsten Projektergebnisse.“

Verbraucherschaft offen für nachhaltige Alternativen

Die Industriepartner innerhalb des Konsortiums haben den möglichen Marktwert dieser Moleküle schnell erkannt. Nach Projektabschluss wurde ein Spin-off-Unternehmen gegründet, das nach Möglichkeiten zur Vermarktung dieser Innovation sucht. Das Projektteam hat zudem die Akzeptanz der Verbraucherschaft auf die Probe gestellt. Die durchgeführten Umfragen haben verdeutlicht, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher der Verwendung von Polymeren, die von Bakterien hergestellt werden, weitgehend aufgeschlossen gegenüberstehen und auch für das Thema „Ewigkeitschemikalien“ sehr sensibilisiert sind. „Wir befinden uns noch in einem frühen Stadium der Entwicklung“, fügt Nikel hinzu. „Wir müssen unsere Ergebnisse konsolidieren und natürlich unsere Technologie weiterentwickeln. Es ist eine Sache, zu zeigen, wie das im Labor funktioniert, aber eine andere, große Mengen von Polymeren kosteneffizient herzustellen, um Ewigkeitschemikalien zu ersetzen. Wir sind jedoch zuversichtlich, dass die Projektergebnisse zu einer nachhaltigen Verwendung und Produktion von fluorierten Materialien führen werden.“

Schlüsselbegriffe

SinFonia, Polymere, bakteriell, Petrochemikalien, Fluor, Kohlenstoff, Kunststoff

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