Intelligente Knochenregeneration senkt Risiken und Kosten
Die zunehmende Alterung der Bevölkerung, die mit altersbedingten Erkrankungen wie Osteoporose und damit verbundenen Knochenbrüchen einhergeht, stellt eine erhebliche Belastung für die europäischen Gesundheitssysteme dar. Laut einer aktuellen Studie(öffnet in neuem Fenster) werden die jährlichen Kosten im Zusammenhang mit Frakturen und Heilungsstörungen bis zum Jahr 2030 voraussichtlich um 23 % steigen. Die derzeitige Behandlung großer Knochendefekte (bei denen mindestens 3 cm Knochen fehlen) umfasst entweder den Knochentransport (Distraktionsosteogenese) oder die induzierte Membrantechnik (Masquelet). Bei ersterem wird eine feine Fixiervorrichtung aus Draht verwendet, um die Knochenregeneration in dem durch einen chirurgischen Schnitt in der Nähe des Defekts geschaffenen Raum zu stimulieren. Dieses Verfahren ist mit Komplikationen wie Metallarbeiten, fehlgeschlagener Regeneration oder Infektionen verbunden. Letztere ist ein zweistufiges Verfahren. In den Knochendefekt wird ein Distanzstück aus Zement eingebracht, das nach sechs Wochen wieder entfernt wird, wenn ein autologes Knochentransplantat zusammen mit Knochen-Kompositen in den Spalt eingebracht wird. Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts SBR(öffnet in neuem Fenster) wurde ein einstufiges chirurgisches Regenerationsverfahren(öffnet in neuem Fenster) für große Knochendefekte und den Ersatz fehlender Knochen entwickelt. „Herkömmliche Behandlungen sind nicht nur mit zahlreichen und riskanten chirurgischen Eingriffen verbunden, sondern können auch nicht in Echtzeit überwacht werden. Unser in den Sensor eingebettetes Implantat stellt zeitnahe Daten über den Heilungsprozess bereit, wodurch die Behandlung wirksamer und individueller wird, was letztlich zu einer Senkung der Gesamtkosten im Gesundheitswesen führt“, bemerkt der SBR-Projektkoordinator Elias Panagiotopoulos, Professor für Orthopädie an der Universität Patras(öffnet in neuem Fenster), von der das Projekt geleitet wird.
Bessere Integration von Implantaten mit hoher Funktionalität
Die SBR-Lösung besteht aus einem halbstarren implantierbaren Gerüst, das die Ränder des Knochendefekts miteinander verbindet, und einer elektrogesponnenen Fasermembran, die die Knochenregeneration leitet. Sie werden mit additiver Fertigung und 3D-Druck unter Verwendung resorbierbarer Werkstoffe (medizinisch geeignete Thermoplaste) hergestellt. „Diese Technologien unterstützen die Herstellung komplexer Formen mit besonderen Eigenschaften wie hoher Porosität und Nachahmung der extrazellulären Matrix, die die Flüssigkeits- und Nährstoffmigration fördert“, erklärt die Ko-Koordinatorin Sophia Antimisiaris, Professorin an der Fakultät für Pharmazie der Universität Patras. Das SBR-Konsortium entwickelte außerdem ein biokompatibles, flexibles und drahtloses Sensorsystem, das mit gedruckten Technologien hergestellt und in das 3D-gedruckte Implantat eingebettet wurde, um die Knochenregeneration und die Akzeptanz des Implantats in Echtzeit zu überwachen. „Die Sensoren, die den pH-Wert, die Temperatur, die Belastung und den transformierenden Wachstumsfaktor beobachten, haben vielversprechende Ergebnisse bei der Verfolgung des Heilungsprozesses gezeigt. Die Bluetooth-Kommunikation in Verbindung mit einem extrem stromsparenden Design gewährleistet eine Datenübertragung in Echtzeit“, ergänzt Antimisiaris. Zahlreiche präklinische Studien haben den Ansatz validiert und dazu beigetragen, die Größe und die Eigenschaften der Komponenten fein abzustimmen. Außerdem konnten die Forschenden liposomale Wachstumsfaktoren und Protein produzierende Adeno-assoziierte Viren zur Beschleunigung der Heilung integrieren(öffnet in neuem Fenster). Erstmals wurden In-vivo-Tests mit erwachsenen Schafen durchgeführt, die die Biokompatibilität des Implantats und seine Fähigkeit, den unvermeidlichen Belastungskräften standzuhalten, bestätigten.
Echtzeitüberwachung bei verschiedenen medizinischen Anwendungen
Einige der SBR-Komponenten, wie z. B. die Methoden zur Verabreichung von Wachstumsfaktoren oder Adeno-assoziierten Viren und die Sensoren, könnten auch zur Behandlung anderer Erkrankungen eingesetzt werden, die eine Geweberegeneration erfordern. Dazu gehören chondrale oder osteochondrale Läsionen, die derzeit unbehandelt bleiben oder nicht optimal behandelt werden. „Unser implantierbares Sensorsystem stellt einen bedeutenden Fortschritt in der Medizintechnik dar und demonstriert die praktische Anwendung fortgeschrittener Sensoren und des 3D-Drucks in medizinischen Geräten“, so Panagiotopoulos. Die SBR-Partner sind derzeit dabei, zahlreiche Patente anzumelden und gleichzeitig neue Finanzierungsmöglichkeiten für die Kommerzialisierung der verschiedenen vielversprechenden Technologien auszuloten.